Das ist der Trailer zu «Anora»
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Ab 31. Oktober im Kino:Das ist der Trailer zu «Anora»

Schauspielerin Mikey Madison lässt «Pretty Woman» in «Anora» alt aussehen
Besser als Julia Roberts

In der schnelllebigen Filmwelt Prognosen zu stellen, ist ein Verlustgeschäft. Schon oft zerbrachen emporsteigende Talente an den Erwartungen, die die Branche in sie projizierte. Mikey Madison hat diesen kritischen Punkt bereits hinter sich. Blick hat sie getroffen.
Publiziert: 23.10.2024 um 16:53 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2024 um 19:14 Uhr
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Der Oscar geht an Mikey Madison: Die Amerikanerin spielt in «Anora» die Rolle einer Sexarbeiterin. Ihre Darstellung hat viele Preise verdient.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Mikey Madison übertrifft Julia Roberts
  • Madison lebte einen Monat in Brighton Beach zur Vorbereitung
  • Die Schauspielerin quälte sich körperlich für ihre Pole-Dance-Szenen
  • Sean Baker gewann die Goldene Palme für «Anora»
  • «Anora» startet am 31. Oktober in Deutschschweizer Kinos
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Es gibt Vergleiche, die nahe liegen, aber hinken. Nachdem Regisseur Sean Baker (53) für seine Gesellschafts-Dramedy «Anora» dieses Jahr sein Palmarès um eine Goldene Palme aus Cannes ergänzte, stürzten sich Kritikerinnen und Kritiker auf seine Hauptdarstellerin – Mikey Madison. Baker habe die «neue Julia Roberts entdeckt» – eine zu kurz gefasste Entsprechung, die allenfalls darauf fusst, dass die Kalifornierin in «Anora» ebenfalls eine Sexarbeiterin darstellt. 

Wir erinnern uns: «Pretty Woman» war 1990 ein Film, der das Gewerbe höchstens romantisiert streifte. Und darauf ausgerichtet war, ein breites Mainstream-Publikum dazu zu bewegen, das Portemonnaie locker zu machen – die damalige Zensurbehörde lässt freundlich grüssen. Mikey Madison katapultiert «Pretty Woman» 2024 als Dreh- und Angelpunkt in «Anora» in die Welt derjenigen Filme, die schlecht gealtert sind. Sie ist nicht die bessere Julia Roberts – sie ist besser als Julia Roberts. Und die hatte schon vor «Pretty Woman» einen Golden Globe.

Überwältigt vom eigenen Können

Vielleicht kommt Madison zugute, dass sie noch keine Dankesreden schwingen musste, dass sie der Rummel Hollywoods noch nicht vollends eingeholt hat. Und obwohl Branchenmagazine wie «Variety» langsam aber sicher beginnen, die Amerikanerin zu ihrem neuen Postergirl hochzustilisieren, musste Madison bisher häufiger ungefragt für zweifelhafte Vergleiche hinhalten, als sie tatsächlich über ihre nicht weniger als bahnbrechende Rolle in «Anora» sprechen konnte. Blick trifft am Rande des Zurich Film Festival auf eine schüchterne junge Frau – nicht hochnäsig, vielleicht etwas misstrauisch, vielleicht noch etwas überwältigt ob ihres eigenen Husarenstücks.

Die titelgebende Rolle als Anora, die in New York sowohl als Erotik-Tänzerin arbeitet als auch ihre Dienste als Escortdame anbietet, habe ihr viel abverlangt, erzählt sie – psychisch und physisch. Ersteres, weil sie innerhalb kurzer Zeit eine fieberhafte Reise durchmacht, in der sie vom zwielichtigen Etablissement in den Armen eines russischen Oligarchensohnes landet, ihm beibringt, wie guter Sex geht, sich verliebt, heiratet – um schliesslich vor dem Nichts zu stehen. 

«Habe den Druck überkompensiert»

Zweiteres, weil Madison unter anderem für ihre Szenen an der Pole-Dance-Stange ihren Körper zum Äussersten quälen musste. «Ich habe gelernt, wie sehr ich mich pushen kann, zu welcher Hingabe ich bereit bin.» Madison hat sich der Authentizität verschrieben – ein Gütesiegel, das sich «Pretty Woman» nicht aufkleben kann.

Während Julia Roberts bei der Vorbereitung ihrer Rolle laut der «New York Post» angeblich «einige Zeit mit Prostituierten verbrachte», zog die 25-Jährige «bereits einen Monat vor den Dreharbeiten» in den New Yorker Stadtteil Brighton Beach, dem Schauplatz von «Anora», in dem bis heute vorwiegend russischstämmige Menschen leben: «Ich habe so viel Russisch gelernt wie möglich, Bücher über das Gewerbe gelesen und mich mit Menschen, die Teil dieser Community sind, ausgetauscht». Regisseur Baker schneiderte Madison die Rolle auf den Leib – «diesen Druck – auch dem Charakter gegenüber – habe ich mit minuziöser Vorbereitung überkompensiert».

Stilvolle Pornografie

Und ihre elektrisierende Verbindung mit Schauspieler Mark Eydelshteyn (22), der als Ivan mit Anora zwischen pornografischen Szenen und jugendlichen Schmetterlingen im Bauch mäandert? Madison: «Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht, waren zusammen im Kino, haben den gegenseitigen Austausch genossen. Diese Art von Chemie zu erzeugen, war einfach.» 

Um den Bogen schliesslich wieder zu «Pretty Woman» zu spannen: Im Gegensatz zur 90er-Romcom ist «Anora» ein filmisches Lehrstück über weibliche Ermächtigung – in einer Branche, die von männlicher Willkür dominiert ist. Dem stimmt auch Mikey Madison zu: «Immer dann, wenn Anora arbeitet, hat sie die Kontrolle. Sie führt, sie macht den ersten Schritt. Sie demonstriert gewissermassen Macht.» Das klingt schon in Ansätzen nach einer Oscar-Rede. 

«Anora» läuft ab dem 31. Oktober in den Deutschschweizer Kinos. 

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