Sie wurden jahrzehntelang in der Familie oder in der Schule gesungen, geraten aber immer mehr in Vergessenheit: Schweizer Volkslieder wie «Vo Lozärn gäge Weggis zue», «S isch mer alles eis Ding», «Le vieux chalet» oder «Aprite le porte». Auch am 60. Geburtstag, zu dem der Luzerner Musiker Marco Kunz (38) eingeladen war, wurde gesungen. «Die Melodien hatte ich im Ohr, viele der Liedtexte aber nicht mehr im Kopf», erinnert er sich im Gespräch mit der «GlücksPost». Dies beschäftigte ihn, und als er im Internet nicht viel dazu fand, reifte die Idee eines Volksliederarchivs. Zusammen mit drei Weggefährten rief er die Aktion «Jetz singe mer eis» ins Leben, die zum Ziel hat, die Lieder wieder unter die Leute zu bringen.
Innerhalb von zwei Jahren haben rund zwei Dutzend Schweizer Musikerinnen und Musiker wie die Walliserin Sina, die Baslerin Tanja Dankner, der Tessiner Sebalter, die Bündnerin Ursina Giger oder die Freiburger Geschwister Natascha und Maruschka Monney traditionelle Schweizer Volkslieder neu eingespielt und eingesungen. Bis heute ist eine Sammlung von 80 Liedern aus allen Landesteilen entstanden. 40 davon wurden auf zwei Alben inklusive Singbücher und Mitsing-Playbacks veröffentlicht. Die 40 weiteren Lieder folgen später, das Archiv soll stetig erweitert werden.
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung
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Um die Leute zum Singen zu bringen, tourt «Jetz singe mer eis» noch bis Ende Oktober durch die Schweiz. In jeder Ortschaft ist ein Gast aus der jeweiligen Region mit dabei. «Es soll eine lockere Atmosphäre sein, wie bei einem offenen Singen», sagt Kunz. Der Liedtext werde auf einer Leinwand eingeblendet, sodass das Publikum auch bei unbekannteren Liedern mitsingen kann. Wie der Musiker betont, seien auch Leute willkommen, die «nur» zuhören möchten.
«Das wichtigste sind meine Kinder aufwachsen zu sehen»
Auf den Aufnahmen singt auch Kunz’ Frau Jenny (32) mit. «Sie stammt aus dem Kanton Aargau, und weil ich jemanden mit diesem Dialekt suchte, habe ich sie gefragt», erzählt er. Kennengelernt hat er Jenny, als er einen Chor leitete, in dem sie mitwirkte. Mittlerweile sind die beiden seit fünf Jahren verheiratet und Eltern zweier Kinder (Emil, 3, und Helena, bald 2). Nach ein paar Jahren in Zürich, wohnt die Familie wieder in Luzern. Marco und Jenny Kunz haben sich die Familienarbeit zu je 50 Prozent aufgeteilt. «Dadurch habe ich zwar weniger Zeit für die Musik, aber mir ist wichtig, meine Kinder aufwachsen zu sehen.»
Emil und Helena widmet der Musiker auf dem neuen Album «Proviant», das am 3. November erscheint, ein Lied. «‹Ziischtig Morge› beschreibt den flüchtigen Moment des vollkommenen Glücks. «An einem frühen Dienstagmorgen im Kinderzimmer passierte mir das wieder mal», führt er aus. Für sein sechstes Album zog sich Kunz mit Drummer Manuel Römer und Hackbrettler Christoph Pfändler ins Hotel «Wetterhorn» auf dem Hasliberg BE zurück.
S esch gliich, wo mi de Wäg hetreit
«Wir tasteten uns an neue Richtungen, kehren musikalisch auch mal in die 1980er-Jahre zurück und setzen zum ersten Mal richtige Beats ein. Unser Musikstil trägt ein frisches Kleid, aber darunter steckt immer noch 100 Prozent Kunz», resümiert er. So beschreibt er in «Cabernet Sauvignon» die Wichtigkeit, sich in einer langen Partnerschaft Zeit füreinander zu nehmen und bei einem Glas Wein oder einer Tasse Tee zusammenzusitzen und zu plaudern. In «Hallo Julia» singt er von den Missverständnissen, die ihn als Bub in der Kirche beschäftigt haben. Und mit der aktuellen Single «Adee» verabschiedet er sich für eine Weile: «Ond ech säge nome: Adee, adee! Mer wärded üs de weder gseh. S esch gliich, wo mi de Wäg hetreit, er füehrt mi secher weder hei.»
Denn der Albumtitel hat einen besonderen Hintergrund. Im Frühling wird sich Kunz eine längere Auszeit nehmen. «Die neuen Lieder und die Tour, die am 9. November startet, sollen als Proviant dienen, von dem wir alle während der Pause zehren können. Niemand soll ‹längi Ziit› bekommen», erklärt der Luzerner. Da Emil im nächsten Sommer in den Kindergarten kommt, möchte die Familie Kunz vorher eine mehrmonatige Reise unternehmen. «Meine Frau und ich haben uns ein Moratorium gesetzt, privat fünf Jahre lang nicht zu fliegen. Jetzt freuen wir uns aufs Reisen», führt er aus. Beruflich liess sich das Fliegen nicht vermeiden, als Kunz Teil von «Sing meinen Song» war und die Dreharbeiten auf Gran Canaria stattfanden. «Ich habe damals nach Alternativen gesucht. Es war aber zu umständlich, da die Reise anderthalb Wochen länger gedauert hätte», blickt er zurück. Wohin es die Familie zieht, kann Kunz noch nicht sagen. «Wahrscheinlich Asien. Wir sind relativ offen. Und wie man in den vergangenen Jahren leider erfahren musste, kann sich alles schnell ändern.»