Jahrelang war der Brite Dickie Arbiter (82) einer der engsten Vertrauten von Queen Elizabeth II. (†96). Als Pressesprecher steuerte er das beinahe lupenreine Image der britischen Regentin. Mit grossem Entsetzen beobachtet er nun, wie Prinz Harry (38) mit seiner kürzlich erschienen Biografie «Reserve» dem Image des Königshauses schadet – und befürwortet, wie die Royals die schweren Vorwürfe totschweigen.
Was halten Sie von Prinz Harrys Memoiren?
Dickie Arbiter: Das ist eine reine Anklage von Seite 1 bis Seite 507. Ich denke, das Buch ist eine Enttäuschung für seine Familie, und die Royals haben jedes Recht dazu, wütend auf ihn zu sein. Er macht ja schliesslich private Gespräche öffentlich.
War es ein Fehler, dass er die Biografie veröffentlicht hat?
Harry hat mit dem Buch eine Menge Dinge getan, die er nicht hätte tun sollen. So fordert er immer Privatsphäre, und jetzt hat er Gespräche mit seinem Vater und mit William nach der Beerdigung seines Grossvaters enthüllt. Auch offenbarte er, dass Prinz William ihn bei einem Streit zu Boden gestossen habe. Diese Dinge hätten privat bleiben sollen. Im Buch geht es ja nur um ihn. Mich stören aber auch die Fehler.
Was für Fehler meinen Sie?
Harry schreibt davon, wie er an einem sonnigen Tag in seinem Zimmer vom Tod seiner Urgrossmutter erfahren habe. Doch das stimmt nicht: Er war damals in Klosters. Er berichtet auch von der Xbox, die ihm seine Tante auf den 13. Geburtstag schenkte. Nur gab es die Spielekonsole damals noch nicht. Man muss also alles mit grosser Vorsicht geniessen.
Wenn das Buch voller Fehler ist, warum wehrt sich der Palast denn nicht dagegen?
Wenn ich noch in der Pressestelle wäre, würde ich auch die Taktik wählen, zu schweigen. Wenn jemand im Palast im Namen von William sagen würde, dass der Bruderstreit auf Nottingham Cottage so nicht passiert ist, würde jeder gute Reporter nachfragen, was denn wirklich passiert ist. Das würde damit enden, dass man alles aus dem Buch kommentieren müsste und dem ganzen noch mehr Aufmerksamkeit geben würde.
Warum teilt Prinz Harry überhaupt aus?
Seit Prinz Harry und Herzogin Meghan Anfang 2020 das Vereinigte Königreich verlassen haben und ankündigten, unabhängig zu werden, müssen sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen – und dieser ist nicht billig. Nun haben sie Verträge mit Netflix, Spotify und einem Verlag unterschrieben und verdienen damit laut Schätzungen über 100 Millionen. Harry geht es damit also nur ums Geld.
Lassen Sie uns über die Konsequenzen für die Anschuldigungen sprechen. Werden Prinz Harry und Herzogin Meghan an Charles' Krönung im kommenden Mai dabei sein dürfen?
Viele Leute hoffen, dass Harry und Meghan nicht zur Krönung kommen werden. Klar ist: Wenn sie kommen, dann werden sie keine Rolle spielen. Es wird nicht das gleich grosse Spektakel wie 1953, als Queen Elizabeth II. gekrönt wurde. Die Krönung soll deutlich kürzer werden. Nur der Prinz von Wales wird King Charles darin wohl huldigen.
Wäre es denkbar, dass man ihnen auch die royalen Titel entzieht?
Das mit dem Verlust von Titeln ist eine sehr schwierige Frage. Der König kann den Verlust bestimmter Titel anordnen. Aber der Herzog von Sussex und seine Frau können nur vom Parlament abgesetzt werden. Wir haben in diesem Land genug Probleme mit dem Klimawandel, mit der Wirtschaft, mit den Treibstoffpreisen und auch mit Russland.
Wenn die beiden so kritisch gegenüber der königlichen Familie sind, warum behalten sie dann ihre Titel?
Wenn sie nicht Herzogin und Herzog von Sussex wären, würde sie in Amerika niemand bemerken. Ich bezweifle deshalb, dass sie die Titel jemals abgegeben werden.
Hat es sich Prinz Harry mit der Biografie endgültig mit den Royals verspielt?
Nun, er hat in Interviews gesagt, dass er seinen Vater zurückhaben will und seinen Bruder und seine Familie. Er hat das Königshaus verlassen und all diese Anschuldigungen gegen seine Familie erhoben. Er fordert sogar seine Familie auf, sich zu entschuldigen. Ich wüsste nicht, wofür sie sich überhaupt entschuldigen sollten. Immerhin ist er derjenige, der das Königshaus in den letzten zwei Jahren kritisiert hat. Deshalb sollte sich eigentlich Harry entschuldigen. Demütig sollte er um ein Treffen bitten.
Würden die Royals einem solchen Treffen denn zustimmen?
Die grosse Frage ist: Kann man Harry trauen? Im Moment nicht. Man muss damit rechnen, dass alles, was man im Vertrauen bespricht, in einem neuen Buch, im Fernsehen oder in der Zeitung landet.