Darum gehts
- Vier Ex-Mister-Schweiz treffen sich für ein Fotoshooting und eine Dokumentation
- Die ehemaligen Schönheitskönige diskutieren über Männlichkeit, Eitelkeit und Beauty-Eingriffe
- Die Mister-Wahlen waren ein Phänomen mit Hunderttausenden von Fernsehzuschauern
Mit einer kräftigen Armbewegung schwingt Tobias Rentsch (47) das aufgeschnittene Daunenkissen in die Luft. Sekunden später verschwinden er, Adel Abdel-Latif (53) Renzo Blumenthal (48) und Claudio Minder (44) hinter einer Wolke aus Federn und dichtem Nebel der Rauchmaschine. Husten und Gelächter erfüllen das Fotostudio im Zürcher Leutschenbach, während die vier Ex-Mister-Schweiz gut gelaunt im Blitzlicht posieren.
Verlernt haben sie nichts! Verführerisch blicken sie in die Kamera, lassen die Muskeln spielen – obwohl ihre Teilnahme am Schönheitswettbewerb mittlerweile Jahrzehnte zurückliegt. In den 2000er-Jahren waren sie die Stars der Nation. Die Frauenherzen flogen ihnen zu, Hunderttausende verfolgten ihre Wahl zum Schönsten des Landes im Fernsehen. Stets dabei: die «Schweizer Illustrierte». Seien es Coverstorys über die Sieger oder Reportagen aus den Mister-Schweiz-Camps – die Mister-Wahlen waren ein Phänomen.
Wiedervereint zum Gipfeltreffen
Dass sie nun für den grossen Fototermin, der von der SRF-Sendung «Gesichter & Geschichten» für eine fünfteilige Doku begleitet wird, gemeinsam vor der Kamera stehen, ist für die ehemaligen Schönheitskönige ein spezieller Moment: «Die meisten von uns haben sich jahrelang nicht gesehen», verrät Renzo Blumenthal, während Styling-Expertin Luisa Rossi (61) die letzten Falten an seiner Hose glättet. Der Sieger von 2005 schmunzelt und meint: «Es fühlt sich komisch an, plötzlich wieder so zurechtgemacht zu werden und im Mittelpunkt zu stehen.»
Mit der Schönheitsindustrie haben die Männer abgeschlossen. Heute sind sie in unterschiedlichen Berufen erfolgreich, ob in der Landwirtschaft, als Unternehmer, in der Gastronomie oder in der Investmentbranche. «Ich bin froh, muss ich nicht mehr der Schönste sein», sagt Claudio Minder, Co-CEO der Schuhmarke Kybun Joya, und lacht. Einig sind sie sich trotzdem: Es war eine Lebenserfahrung, die sie auf keinen Fall missen möchten. «Wir haben tolle Sachen erlebt», meint Ex-TV-Bachelor Tobias Rentsch. Und Adel Abdel-Latif, Arzt, Investor und Bestsellerautor, ergänzt: «Die Mister-Schweiz-Wahl ist ein Teil meines Lebens.»
Einer, der die vier Supermister für immer miteinander verbindet! Wie die vier Supermister über Männlichkeit, Eitelkeit und Beauty-Eingriffe denken: auf den folgenden Seiten.
Renzo Blumenthal über …
… Beauty-Eingriffe
Chirurgische Eingriffe wird es bei mir nie geben. Ich lasse mir nicht mal die Haare färben. Meine Falten machen mich zu dem Menschen, der ich bin. Punkt.
… das Älterwerden
Ich nehme es, wie es kommt, versuche, mich durch Joggen und Krafttraining fit zu halten. Dabei hilft auch die tägliche Arbeit auf meinem Hof.
… Männlichkeit
Ein Mann ist ein Mann, wenn er arbeitet, Essen auf den Tisch bringt und die Familie beschützt. Ich finde es keine gute Entwicklung der Gesellschaft, wenn sich die Geschlechter so vermischen, dass der klassische Mann überflüssig wird, weil die Frau alles selbst kann
.… Tränen beim Mann
Ich weine oft und bin ein emotionaler Mensch. Ich lasse mich von meinem Herzen leiten, das ist so. Die Frauen haben das manchmal aber noch gern (lacht).
… Eitelkeit
Mir ist ein gutes Erscheinungsbild wichtig. Ich schaue darauf, dass ich gepflegt bin, wenn ich irgendwo auftrete.
… Attraktivität
Das Aussehen ist zweitrangig im Leben. Viel wichtiger ist, dass man mit sich im Reinen ist – was ich von mir sagen kann.
… den Mister-Titel
Dieser Titel macht mich stolz. Auch wenn das Leben als Mister nicht mehr dasselbe ist. Man steht immer in der Öffentlichkeit. Aber ich würde sofort wieder mitmachen.
Tobias Rentsch über …
… Tränen beim Mann
Wenn ich mich für etwas entscheide, bin ich zu 100 Prozent dabei – bei Mister Schweiz oder als TV-«Bachelor». Wenn dann alles vorbei ist, fällt die Last ab, und ich muss auch mal weinen.
… Eitelkeit
Ich bin ein einfacher Typ, pflege mich nur mit den nötigsten Produkten, trage das, worin ich mich wohlfühle.
… Attraktivität
Wenn ich mich mit anderen Mister-Schweiz-Kandidaten vergleiche, habe ich mich nie sehr schön gefunden. Am attraktivsten an mir finde ich mein Selbstbewusstsein, das mir zum Sieg verhalf.
… Männlichkeit
Ich habe eine gewisse toxische Männlichkeit in mir. Ein Beispiel: Ich gehe nie zum Arzt. Auch wenn mir bewusst ist, dass es dann vielleicht mal zu spät sein könnte.
… Beauty-Eingriffe
Klar könnte ich mir die Fältchen um die Augen glätten oder meinen schrägen Haaransatz korrigieren lassen. Das ist aber kein Thema für mich.
… das Älterwerden
Man regeneriert sich nicht mehr so gut. Früher bin ich von einer 20-Meter-Brücke ins Wasser gesprungen. Heute könnte ich mir dabei den Fuss verstauchen und danach monatelang Theater damit haben. Das finde ich sehr schade.
… den Mister-Titel
Mir ging es nie darum, diesen Titel zu gewinnen. Ich wollte Erfahrungen sammeln. Diese Wahl hat mein Leben bereichert und mir Dinge ermöglicht, die man sich mit Geld niemals kaufen kann.
Adel Abdel-Latif über …
… den Mister-Titel
In meiner Karriere als Arzt war der Titel kein Vorteil, da ich oft mit Neid und Missgunst konfrontiert wurde. Ich musste besser sein als alle anderen, was ich auch war. In puncto Lebenserfahrung war es hingegen ein unbezahlbarer Vorteil.
… Männlichkeit
Ein Mann muss Entscheidungen treffen und seine Familie beschützen können. Auch physisch. Ich denke da traditionell.
… Tränen beim Mann
Mein Sohn litt an einer schweren Blutkrankheit, von der er heute geheilt ist. Ich schlief jede Nacht bei ihm im Spital auf dem Boden. In stillen Momenten liess ich meinen Tränen freien Lauf. Das war die schrecklichste Zeit meines Lebens.
… Eitelkeit
Ist für mich purer Zeitverlust. Meine Tochter Soraya sucht mir sogar meinen Kleidungsstyle aus, da mich das nicht wirklich interessiert.
… Attraktivität
Für mich ist es viel wichtiger, dass ich für meine Intelligenz und meine Einstellung respektiert werde. Klar, gutes Aussehen öffnet Türen. Man muss daneben aber auch etwas können. Daran scheitern viele.
… Beauty-Eingriffe
Hatte ich bisher definitiv nicht nötig.
Charisma und Ausstrahlung kommen durch mein inneres Feuer.
… das Älterwerden
Als ehemaliger Kickbox-Weltmeister trainiere ich nach wie vor sechsmal pro Woche auf einem hohen Level. Ich ernähre mich gut, bin in Topform und fühle mich grossartig. Das Einzige, was ich zu mir nehme, sind gewisse Longevity-Produkte.
Claudio Minder über …
… Männlichkeit
Ich persönlich würde Männlichkeit mit einer gewissen Stärke, Überzeugung, respektvollen Art und Offenheit definieren.
… Tränen beim Mann
Wenn ein Mann weint, nur weil ihm eine Situation gerade nicht passt, finde ich es unangebracht. Anders, wenn er vor Schmerz oder wegen grosser Emotionen weint.
… Eitelkeit
Während der Mister-Zeit konnte ich an keinem Spiegel vorbeigehen, ohne dass ich einen Blick hineinwerfen musste und geschaut habe, ob meine Frisur sitzt. Heute ist das zum Glück nicht mehr so.
… Attraktivität
Früher war ich muskulöser, durchtrainierter und fand mich tatsächlich manchmal sexy. Heute bin ich froh, muss ich nicht mehr der Schönste sein (lacht).
… Beauty-Eingriffe
Bisher war das kein Thema bei mir. Ich werde aber älter und habe gewisse Abnutzungserscheinungen. Irgend-wann eine Haartransplantation zu machen, schliesse ich daher nicht aus.
… das Älterwerden
Damit habe ich mich noch nicht sehr intensiv auseinandergesetzt – ich lebe im Moment. Ich achte aber auf einen gesunden Lebensstil, jogge drei- bis viermal die Woche, um mein Ziel von 1400 Kilometern im Jahr zu erreichen.
… den Mister-Titel
Nach meiner Wahl titelte der «Tages-Anzeiger»: «Milchgesicht Minder gewinnt Mister-Schweiz-Wahl». Das war schlimm und hat eine Phase der Selbstzweifel in mir ausgelöst. Ich musste lernen, mich abzugrenzen, was mir heute gut gelingt.