Auf einen Blick
- Film «111 – Halifax» über den Swissair-Absturz 1998 vor der kanadischen Küste
- Dreharbeiten in Kanada und Zürich bis Oktober 2024
- 229 Tote aus 43 Ländern, darunter 49 Schweizer
Der prächtige Herbsttag will so gar nicht zum traurigen Thema passen: Aktuell wird in Zürich der Spielfilm «111 – Halifax» über den Absturz der Swissair-Maschine vom 2. September 1998 gedreht. Es war das schwerste Unglück in der Schweizer Luftfahrtgeschichte, bei dem auf dem Flug von New York nach Genf bei Halifax 215 Passagiere und 14 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen. Ursache war ein Kabelbrand in der Bordelektronik.
Im Hotel Ameron am Utoquai werden am Montag Innenaufnahmen mit der international erfolgreichen Schauspielerin Ursina Lardi (53) gedreht, die eine Mitarbeiterin des Swissair-Careteams verkörpert. Insgesamt sind 26 Drehtage angesetzt, auch am Unglücksort in der kanadischen Provinz Nova Scotia. Am kommenden Mittwoch fällt die finale Klappe. Die letzten Szenen stehen im Operation Center auf dem Flughafen Kloten an. Das Budget beträgt rund fünf Millionen Franken, Filmstart ist voraussichtlich Anfang 2026.
Im Zentrum steht die Trauerbewältigung
Regisseur Mauro Mueller (39) verfolgt das Projekt seit mittlerweile sechs Jahren. Sein Geschäftspartner Björn Hering (46) ist der Schwiegersohn des auf dem damaligen Flug verunglückten Chefpiloten Urs Zimmermann (1948-1998). «Der Film hat meine Sicht aufs Fliegen verändert, vor allem auf die beeindruckende Arbeit der Piloten», sagt Mueller. «Um zu begreifen, wie komplex ihr Beruf ist, und um mich in die Materie hineinzufühlen, durfte ich selber auf verschiedenen Simulatoren fliegen.»
Mueller, der mit der US-Autorin Jennie Allen auch das Drehbuch schrieb, wollte explizit keinen Katastrophenfilm herstellen. Erstmals fürs Thema sensibilisiert wurde er, weil in seiner Parallelklasse jemand seine Mutter verlor. «Bei ‹111 – Halifax› geht es um Trauerbewältigung. Und darum, aus einer Tragödie etwas Schönes zu machen. Selbst wenn es komisch klingen mag: Es hat um dieses ganze Unglück herum im Nachgang auch sehr viele schöne Geschichten gegeben. Und die möchten wir hervorheben.»
Zudem wäre es gemäss Mueller schwierig geworden, die Geschichte zu dramatisieren. «Das Publikum weiss ja schon, dass die Maschine abstürzt und keine Überraschungen möglich sind. Wichtig war, vorsichtig, respektvoll und behutsam mit dem Thema umzugehen, weil es noch sehr viele Angehörige gibt.»
Hoffnungsvolle Botschaft
Dieser Anspruch war auch für Produzentin Anne Walser (47) von C-Films entscheidend. «Die grösste Herausforderung war, allen gerecht zu werden. Das ist immer schwierig bei einem Film, der auf Tatsachen beruht. Wir führten unzählige Gespräche mit Angehörigen, Anwohnern und Swissair-Mitarbeitern und mussten stets das Gesamtbild im Auge haben. Und wir möchten nicht, dass die Menschen das Kino tränenüberströmt verlassen, sondern auch eine hoffnungsvolle Botschaft verbreiten. Dies alles subtil und würdevoll hinzubringen, ist ein schwieriger Balanceakt, der uns hoffentlich gelingt», sagt Walser.
Deshalb sei es auch nie ein Thema gewesen, den 30. Jahrestag abzuwarten, um den Film besser promoten zu können. «Für die Menschen, die in diese Tragödie involviert waren, braucht es keinen Jahrestag, Halifax ist für sie immer präsent», sagt Walser. Mit der Swissair kannte sich Walser durch ihre Arbeit am Kinohit «Grounding» von 2006 bereits aus. «Ich war durch diesen Film schon ein wenig in der Swissair-Welt drin, was unser Vorhaben etwas einfacher machte. Persönlich kannte ich keine Opfer. Ich wohnte aber früher in New York und flog regelmässig über diese Route in die Schweiz. Als Mauro Mueller mit der Filmidee auf mich zukam, war ich sofort neugierig. Für mich ist Fliegen immer noch ein halbes Wunder. Ich bin stets dankbar, wenn ich heil ankomme.»