Vor drei Jahren begann der Zürcher Reggae-Sänger Dominik Jud alias Dodo (44) mit der Planung seiner grossen Reise. Per Schiff wollte er samt mobilem Studio nach Afrika und unterwegs sein neues Album aufnehmen, das nun dieses Wochenende erscheint. «Just als ich meinen Container fertig eingerichtet und alle nötigen Papiere für die Überfahrt bereithatte, schlug Corona zu. Das hat mir und meinem Team natürlich erst einmal einen Tiefschlag versetzt.» Doch schnell war klar, dass sein Traum nicht begraben werden konnte. «Darum entschied ich mich, nicht übers Meer, sondern hoch ins Wolkenmeer zu reisen. Anstatt raus in die Welt ging es hoch zu den Quellen.»
Pässe faszinieren Dodo seit langem: «Sie sind die Häfen der Schweiz, die alten Handelsstrassen führten darüber. Flüchtende, Händler, Schurken und Könige auf Elefanten haben sie schon überschritten. Alle hatten die Hoffnung, dass sie auf der anderen Seite eine bessere Zukunft erwartet.» Mit Pässen verbindet Dodo auch Gletscher, starke Winde, Weitsicht und eine «karge, aber wunderbar schöne Landschaft». Seine Augen hätten sich zuerst an diese Leere gewöhnen müssen. Die enorme Weite habe ihn während der Album-Produktion stark geprägt.
«Die Pässe haben sich mir in all ihrer Pracht gezeigt und mich gleichzeitig auch leiden lassen.» Dodo war sechs Tage eingeschneit, was er in seiner aktuellen Single «Ballade für Annemarie» verarbeitete. «Doch unter uns: So romantisch wie im Song war es nicht. Ich musste jeden Tag das Dach des Containers freischaufeln, damit die Schneemassen es nicht eindrückten.» Eine Schreckensnacht hat ihn besonders mitgenommen: «Einmal stürmte es derart heftig, dass sich der über elf Tonnen schwere Riesenkasten sogar bewegte. Ich konnte kein Auge zutun und dachte an schlimme Dinge wie Lawinenniedergänge und dass ich verhungern müsste. Zum Glück ist nichts passiert – ausser dass ich noch demütiger geworden bin gegenüber Mama Natur.»
Seine abenteuerliche Reise hat ihn tiefsinniger gemacht: «Ich stand das erste Mal auf einem Gletscher. Das ist sehr beeindruckend, ein Stück Ewigkeit. Und ich gehöre vielleicht zur zweitletzten Generation in der Schweiz, die überhaupt noch Gletscher erleben darf. Im Song ‹Weh Mama› besinge ich diesen Fakt.»
Dodo hat in den Alpen nicht nur nachgedacht, sondern auch genossen «und dem Fondue und Fendant gefrönt. Am meisten vermisst habe ich ein warmes Bad. Was ich auch gelernt habe, ist, weshalb Musiker aus ländlichen Regionen häufiger die Natur besingen: Die Topografie eines Ortes wirkt sich enorm auf die Kunst aus. Diese hier war so mächtig wie faszinierend».
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