Sex, Drogen, Rock'n'Roll! Wohl kein anderer Musiker hat diesen Lebensstil ausschweifender geführt als Nikki Sixx (63), Kopf und Bassist von Mötley Crüe. Über die Exzesse der Metal-Band erschien 2019 mit «The Dirt» auch ein Netflix-Film. Sixx, der einst klinisch für tot erklärt wurde, ist heute clean. Er lebt mit seiner Familie auf einer Farm in den Bergen des US-Bundesstaates Wyoming. «Hier oben ist weit und breit kein anderes Haus in Sicht», sagt er. «Die Ruhe in dieser Abgeschiedenheit ist fantastisch.» Mit «The First 21» hat Sixx nun gerade eine weitere Biografie veröffentlicht.
Was treiben Sie dort in Bergen?
Nikki Sixx: Fischen, wandern. Meine Frau liebt Skifahren. Wir mögen es, unplugged zu sein. Mein Manager sagt immer: «Nikki, du hast ständig zwölf Ideen gleichzeitig. Fokussiere dich doch bitte auf drei und arbeite mit denen.» Ich vereinfache mein Leben – das mache ich hier in den Bergen.
Die Ruhe dürfte auch hilfreich gewesen sein, um «The First 21» zu schreiben?
Oh ja. Bücher zu schreiben, geht mir aber generell ziemlich leicht von der Hand. Und sie scheinen bei den Lesern auch gut anzukommen. Meine letzten drei sprangen alle auf Top-Plätze der Bestseller-Liste. Deswegen habe ich jetzt aber nicht nochmals in die Tasten gehauen.
Warum haben Sie das Buch über Ihre ersten 21 Lebensjahre geschrieben?
Ich hatte immer Bücher um mich herum. Ich liebe es, wie sie sich anfühlen, wie sie riechen, die vielen Gedanken, die sie enthalten. Ich war der Meinung, dass gerade meine Jugend noch nicht zu Ende erzählt war. Auch wollte ich herausfinden, weshalb ich mich so lange distanziert gefühlt habe von meinen Eltern. Ich habe es also primär für mich selbst geschrieben und hoffe, dass es andere inspiriert.
Trotz Ihrer kaputten Vergangenheit haben Sie es ziemlich weit gebracht. Eigentlich erstaunlich, nicht?
Ja. Ich war so verdammt reaktionär in meinen jungen Jahren. Meine Frau behauptet, dass genau das ausschlaggebend für meinen Erfolg war. Ich hörte nie auf zu kämpfen, auch wenn der Kampf längst vorbei war. Ich gab nie auf.
Sie hatten aber auch immer viel Spass.
Und wie! Ich habe mich kürzlich mit meiner ältesten Tochter über meinen früheren Lebensstil unterhalten. Was die heutige Jugend oft vergisst: Diese Ausschweifungen, was Sex und Drogen angeht, gehörten in den 60er- und 70er-Jahren einfach dazu. Die jetztige Generation will ebenfalls Spass haben, aber nicht mehr so exzessiv. Weil sie auch andere Möglichkeiten haben, sich glücklich zu machen.
Beispielsweise?
Wir verbringen so viel Zeit mit dem iPhone, schauen uns endlose Serien auf Streamingdiensten an. Niemand muss mehr rausgehen und Leute treffen, um Spass zu haben. Den kann man auch allein zu Hause haben. Und dann sind die Zeiten halt generell politisch viel korrekter geworden.
Vor sieben Jahren haben Sie Schluss gemacht mit Mötley Crüe. Vor kurzem verkündeten Sie das Comeback mit einer grossen Stadion-Tournee. Nicht gerade konsequent…
Nun ja, wir meinten es damals wirklich ernst mit der Auflösung. Wir haben einen Vertrag unterschrieben, dass wir nie mehr gemeinsam auftreten werden, ausser, wenn alle wieder mit dabei sind. Wir wollten uns zur Ruhe legen, wurden dann aber wieder wachgeküsst.
Sie hatten oft Zoff in der Band, reisten auf Tour in unterschiedlichen Bussen. Wie kommen Sie heute untereinander klar?
Fantastisch. Das Alter hat uns offenbar milder gestimmt. Wir schicken uns gegenseitig SMS, telefonieren. Wir leben an den unterschiedlichsten Orten, aber die Kameradschaft ist definitiv zurück. Früher waren wir wie eine Horde Rottweiler, die sich gegenseitig zerfleischten. Heute sind wir wie Pudel.
Wie haben Sie diesen Wandel geschafft?
Indem ich mir selbst öfter diktiere, Pausen zu machen. Auch mal durchzuatmen. Und vor allem sollte man die Welt nicht ständig nur aus der Ich-Optik betrachten. Dadurch wird man versöhnlicher. Und am Ende lebt man auch länger, wenn man nicht ständig auf 180 ist. Wichtig ist, den Moment zu geniessen, ihn bewusst wahrzunehmen, dennoch nie zu vergessen, dass morgen alles wieder ganz anders sein kann.
Noch Träume?
Ja, einen Animationsfilm zu drehen. Das ist mein nächstes Projekt. Ein Film, den Kinder mögen, aber auch die Mütter zu Ende gucken wollen. Für einen Typen, der mal «Shout at the Devil» geschrieben hat, habe ich eine ziemliche Entwicklung durchgemacht (lacht).
Ab sofort im Handel: «21 Jahre: Wie ich Nikki Sixx wurde» (Hannibal Verlag).
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