Auf einen Blick
- David Garretts neues Album ist ein Crossover-Projekt
- Garrett interpretiert Popstücke ohne Gesang auf der Geige
- 17 Alben veröffentlicht, nächstes Konzert am 5. April 2025
In den meisten Fällen ist Schwindel ein ungutes Gefühl. Er kann aber zu akuten Glücksgefühlen fühlen, wenn er durch den schnellen Bogen von David Garrett (44), einem der talentiertesten Geiger der Gegenwart, ausgelöst wird.
Von Puristen verschrien, machte der Deutsche «Crossover» – die klassische Interpretation von Popstücken – salonfähig. Und füllt damit heute Halle um Halle, Stadion um Stadion. 17 Alben hat Garrett bereits veröffentlicht. Sein neuester Wurf «Millennium Symphony» ist ein Streifzug durch seine persönlichen Favoriten der Popmusik – und ein Wagnis. Im Gespräch mit Blick erklärt der Starviolinist, was ihm am Unmöglichen reizt, wie er unsterblich werden und dem Genie der grossen Hits trotzdem gerecht werden möchte. Am 5. April 2025 tritt Garrett im Zürcher Hallenstadion auf.
Blick: Herr Garrett, in einem älteren Gespräch haben Sie erklärt, mit «Millennium Symphony» neue Kapitel aufschlagen zu wollen. Heisst Neues zu beginnen, auch immer ganz mit dem Alten abzuschliessen?
David Garrett: Man baut auf das Alte ein neues Haus. Das Fundament nimmt man jeweils mit. Mit «neuen Kapiteln» meine ich, neue Wege einzuschlagen – die muss man sich jeweils auch erkämpfen.
Das klingt aber eher mühsam als lustvoll.
Manchmal macht es sogar am meisten Spass, etwas möglich zu machen, das unmöglich erscheint. Wenn mir vor fünf Jahren jemand gesagt habe, ich soll doch ein Stück von Harry Styles für Geige interpretieren, hätte ich das für nicht machbar gehalten.
David Garrett kam 1980 als David Christian Bongartz zur Welt. Garrett ist der ledige Name seiner Mutter – seine Eltern legten ihn bereits in seinem 9. Lebensjahr als Künstlernamen fest. Der Violinist wurde früh als Wunderkind gefeiert, mit zwölf erhielt er seinen ersten Plattenvertrag. Während seiner Jugendjahre unterrichteten ihn weltberühmte Geiger wie Itzhak Perlman (79). Mittlerweile kann der Deutsche auf über 1600 Auftritte zurückblicken. Neben klassischen Werken arrangiert Garrett auch immer wieder Pop- und Rockstücke für Geige neu.
David Garrett kam 1980 als David Christian Bongartz zur Welt. Garrett ist der ledige Name seiner Mutter – seine Eltern legten ihn bereits in seinem 9. Lebensjahr als Künstlernamen fest. Der Violinist wurde früh als Wunderkind gefeiert, mit zwölf erhielt er seinen ersten Plattenvertrag. Während seiner Jugendjahre unterrichteten ihn weltberühmte Geiger wie Itzhak Perlman (79). Mittlerweile kann der Deutsche auf über 1600 Auftritte zurückblicken. Neben klassischen Werken arrangiert Garrett auch immer wieder Pop- und Rockstücke für Geige neu.
Warum?
Ich hatte das Gesamtkonzept noch nicht im Kopf und mich noch nicht so in diese Art von Musik hineingearbeitet. Vielleicht war ich gedanklich noch in einer etwas anderen Musikwelt festgefahren. Und dann habe ich plötzlich einen Schalter umlegen können.
So bekannte Popstücke auf der Geige – das dürfte nicht jedem gefallen.
Es ist mir sehr wichtig, zu sagen, dass es Leute gab, die mir gesagt haben: «Das wird nicht funktionieren». Und zwar aus meinem Team, aus meinem Bekanntenkreis. Lustigerweise war gerade das der grösste Ansporn, den es geben kann. Ich bin da wie so ein Kind, dem man sagt, es dürfe den Keks nicht essen. Und schwupps – sind dann sogar zwei weg.
Auf «Millennium Symphony» sind allerdings nicht nur zwei musikalische Kekse. Wie sah der Auswahlprozess der Stücke aus?
Ich habe mir über Monate Musik aus den letzten 25 Jahren angehört, bin jede Playlist auf Spotify durchgegangen. Es gibt durchaus Nummer-1-Hits, die einfach nicht funktioniert haben. Der Clue war auch: Stücke, die musikalisch vielleicht noch nicht so toll sind, toll zu machen. Aber natürlich: Der Rechercheaufwand ist riesig.
Und nicht nur der. Sie haben die Songs teilweise komplett neu arrangiert – und zwar ohne Gesang.
Und zwar total bewusst. Die Spannung liegt doch darin, das Original ein Stück weit zu entzerren. Ich mag die Tatsache, dass ich dem Stück ohne Wörter eine Note verpasse, einen Geschmack gebe, einen Sound gebe. Und die Aufgabe ist natürlich im Idealfall, dass man den Gesang nicht vermisst. Also das ist der grösste Anspruch, dass du dir drei Minuten das Stück anhörst und plötzlich sagst: Da war ja keine Stimme drauf! Wenn du das schaffst, ist das Arrangement verdammt gut.
Wie muss ich mir das vorstellen: Haben Sie Ed Sheeran angerufen und gefragt: «Hey, Ed – dürfte ich ‹Shape of You› covern?»
(Lacht) Nein, das machen die Plattenfirmen untereinander aus. Man muss aber schon immer etwas die Daumen drücken, dass sich die Künstler nicht querstellen. Bei mir war das aber zum Glück noch nie der Fall.
Es ist auch eine Ehrerweisung.
Ich gebe mir wirklich die allergrösste Mühe, nichts zu verhunzen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es die Künstler zu schätzen wissen, dass das Arrangement plötzlich in einem ganz anderen, einem symphonischen Gewand daherkommt. Sie entdecken ein ganz neues Spektrum ihres eigenen Songs – und haben Spass daran.
Stört es Sie eigentlich, dass man Sie immer wieder auf Ihr violinistisches Genie reduziert – und aussen vor lässt, dass Sie eben auch arrangieren und komponieren?
Nein. Vielleicht bemerken die Leute nicht, dass das eigentlich die Essenz des Erfolgs ist – aber ich poche nicht darauf. Was die Komposition angeht, muss ich aber schon sagen: Es gibt mir eine Ruhe, zu wissen, dass gewisse Dinge eine längere Haltbarkeit haben als mein Leben. Irgendwann freust du dich im Jenseits, dass jemand deine Stücke spielt.
Was bedeutet Wertschätzung für Sie?
Die grösste Wertschätzung für mich ist erstens, mit einem Projekt abzuschliessen und 100 Prozent glücklich damit zu sein. Ich sage immer: Egal ob ich davon 3000, 30’000 oder 300’000 Tickets oder CDs verkaufe – ich weiss, ich bin mit mir sehr zufrieden. Ich habe mich da super gepusht, ich bin alle Wege gegangen und super stolz auf das Album. Richtig, richtig stolz.
Tickets für das Konzert im Hallenstadion gibt es via Ticketcorner.