Der Zusatz «Legende» wird recht inflationär benutzt. Regie-Legenden hier, Musik-Legenden da, Film-Legenden dort drüben – Legenden soweit das Auge blickt. Ein Mann, der sich diesen Titel mit inzwischen schon mehr als 100 gedrehten Filmen aber redlich verdient hat, feiert am heutigen 17. August seinen 80. Geburtstag. Denn neben Quantität steht der Name Robert De Niro mit ganz wenigen Ausnahmen auch für Qualität. Und das macht in der Summe dann eben doch eine Legende aus.
Bei vielen späteren Stars lässt die Kinderstube noch keine Rückschlüsse auf ihren Karriereweg zu. Dass aus De Niro aber kein Schweisser oder Kfz-Mechaniker werden würde, das war klar. Sein Vater Robert De Niro Sr. (1922–1993) verdiente sich zeitlebens als expressionistischer Maler Geld und moderate Anerkennung, seine Mutter Virginia (1915–2000) malte ebenfalls und war Poetin. Dass der zurückhaltende Junge, der wegen seiner Blässe «Bobby Milk» genannt wurde, eines Tages zu einem der grössten Charaktermimen der Welt reifen würde, das konnte selbstredend niemand ahnen. Auch wenn er bereits mit zehn Jahren erstmals auf der Bühne stand, in einer Schulaufführung von «Der Zauberer von Oz» – als der feige Löwe.
In den Fussstapfen seines grossen Vorbilds
Mit 16 ging De Niro schliesslich von der Schule ab, um mit dem Segen seiner Künstlerfamilie eine Karriere als Schauspieler anzustreben. So zu werden wie Marlon Brando (1924–2004), das wünschte sich der Junge mit den grossen Ambitionen. Bis zu seiner ersten ernstzunehmenden Rolle dauerte es aber bis ins Jahr 1970. De Niro, zu diesem Zeitpunkt schon längst kein Junge mehr, sondern ein 27-jähriger Mann, ergatterte in Brian De Palmas (82) schwarzer Komödie «Hi, Mom!» seine erste Hauptrolle. Bis zum ersten Oscar dauerte es dann nur vier weitere Jahre.
Als Kind schwärmte De Niro noch von Marlon Brando, in «Der Pate II» durfte er buchstäblich in seine Fussstapfen treten. In Francis Ford Coppolas (84) Mafia-Meisterwerk spielt er die junge Ausgabe von Don Vito Corleone und begeisterte als Gangsterboss so sehr, dass es den Goldjungen als bester Nebendarsteller als Lohn gab. Spätestens ab diesem Meilenstein war De Niro nicht mehr von der Leinwand wegzudenken – bis heute.
Vor allem in den 70er und 80er Jahren spielte De Niro in einer anderen Schauspiel-Liga. Nur einige Filme, die in dieser Schaffensperiode entstanden: «Taxi Driver», «Die durch die Hölle gehen», «Es war einmal in Amerika», «Brazil» und «Die Unbestechlichen». Für das 1980 erschienene Boxerdrama «Wie ein wilder Stier», bei dem ihm von seinem Trainer das Zeug zum Profiboxer attestiert wurde, gab es den zweiten und bislang letzten Oscar für ihn. Für den Part als Jake LaMotta (1922–2017) hatte De Niro ein Jahr lang Boxunterricht genommen und sich später binnen kürzester Zeit 30 Kilo Fett angefuttert.
Doch Anspruch und Erfolg gehen nicht immer Hand in Hand. Viele der bereits angesprochenen Werke und auch spätere Filme mit De Niro wurden zwar Kritiker-, aber nur bedingt Publikumslieblinge. Etwa «Zeit des Erwachens», «Wag the Dog – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt» oder «Mary Shelley's Frankenstein», in dem De Niro als verunstaltetes Frankenstein-Monster kaum zu erkennen ist.
Ab der Jahrtausendwende bewies De Niro zunehmend auch sein komödiantisches Talent. Beim Film «Reine Nervensache» noch mit Anlehnung an seine Paraderolle als Pate (er spielt darin einen Mafiaboss, der beim Psychiater landet und an Erektionsstörungen leidet). Nur ein Jahr später machte er in «Meine Braut, ihr Vater und ich» Ben Stiller (57) das Familienleben zur Hölle.
Späte Erfolge, spätes Glück und viel zu frühe Trauer
Im Dramen-Fach war er aber selbstredend immer noch zu sehen, wurde etwa 2012 dank seiner Rolle in «Silver Linings» für einen Oscar (Nebendarsteller) nominiert. Weitere Rollen in den vergangenen Jahren, in denen De Niro altersbedingt zunehmend zum namhaften Nebendarsteller avancierte, gab es in «American Hustle» sowie «Joy – Alles ausser gewöhnlich». Im Jahr 2019 und mit 76 Jahren feierte De Niro gar seinen bis dato grössten kommerziellen Hit – wenn auch in einer eher kleinen Rolle: Der ungemein düstere Comic-Film «Joker» mit Joaquin Phoenix (48) in der Titelrolle spülte über eine Milliarde US-Dollar ein – der einzige Film mit De Niro, der diese Schallmauer bislang zu durchbrechen vermochte.
Zwar ist De Niro so gefragt wie eh und je. Noch dieses Jahr kommt etwa Martin Scorseses (80) neues Werk «Killers of the Flower Moon» mit ihm und vielen weiteren Stars wie Leonardo DiCaprio (48) heraus. Doch war es in den vergangenen Monaten vor allem sein Privatleben, das für Aufsehen sorgte – auf denkbar gegensätzliche Weise.
Im Mai dieses Jahres und im dezent fortgeschrittenen Alter von 79 Jahren wurde De Niro zum siebten Mal Vater. Gemeinsam mit seiner Partnerin Tiffany Chen (64) begrüsste er Töchterchen Gia Virginia auf der Welt. Doch der grossen Freude über den Familienzuwachs folgte nur kurze Zeit später ein tragischer Schicksalsschlag: De Niros Enkel Leandro De Niro Rodriguez, der Sohn seiner Tochter Drena (51), verstarb im Juli dieses Jahres mit nur 19 Jahren. Wenig später wurde vermeldet, dass es offenbar durch gepanschte Tabletten zu der Tragödie kam.
Was die Ereignisse im Leben des (legendären) Superstars allemal zeigen: Sowohl privat als auch beruflich hat De Niro noch einiges vor – und dass selbst die 80 nur eine Zahl ist. (SpotOn)