Kurz vor Weihnachten, am 19. Dezember, ist der Schweizer Kabarettist Jürg Randegger gestorben. Er wurde 88 Jahre alt und hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Blick hat das Ausnahmetalent der Schweizer Showszene im Sommer 2023 zu einem letzten Interview getroffen – eine persönliche Erinnerung.
Auf die Minute pünktlich erscheint Jürg Randegger an diesem heissen Augusttag im Zürcher Seefeld zum Interview-Termin. Bis die Cabaret-Rotstift-Legende den Sitzplatz im Schatten des Theaters Millers in der Mühle Tiefenbrunnen erreicht, dauert es einen Moment. «Das Alter hat zugeschlagen», erklärt der ehemalige «Samschtig Jass»-Moderator. Mit dem Schnuufen gehe es nicht mehr so gut wie früher. Sagts und lächelt. Von Verbitterung oder Frust keine Spur.
Im Gespräch wirkt der 88-Jährige trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen hellwach und vergnügt. «Ich komme mir vor wie Zara Leander, alle drei Jahre gebe ich eine Abschiedstournee!», witzelt er gleich zu Beginn des Interviews, in dem es um seinen letzten Auftritt im Freilufttheater «Trittligass» – einer Neu-Auflage der «Zürcher Balladen» – geht. Die Rolle in der Produktion seines Freundes Christian Jott Jenny (45) sei «eine Herzensangelegenheit», erklärt Randegger. In der darauffolgenden halben Stunde wird der Kabarettist immer wieder unterbrochen. Jeder seiner Bühnen-Kolleginnen und -Kollegen möchte ihn persönlich begrüssen. Es wird umarmt, gelacht, kurze Anekdoten ausgetauscht und Witze gemacht. Kein Zweifel: Der Zürcher, der mit seinem Cabaret Rotstift mehrere Generationen prägte, wurde nicht nur von seinen Fans und seinem persönlichen Umfeld, sondern auch von seinen Kolleginnen und Kollegen verehrt und geliebt. Eine Tatsache, die neben seinem Kultstatus, seiner lebenslangen Bescheidenheit geschuldet war – und seinem Sinn für Selbstironie.
«Heute ist alles viel hektischer», antwortet Randegger auf die Frage, was sich in den über 60 Jahren als Bühnenschauspieler für ihn am meisten verändert hat. «Als alter Mann kann ich eigentlich nicht mehr mithalten, aber das macht mir nichts aus», sagt er und lächelt. «Die Freude am Spielen ist geblieben. Die ist heute dieselbe wie früher.» Bereits in den 1960er-Jahren spielte Randegger neben Ruedi Walter (1916–1990) und Margrit Rainer (1914–1982) im Ensemble der «Zürcher Balladen» mit. Dass er für seinen letzten Auftritt bei der «Trittligass» an seine Anfänge anknüpfen konnte, bedeutete ihm viel. «Ein jahrzehntealter Bogen schliesst sich. Ich könnte mir keinen schöneren Abschied von der Bühne vorstellen», sagt er. Wir auch nicht, Herr Randegger. Herzlichen Dank für alles, und ruhen Sie in Frieden.
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