Alle Augen sollten an diesem Tag auf die Monarchin gerichtet sein. Diesen Termin wollte Queen Elizabeth II. (95) auf keinen Fall verpassen. Doch am Sonntag sagte die britische Königin ihre Teilnahme an der traditionellen Zeremonie zum Remembrance Sunday kurzfristig ab. Der Tag gedenkt den Kriegsgefallenen des Landes und des Commonwealth.
Grund für das Fehlen der Queen sei ein verstauchter Rücken, wie der Palast mitteilte. Es wäre der erste öffentliche Auftritt der Monarchin nach einem Krankenhausaufenthalt im Oktober gewesen. Die Absage dürfte die Spekulation über die Gesundheit der Königin nun wieder befeuern. Dies, während Herzogin Kate (39) stark und würdevoll schon die Rolle der Queen zu übernehmen scheint. Kameras waren am Sonntag auf die Gattin von Thronfolger Prinz William (39) gerichtet. Hoch oben auf dem Balkon lebt sich die Herzogin in eine Rolle ein, die ihr in Zukunft wohl einmal zusteht: als würdige Gattin eines Königs.
Natürlich werden auf der Insel keine solchen Andeutungen gemacht. Prinz Charles (73), ältester Sohn der Queen, würde nach dem Ableben der Queen das Zepter übernehmen – sofern er nicht freiwillig zugunsten seines ältesten Sohns darauf verzichtet. Doch obwohl mit ihren 95 Jahren noch rüstig, wächst auf dem Inselreich die Sorge um eine Zukunft ohne die Monarchin. «Ängste um die Gesundheit der Königin wachsen», titelt die englische Zeitung «The Sun».
Schonung der Monarchin
«Die Queen hat, nachdem sie sich den Rücken verstauchte, mit grossem Bedauern entschieden, dass sie nicht an der heutigen Zeremonie zum Remembrance Sunday teilnehmen kann», teilte der Palast am Morgen mit. Die Königin sei «enttäuscht», so der Buckingham Palace weiter.
Wie die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf ungenannte Quellen berichtete, soll die Verstauchung erst vor kurzem aufgetreten sein und nicht im Zusammenhang mit dem Rat ihrer Ärzte vom vergangenen Monat stehen, sich zu schonen. Demnach habe es Bedenken gegeben, ob die Anfahrt im Auto und das Stehen während der Zeremonie ihre Genesung beeinträchtigen könnten. Die Königin bleibe daher in Windsor.
Umso mehr waren die Augen auch auf Prinz Charles gerichtet. Der «ewige Thronfolger» feierte gleichentags seinen 73. Geburtstag. Er übernimmt am Remembrance Sunday schon seit einigen Jahren die Kranzniederlegung für seine Mutter. Zu seinem Geburtstag postete der Palast auf dem Twitter-Account der Königsfamilie ein Foto von Charles und seiner Mutter. Auf dem Schwarz-Weiss-Bild aus lang vergangenen Tagen ist zu sehen, wie die Königin lächelnd einen Handkuss von ihrem ältesten Sohn entgegennimmt.
Königin gilt als zäh und pflichtbewusst, doch ...
Die Queen hatte im Oktober zunächst eine Reise nach Nordirland abgesagt und anschliessend für Untersuchungen eine Nacht im Krankenhaus verbracht. Was genau der Königin fehlte, wurde nicht bekannt. Sie sagte jedoch auf medizinischen Rat weitere Termine ab, unter anderem auch den geplanten Besuch bei der Uno-Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow. Beim wichtigen Weltkriegsgedenken am Remembrance Sunday, das sie überhaupt nur sechs Mal in ihrer beinahe sieben Jahrzehnte langen Regentschaft verpasste, sollte sie aber dabei sein. Das ganze Land zollt im November mit Ansteckern in Form roter Klatschmohnblüten aus Papier oder Plastik den Gefallenen seinen Respekt.
Etwas Aufatmen gab es für die besorgten Untertanen, als Elizabeth II. Anfang November in einer Videobotschaft die Staats- und Regierungschefs bei der COP26 energisch zum Handeln in der Klimakrise aufrief. Auch Fotos, auf denen die Queen am Steuer eines Wagens auf dem Gelände von Schloss Windsor zu sehen war, beruhigten die Briten etwas.
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Die Königin gilt als zäh und äussert pflichtbewusst. Bis vor kurzem absolvierte sie ein straffes Programm an öffentlichen Auftritten und Terminen. Selbst nach dem Tod ihres Mannes Prinz Philip, der im April kurz vor seinem 100. Geburtstag gestorben war, gönnte sie sich nur wenige Tage Ruhe. Nie liess sie sich Trauer anmerken, nie verliert die Monarchin ihre Fassung. Doch das Fehlen der Queen beim Remembrance Sunday dürfte Fragen aufwerfen, ob die zunehmend angeschlagene Gesundheit der greisen Monarchin die geplanten Feierlichkeiten zu ihrem 70. Thronjubiläum im kommenden Jahr überschatten könnte. Premierminister Boris Johnson (57) bemühte sich bei einer Pressekonferenz zum Uno-Klimagipfel, die Sorgen um das Staatsoberhaupt zu zerstreuen. Er habe die Queen erst in der vergangenen Woche zu einer Audienz besucht, und es gehe ihr «sehr gut».
Makellose Kate
Beim Remembrance Sunday legen die Royals traditionell Kränze am Cenotaph nieder, dem Kriegsdenkmal im Londoner Regierungsviertel. Die Queen wollte die Zeremonie eigentlich von einem Balkon im nahe gelegenen Aussenministerium aus beobachten. Wie ernst die Königin dieses Gedenken nimmt, wurde vor zwei Jahren deutlich: Elizabeth II. rollten dabei Tränen übers Gesicht.
Neben Charles und seiner Frau, Herzogin Camilla (74), nahmen am Sonntag auch Prinz William und seine Kate sowie weitere Royals und führende Politiker wie Johnson und Oppositionsführer Keir Starmer (59) von der Labour-Partei an dem Gedenken teil. Ausserdem zogen Tausende Soldaten und Veteranen an dem Denkmal vorbei. Zu der Zeremonie waren auch unzählige Schaulustige nach Westminster gekommen.
Die Blicke der Menschen waren dabei vorab auf Kate gerichtet – wie sie auf dem Balkon steht, wo sonst die Königin steht, und zwischen Herzogin Camilla und der Gräfin von Wessex der Zeremonie beiwohnte. Dabei trug die Herzogin wieder das dunkle Kleid von Alexander McQueen im Militärstil, das sie schon bei der Gedenkfeier 2018 getragen hatte, als sie ebenfalls mit Camilla und Gräfin Sophie auf dem gleichen Balkon stand – nachdem die Königin in letzter Minute absagen musste. Kate ist sich ihrer Rolle im Rampenlicht bewusst – und repräsentiert makellos. (kes/SDA)