Iranerin Pegah kämpft mit Techno für mehr Freiheit
«Die Street Parade zu feiern, ist ein riesen Privileg»

Die iranische Techno-DJ Pegah Pez lebt seit 2013 in München und nutzt ihre Musik, um auf die Unterdrückung in ihrer Heimat aufmerksam zu machen. Mit ihrem Label und dem Track «Woman, Life, Freedom» unterstützt sie den Widerstand gegen das iranische Regime.
Publiziert: 07.08.2024 um 15:02 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2024 um 13:53 Uhr
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Pegah ist 2013 vom Iran nach Europa ausgewandert. Heute ist sie als DJ unterwegs.
Foto: zvg
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Michel ImhofTeamlead People

Wo sie herkommt, existiert die Techno-Szene nur im Untergrund: Pegah Pez (39), die unter ihrem Vornamen als Techno-DJ im deutschsprachigen Raum unterwegs ist, wanderte 2013 aus dem Iran nach München (D) aus. Dort entdeckte sie ihre Liebe für elektronische Musik. Und setzt sich heute aus dem Exil für die Freiheit in ihrer Heimat ein. 

«Ich wusste, dass ich keine glorreiche Zukunft im Iran haben werde, also bin ich vor elf Jahren für meinen Doktortitel in Bauingenieurswesen nach Deutschland ausgewandert», erzählt sie im Interview mit Blick. Schon im Iran hatte sie mit Musik und Partys zu tun, allerdings mit traditionellen Einflüssen. Sie spielte Kamantsche und nahm Gesangsunterricht. «In Europa flammte dann meine Liebe für elektronische Musik auf.» Auch ein Besuch des legendären Berliner Techno-Clubs Berghain habe ihr Leben verändert.

Mit Techno den Menschen im Iran eine Stimme geben

Mittlerweile hat Pegah mit «Ort & Zeit» ein eigenes Label gegründet. Der erste veröffentlichte Track «Woman, Life, Freedom» leitet sich vom politischen Slogan ab, der nach dem Tod von Jina Mahsa Amini (1992–2022) weltweit bei Protesten gegen die Regierung Irans verwendet wurde. Amini wurde festgenommen, weil angeblich Strähnen ihrer Haare aus ihrer Kopfbedeckung hevorschauten. Kurze Zeit später war sie tot, die 22-jährige Kurdin wurde zur Ikone des Widerstandes gegen das iranische Regime. «Mit meiner Arbeit will ich den Menschen im Iran eine Stimme geben», sagt Pegah. «Ich will zeigen, dass die Regierung im Iran nicht die iranische Kultur und das Volk repräsentiert.»

Technomusik im Iran herauszubringen, ist aktuell ein Ding der Unmöglichkeit. «Alle Kunst, die veröffentlicht wird, muss erst von einer Stelle geprüft werden. Und die Kriterien ändern immer wieder. Elektronische Musik ist beispielsweise sehr westorientiert, darum mögen sie das nicht. Von politischen Botschaften schon gar nicht zu sprechen.» Partys finden nur im Untergrund statt. «Da gibt es dann Gruppenchats und Ketten-Nachrichten, die man nur Menschen schickt, denen man wirklich vertraut. Aber man kann nie sicher sein, dass die Polizei die Party nicht trotzdem stürmt.» Einen guten Einblick in die subkulturelle Techno-Szene im Iran gibt der Schweizer Film «Raving Iran» (2016). Dabei werden zwei iranische Techno-DJs bei ihrer Reise zum Lethargy-Festival, das abseits der Street Parade stattfindet, begleitet.

Sie würde gerne im Iran leben, aber...

Mittlerweile wohnt Pegah in Berlin. Eine Stadt, die sie sehr inspiriert und ihr auch Kontakt zu vielen anderen Iranern und Iranerinnen im Exil gibt. «Der Iran ist ein wundervolles Land und mein Traum ist es noch immer, dort in Freiheit leben zu können. Aber speziell für Frauen ist das leider noch nicht möglich», sagt sie.

Am Mittwochabend spricht sie im Rahmen der Zurich Music Week an einem Podium über ihre Arbeit und das Leben als iranische Techno-DJ im Exil. Ob sie bis zur Street Parade hier bleibt, weiss sie noch nicht. «Das ist schon lange ein Wunsch von mir, diese riesige Party zu besuchen», sagt sie. «Diese Raves und Partys, die wir hier feiern, sind ein Riesenprivileg. Das will ich den Leuten immer wieder vor Augen halten. Ich kenne die andere Seite.»

Das Podium «Woman, Rave, Freedom: The iranian conflict and its influence on the production of electronic dance music» findet am Mittwoch, 7. August 2024 ab 20 Uhr im Kraftwerk Zürich statt. Anmeldung hier.  

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