Es gibt eine Szene in «Halloween Ends», in der sich die Schauspielkunst von Jamie Lee Curtis (63) besonders gut zeigt. Ihre Filmfigur, Laurie Strode, trifft beim Einkaufen auf einen alten Bekannten, der mit ihr flirtet. Sie verlässt den Supermarkt mit dem Lachen eines Mädchens, das sich über einen Ballon freut.
Draussen wird sie von einer der wenigen Frauen überrascht, die einen Angriff von Michael Myers überlebt haben, dem fiktiven Serienkiller aus der «Halloween»-Reihe. Er mordet am liebsten in der jährlichen Halloween-Nacht vom 31. Oktober mit einem grossen Messer und trägt dabei eine weisse, schlabbrige Maske. Strode gehört auch zu den Überlebenden dieser «Personifizierung des Bösen», wie sie ihn nennt.
Als sie sich in der Szene an Myers erinnert, fällt ihr Gesicht in sich zusammen. Ihre Augen schreien vor Verzweiflung, die Furchen um den Mund sind plötzlich so tief wie die Trauer über den gewaltsamen Tod ihrer Tochter, den sie erst gerade verkraften musste. Selbst die Haare wirken grau, obwohl sie für den Film eigentlich blond gefärbt wurden.
Der siebte «Halloween»-Film, in dem sie mitspielt
«Halloween Ends» läuft ab 13. Oktober im Kino. Es ist der siebte Film der «Halloween»-Reihe, in dem Jamie Lee Curtis mitspielt, und der letzte Teil einer Trilogie des amerikanischen Regisseurs David Gordon Green (47,«Massive Talent»). Die Trilogie schliesst wiederum an den ersten «Halloween»-Streifen von Regisseur John Carpenter (74) aus dem Jahr 1987 an.
Jamie Lee Curtis feierte mit dem ersten «Halloween»-Film ihren Durchbruch. Die damals 19-jährige Tochter von Tony Curtis (1925–2010, «Manche mögen’s heiss») und Janet Leigh (1927–2004, «Psycho») setzte mit ihrem Auftritt als panisches Naivchen neue Massstäbe in der Kategorie der Scream-Queens – so heissen im Horrorfilm-Jargon Frauen, die sich in Filmszenen wortwörtlich die Seele aus dem Leib schreien. Eine von ihnen – das «Final Girl» – entkommt dem Killer meistens knapp.
Aus der Angst ist Wut geworden
Sie sei inzwischen die «Final Grandmother», sagte Curtis vor kurzem in einem Interview mit der britischen Zeitung «The Guardian». Aus dem Mädchen von damals ist eine Frau fortgeschrittenen Alters geworden, deren Lebensrolle sich mit ihr weiterentwickelt hat. Laurie Strode schreit in «Halloween Ends» nicht mehr so häufig. Und wenn sie es tut, dann mehr aus Wut als aus Angst. Die rüstige Grossmutter will ihrem Widersacher, der es immer noch auf sie abgesehen hat, längst nicht mehr entkommen. Sie will ihn töten.
Ob ihr das gelingt – das sei hier nicht verraten. Curtis nimmt jedenfalls – das ist so gut wie sicher – Abschied von einer Rolle, für die sie Fans des «anspruchsvollen Kinos» stets belächelt haben. «Halloween Ends», das steht fest, wäre ein würdiger Abschluss der erfolgreichsten Horrorfilm-Reihe der Filmgeschichte.
Viele Charaktere erleben den zweiten Teil nicht mehr
Der Film beginnt mit einem Schockmoment, lässt sich dann aber viel Zeit dafür, die Beziehungen zwischen den Hauptakteuren zu erklären und neue Figuren einzuführen. Die meisten unsympathischen unter ihnen erleben die zweite Hälfte der Story nicht mehr.
«Laurie Strode ist eine feministische Heldin», sagte Curtis im Interview mit dem «Guardian». Was sich bei manch anderen Hollywood-Stars nach oberflächlichem PR-Gequatsche anhören würde, nimmt man ihr ab. Schon immer spielte sie Frauen, die in einem von toxischer Männlichkeit zerfressenen Umfeld bestehen müssen.
Junge Polizistin verliebt sich in psychotischen Broker
Unvergessen bleibt, wie sie sich in der Ganoven-Komödie «Ein Fisch namens Wanda» (1988) als wissbegierige Jura-Studentin ausgibt, um einem verklemmten britischen Anwalt (John Cleese, 82) eine geheime Information zu entlocken. Kevin Kline (74) spielt ihren Freund – und muss sich keine Mühe geben, neben seiner Filmpartnerin möglichst dumm auszusehen.
Oder «True Lies» (1994) mit Arnold Schwarzenegger (75): Curtis spielt eine Hausfrau, die sich plötzlich als Spionin beweisen muss. Sie gibt sich als Escort aus und leert sich vor dem Hotelzimmer das Wasser aus einer Blumenvase über den Kopf, um ihre biedere Frisur zu einem Wet-Look umzufunktionieren.
Sie kann auch lustig
Überhaupt gelingt es Curtis, sich immer wieder neu zu erfinden. Obwohl die meisten Regisseure sie in den 80er-Jahren für Horrorfilme casten, schafft sie es, sich einen Namen zu machen als eine der lustigsten Frauen auf der Leinwand. Gleichzeitig spielt sie in Psychothrillern mit wie «Blue Steel» (1990) von Regisseurin Kathryn Bigelow (70, «Zero Dark Thirty»). Curtis verkörpert darin eine junge New Yorker Polizistin, die sich unwissend in einen psychotischen Serienkiller in der Gestalt eines Wallstreet-Brokers verliebt. Eine Frau, die sich mit drastischen Mitteln in einer Männerdomäne beweisen muss.
Vor einem Jahr verlieh die Jury der Filmfestspiele in Venedig (I) Curtis den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk. Ohne «Halloween» und Laurie Strode wäre diese Karriere nicht möglich gewesen, schrieb Curtis im offiziellen Statement.
Der erste «Halloween»-Film von 1978 kostete 300'000 Dollar und spielte rund 70 Millionen Dollar ein. Was folgte, ist bis heute die erfolgreichste Horrorfilm-Reihe mit 13 Filmen, die mehr oder weniger zusammenhängen und mehr oder weniger Qualität aufweisen. Einer davon spielt sogar in der Zukunft. Regisseur David Gordon Green (47) startete 2018 mit einer Trilogie, deren erster Teil «Halloween» den bisher erfolgreichsten Slasher-Film aller Zeiten, «Scream», vom Thron stiess. Der dritte Teil dieser Trilogie, «Halloween Kills», läuft ab 13. Oktober im Kino.
Der erste «Halloween»-Film von 1978 kostete 300'000 Dollar und spielte rund 70 Millionen Dollar ein. Was folgte, ist bis heute die erfolgreichste Horrorfilm-Reihe mit 13 Filmen, die mehr oder weniger zusammenhängen und mehr oder weniger Qualität aufweisen. Einer davon spielt sogar in der Zukunft. Regisseur David Gordon Green (47) startete 2018 mit einer Trilogie, deren erster Teil «Halloween» den bisher erfolgreichsten Slasher-Film aller Zeiten, «Scream», vom Thron stiess. Der dritte Teil dieser Trilogie, «Halloween Kills», läuft ab 13. Oktober im Kino.