Den Wunsch nach einem Kind hatte Musikerin Jaël Malli (43) lange nicht. Bis vor ein paar Jahren. «Ich sass abends auf dem Sofa, Roger war in der Küche, da hatte ich ein Déjà-vu von mir als Kind. Es läuft Musik, mein Vater tanzt durchs Wohnzimmer, meine Mutter kocht, es riecht nach Essen. Da merkte ich, dass ich dieses Gefühl von zu Hause und Familie wieder haben wollte.» Am selben Abend sagte ihr Mann: «Du, ich wär irgendwie doch für ein Kind. Unser zeitgleiches Bedürfnis war magisch.»
Vor fünf Jahren kam ihr Sohn Eliah zur Welt. Er war ein Schreibaby. «Ich habe ihn teils elf Stunden am Tag getragen, beruhigt hat ihn das kaum», erzählt die Ex-Lunik-Sängerin. Ausserdem habe er im ersten Jahr nachts jede halbe Stunde gestillt werden wollen.
Sie habe im reinen Überlebensmodus funktioniert, eine Achterbahnfahrt aus Schuldgefühlen, Versagensängsten und Erschöpfung erlebt. «Man liest all diese schlimmen Geschichten, was Eltern einem Kind antun können, nur damit es endlich Ruhe gibt ...» Sie hätte ihrem Kind nie etwas angetan. Aber auch sie hätten unschöne Gedanken geplagt. Diese ins Positive zu drehen, sei ein Lernprozess gewesen. «Mein Schreibaby verlangte mir alles ab.»
Jaël Malli hat ein wichtiges Tabu gebrochen
Damit, dass Jaël mit den Bürden einer Schreikind-Mutter an die Öffentlichkeit ging, hat sie damals ein wichtiges Tabu gebrochen. «Viele haben mir gedankt, weil sie plötzlich wussten, dass sie mit ihren Gedanken nicht alleine sind. Wenige warfen mir vor, kein Mutter-Gen zu haben – oder gaben mir das Gefühl, etwas falsch zu machen.» Heute wisse sie, dass dem nicht so war.
Hinzu kam, dass die Bernerin hochsensitiv ist – und Stille braucht. Sei sie in einem Restaurant, würde es ihr schwerfallen, sich auf ein Gespräch zu konzentrieren, weil sie immer alle Stimmen um sich wahrnehme. «Ich kann diese nicht ausschalten. Eliahs Geschrei war für mich darum zusätzlich schlimm.»
Was sie mit ihrem Sohn erlebte, all die Gefühle und Geräusche, die sie oft nicht filtern konnte, hat sie in ihrem ersten Mundartsong «liTii» verarbeitet, der am 27. Januar erscheint. Es ist eine Hommage an Steven Spielbergs Figur E.T. «Manchmal fühle ich mich wie von einem anderen Planeten», sagt Malli. Doch heute wisse sie: «Ich bin anders, und das ist gut so.» Zeitgleich mit ihrem Song, der Teil ihres Albums «Midlife» ist, das am 31. März erscheint, kommt ihr Hörbuch-Projekt «Sensibeli» auf Hochdeutsch in Deutschland und Österreich auf den Markt.
Ihr Sohn Eliah hat immer noch eine wilde Seite
Mittlerweile geht Eliah in den Kindergarten, das Schreien ist längst verstummt. «Er hat immer noch eine wilde Seite, aber auch eine verspielte und verträumte», sagt sie. Heute könne sie damit umgehen, wie ihr Sohn selbst, der ebenfalls sehr sensibel ist. «Manchmal kommt er nach Hause und sagt, er brauche eine Pause. Dann geht er in sein Zimmer und verkriecht sich in seine Höhle. Oder wir gehen in den Wald.»
Das täten sie oft auch zu dritt – zusammen mit Liala, die vor fünf Monaten zur Welt kam. Ihre Tochter sei das pure Gegenteil ihres Sohnes, sei ruhig und schlafe viel. «Bei Eliah haben wir ein Kind für Profis erhalten, bei Liala Noe eines für Anfänger.» Dankbar sei sie für jeden Moment mit beiden Kindern.
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