«Alles, was wir zurzeit machen, ist Risiko»
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Marc Sway und Bligg sind Blay:«Alles, was wir zurzeit machen, ist Risiko»

Feuertaufe für Marc Sway und Bligg als Blay
«Alles, was wir zurzeit machen, ist Risiko»

Heute Mittwoch performen Marc Sway und Bligg den ersten Song ihres gemeinsamen Hit-Projekts Blay – im Rahmen des dezentralen, virtuellen Live-Musik-Events «Switzerland Connected». Das künstlerische Pionier-Experiment läuft auf den Swisscom-Kanälen und auf Youtube.
Publiziert: 13.01.2021 um 07:42 Uhr
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Marc Sway (links) und Bligg haben unter dem Namen Blay zusammengespannt. Ihr erstes gemeinsames Album erscheint diesen Frühling, am 4. Dezember soll ein Grosskonzert im Zürcher Hallenstadion folgen.
Foto: blue
Jean-Claude Galli

Marc Sway (41) und Bligg (44) machen unter dem Namen Blay neu gemeinsame Sache. Heute Abend präsentieren sie beim virtuellen Live-Musik-Event «Switzerland Connected» ihren ersten Song «Denkmal» (ab 18 Uhr auf den Swisscom-Kanälen, auf Blue Zoom und Youtube).

BLICK: Ihr Hallenstadion-Konzert ist bereits angesetzt, und Sie arbeiten mit Hochdruck am ersten Blay-Album. Woher nehmen Sie diesen Optimismus?
Bligg: Wir schöpfen enorm viel Kraft aus unserer Zusammenarbeit. Endlich können wir wieder das tun, was wir am liebsten machen.
Marc Sway: Wenn wir wüssten, wie die Sache ausgeht, wären wir Kartenleser und keine Musiker. Jeder pflegt in einer solchen Zeit eine eigene Strategie. Wir beide haben unfreiwillig Zeit gewonnen und darin eine Chance entdeckt. Nun bietet sich uns die Gelegenheit, etwas Neues zu schaffen. Als Künstler spüre ich eine gewisse Verantwortung: Wir sollten versuchen, den Leuten eine Vision zu vermitteln und ihnen den Glauben an das Gute zu zeigen. Wir glauben an die Zukunft, daran, dass es irgendwann wieder besser wird.

Dann gibt es Blay also nur wegen der Pandemie?
Bligg: Die Idee dazu steht schon lange im Raum. Wir hatten immer tolles Fan-Feedback, wenn wir etwas zusammen auf die Beine stellten, den Song «Us Mänsch» zum Beispiel. Aber es ist schon richtig, dass uns die Zeit und die Pandemie zur Frage geführt haben: Wann, wenn nicht jetzt?

Sie beide wirken wie ein altes Ehepaar. Gibt es nie Krach?
Sway: Wir kennen uns halt schon ewig, pflegen eine lange Freundschaft und sind sehr vertraut.
Bligg: Aber bei uns wird schon heftig diskutiert ...

Wann wird es laut?
Bligg: Mich ‹verchlöpft› es jeden Tag mindestens einmal (beide lachen). Wir haben grosse Erfahrung als Solo-Musiker und sind beide Familienväter, wir wissen, wann man die eigenen Bedürfnisse zurückstecken muss. Natürlich gibt es Situationen, wo wir Dinge anders sehen. Aber wir haben auch ein Team. Und irgendeinem gelingt es immer, zwischen uns zu schlichten ...

Worum beneiden Sie einander?
Bligg: Ich beneide Marc um seine sonnige Seele. Auch wenns regnet, ist es immer blendend hell bei ihm.
Sway: Ich bewundere, wie konkret er etwas auf den Punkt bringen kann. Wie er die relevanten Punkte erkennt, seine Intuition.

Was möchten Sie vom andern lieber nicht übernehmen?
Bligg: Marc ist oft gemütlich unterwegs. Auch in Situationen, wo mir der Schweiss waagrecht zum Kopf rausschiesst.
Sway: Bligg stresst sich in Situationen, in denen ich völlig easy bleibe.

Kommen wir zu «Switzerland Connected». Von sechs verschiedenen Standorten aus – Sie beide im Volkshaus – geben Sie heute Abend einen gemeinsamen Auftritt. Sieht so die Zukunft der Live-Musik aus?
Bligg: Nein, es ersetzt es nicht, genauso wenig wie ein virtuelles Treffen zum Biertrinken unter Freunden. Wir sind beide seit weit über 20 Jahren im Geschäft und haben viele technische Evolutionen erlebt. Datenträger haben gewechselt, und das Internet ist gekommen. Wir waren und sind Teil davon. In der Evolution gab es immer Meilensteine, die sich auf das ganze Schaffen auswirkten. «Switzerland Connected» ist für uns ein technisches Experiment und kein Ersatz für Live-Konzerte, wie man sie kennt. Die Frage ist: Ermöglicht unser Netz ein Musizieren von verschiedenen Orten aus in Echtzeit ohne Verzögerungen? Wir kommen aus einer Generation, in der man sich treffen musste, um Musik zu machen. Wenn dieses Experiment klappt, wird dies obsolet. Man kann in Zukunft global in Realtime produzieren, aber wie gesagt ersetzt es das Zwischenmenschliche natürlich nicht. Wenn das Experiment klappt, wird das die Menschheit einen kleinen Schritt weiterbringen.
Sway: Die Gleichzeitigkeit ist das Schwierigste. Das hat man bei bisherigen Musik-Experimenten im Lockdown gesehen. Die neue Technologie soll dieses Problem beseitigen. Immer wieder haben Erfindungen die Musikkultur gravierend beeinflusst, die E-Gitarre, der Synthesizer, die elektronische Musik etc. Technik hatte immer einen riesigen Einfluss auf unser Geschäft.

Glauben Sie daran, dass es punkto Konzerten und Publikum wieder einmal so wird wie früher?
Sway: Wenn wir das nicht würden, hätten wir für den 4. Dezember kein Konzert im Hallenstadion angesetzt. Wir glauben fest daran. Wir wollen daran glauben, das ist der Punkt.

Ängste und Zweifel sind aber auch bei Ihnen da?
Bligg: Man muss vorausschicken, dass Marc und ich nicht den grössten Anspruch zum Klagen haben, da leiden andere stärker. Wir konnten uns in den vergangenen Jahren etwas aufbauen. Aber auch uns sind die Hände total gebunden. Schweizer Musiker leben von Live-Auftritten und können sonst nicht überleben. All dies fällt seit knapp einem Jahr weg. Und man sieht nur immer uns zwei, dahinter stehen noch viele andere Existenzen und Schicksale. Aber ja: Wir beide befinden uns ebenso in einem schwierigen Bereich mit finanziellen Engpässen. Gerade weil wir zu einem system-unrelevanten Bereich gehören.
Sway: Es gibt Branchen, die hat es überdurchschnittlich stark getroffen, jene, die davon leben, dass Leute zusammenkommen. Die Gastronomie, das Reisegeschäft oder eben wir. Andere haben profitiert. Klar ist für uns, dass die Gesundheit immer oberste Priorität hat und dass alle einen Schuh rausziehen werden. Doch die Kultur darf nicht sterben.

Bei Ihrer aktuellen Castingsendung «Sing It Your Way» auf Blue Zoom betreuen Sie Newcomer und Talente. Raten Sie ihnen, auf Musik zu setzen?
Bligg: Ich habe den Leuten schon vor der Pandemie immer geraten: Hey, wenn ihr Fussballer oder Musiker werden wollt: Wagt es, arbeitet dran, aber macht immer noch eine Ausbildung nebenbei. Gerade in unserem Land ist das wichtig, weil Kultur von vielen nicht für voll genommen wird. Ich habe eine klassische Handwerkerlehre gemacht und lange noch auf dem Job gearbeitet, als das Musikding bereits lief. Und ich wäre mir auch nicht zu schade, wieder in diesen Bereich zurückzukehren. Das muss man realistisch sehen.
Sway: Breit aufgestellt zu sein, hilft immer, ein Klumpenrisiko zu vermeiden. Auf der anderen Seite: Wenn man einen Traum hat, soll man ihn wagen. Wenn man jung ist, soll man mutig sein und Risiken eingehen, auch wenn man in der Schweiz lebt, wo das eher verpönt ist. Eine Berufslehre, wie ich ebenfalls eine gemacht habe, kann immer hilfreich sein. Als Künstler führt man auch ein Unternehmen, dort nützen solche Erfahrungen.

Heute präsentieren Sie den ersten Blay-Song, bald kommt das Album. Sind Sie im Zeitplan?
Sway: Das ist man als Musiker nie. Wenn man das wäre, würde man etwas falsch machen (beide lachen). Heute Abend ist jetzt mal die Geburtsstunde unseres ersten Blay-Songs «Denkmal». Endlich ist ein Stück Musik draussen, darum gehts.

Ist Blay eigentlich die Summe zweier Teile?
Sway: Wir spielen ein Doppel, welches uns gegenseitig wahnsinnig bereichert.
Bligg: 1 und 1 gibt in unserem Fall mindestens 3.

Gibt es etwas, was Ihnen für heute Abend Angst macht?
Bligg: Wir sind live vor der ganzen Schweiz. Ich bin immer nervös, wenn ich rausgehe. Auf der Bühne kann stets etwas aussetzen. Gerade heute, weil es für alle eine Jungfernfahrt ist.
Sway: Ich schäme mich für nichts. Das hat mir eine gute Freundin mal geraten, und ich nehme das sehr ernst. Wir operieren heute nicht am offenen Herzen, sondern gehen als eine Art Pioniere in dieses Experiment rein. Alle geben ihr Bestes. 70 Techniker sind im Einsatz. Eine Riesentruppe, die über eine Woche hinweg endlich wieder einmal etwas zu tun hat. Sicherheitsdenken blockiert nur. Viele Leute haben leider immer Angst, falsch zu liegen, statt etwas zu wagen und zu reüssieren.
Bligg: Alles, was wir zurzeit machen, ist Risiko. Wir haben seit einem Jahr die Grundlage unserer Arbeit verloren. Vieles ist weg, aber nach dem Regen kommt bekanntlich die Sonne, und diesen Spirit wollen wir heute rüberbringen.

Geballte Ladung Hitmusik

Mit Marc Sway und Bligg haben sich zwei der aktuell erfolgreichsten Musiker des Landes zusammengetan. Bereits Sways Debütalbum «Marc's Way» landete 2003 in den Schweizer Album-Charts. Zu seinen grössten Hits zählen «Hemmigslos liebe» mit Fabienne Louves (34) oder «Severina». Letztes Jahr feierte der Zürcher in «Eden für jeden» von Rolf Lyssy (84) sein Schauspieldebüt. Bliggs erstes Soloalbum «Normal» erschien 2001, worauf auch sein erster Single-Erfolg «Alles scho mal ghört» vertreten ist. Seine bekanntesten Songs sind «Rosalie», «Musigg i dä Schwiiz» oder «Manhattan». 2018 landeten Sway und Bligg mit «Us Mänsch» erstmals gemeinsam einen Volltreffer.

Mit Marc Sway und Bligg haben sich zwei der aktuell erfolgreichsten Musiker des Landes zusammengetan. Bereits Sways Debütalbum «Marc's Way» landete 2003 in den Schweizer Album-Charts. Zu seinen grössten Hits zählen «Hemmigslos liebe» mit Fabienne Louves (34) oder «Severina». Letztes Jahr feierte der Zürcher in «Eden für jeden» von Rolf Lyssy (84) sein Schauspieldebüt. Bliggs erstes Soloalbum «Normal» erschien 2001, worauf auch sein erster Single-Erfolg «Alles scho mal ghört» vertreten ist. Seine bekanntesten Songs sind «Rosalie», «Musigg i dä Schwiiz» oder «Manhattan». 2018 landeten Sway und Bligg mit «Us Mänsch» erstmals gemeinsam einen Volltreffer.

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