Popstar Beth Ditto kämpft seit 20 Jahren für Feminismus und Body Positivity
«Das Patriarchat übt immer noch viel Druck aus»

Beth Ditto gibt mit ihrer Band Gossip ihr grosses Comeback: Mit Blick spricht die US-Sängerin über neue Fans der Gen Z, Body Positivity in Zeiten von Ozempic und darüber, warum ihr Partner und sie besonders gern in die Schweiz kommen.
Publiziert: 24.03.2024 um 15:00 Uhr
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Nach sieben Jahren Pause ist Popstar Beth Ditto mit ihrer Band Gossip zurück.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa
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Patricia BroderRedaktorin People

Beth Ditto (43) ist zurück! Nach sieben Jahren Pause meldet sich die US-Amerikanerin mit ihrer Punkband Gossip und dem neuen Album «Real Power» zurück, das am Freitag, 22. März erschienen ist. Die stimmgewaltige Sängerin aus Searcy im Bundesstaat Arkansas ist ein Popstar der ganz eigenen Art. Vor über 20 Jahren prägte sie die populäre feministische Musikbewegung Riot Grrrl mit. In den Nullerjahren war sie zudem eine der ersten Künstlerinnen, die sich für Body Positivity einsetzte, und gerade wegen ihres von der Norm abweichenden Erscheinungsbilds zur Muse und zum Model namhafter Modezaren wurde. Trotz ihres Erfolgs blieb sich Ditto stets treu, und so überrascht es nicht, dass uns die Sängerin bei unserem Gespräch erst einmal unvermittelt Anekdoten aus dem Leben ihrer kleinen Nichte erzählt, wie man das beim Schwatz mit einer alten Freundin tun würde. Doch es dauert nicht lange, bis wir über Musik reden.

Frau Ditto, wie fühlt es sich an, mit neuer Musik und einer neuen Gossip-Platte zurück zu sein?
Beth Ditto:
Als wäre ich nie weg gewesen. Ich nahm dazwischen eine Solo-Platte auf, bin damit getourt und machte ein paar TV-Shows. Jetzt wieder mit der Band – mit diesen Mitbewohnern – unterwegs zu sein, macht grossen Spass!

Sie haben Ihre Band 1999 gegründet. Was hat sich in diesen 25 Jahren am meisten verändert?
Unglaublich viel – und auch nichts. Natürlich ist alles digitaler geworden. Social Media gab es früher nicht. Was die Musik anbelangt und unsere Routine als Band, ist alles beim Alten geblieben. Gossip ist immer noch gleich viel Punk wie früher. Was heute anders ist: Unsere Fans kommen mit ihren Kindern zu unseren Konzerten, und eine neue Generation, die Gen Z, entdeckt Gossip – das gefällt mir sehr. Diese Generation lässt sich nichts gefallen, sie zieht ihr Ding durch. Damit kann ich mich identifizieren.

Die Unangepasste

Mary Beth Ditto (43) wuchs bei ihrer Mutter und ihrem Ziehvater in einer Wohnwagensiedlung am Rande der Kleinstadt Searcy in Arkansas (USA) auf. Schon als Teenager spielte sie in diversen Punk-Bands. 1999 gründete sie die Band Gossip. Mit dem Album «Standing in the Way of Control» schaffte sie 2006 den internationalen Durchbruch. Kurz darauf wurde sie dank ihres selbstbewussten, unangepassten und von der Norm abweichenden Auftritts von namhaften Modemachern wie Karl Lagerfeld zur Stilikone erklärt. Für die britische Kleiderkette Evans entwarf Ditto 2009 eine eigene Kollektion für Übergrössen. Beth Ditto lebt mit ihrem Partner, dem Musiker Ted Kwo, in Portland (USA).

DUKAS

Mary Beth Ditto (43) wuchs bei ihrer Mutter und ihrem Ziehvater in einer Wohnwagensiedlung am Rande der Kleinstadt Searcy in Arkansas (USA) auf. Schon als Teenager spielte sie in diversen Punk-Bands. 1999 gründete sie die Band Gossip. Mit dem Album «Standing in the Way of Control» schaffte sie 2006 den internationalen Durchbruch. Kurz darauf wurde sie dank ihres selbstbewussten, unangepassten und von der Norm abweichenden Auftritts von namhaften Modemachern wie Karl Lagerfeld zur Stilikone erklärt. Für die britische Kleiderkette Evans entwarf Ditto 2009 eine eigene Kollektion für Übergrössen. Beth Ditto lebt mit ihrem Partner, dem Musiker Ted Kwo, in Portland (USA).

Sie waren Ende der 90er-Jahre ein Teil der berühmten Riot-Grrrl-Bewegung, die sich für Gleichberechtigung und gegen vorhandene Muster von Frauenrollen auflehnte. Eine Bewegung, die die Gen Z heute nicht mehr braucht.
Genau, denn sie sind die Riot-Grrrl-Bewegung! Vorgegebene Muster und Rollen sind ihnen scheissegal, und das ist cool! Natürlich braucht auch diese Generation Liebe, Akzeptanz und Antworten. Genau so, wie ich das gebraucht habe, als ich 20 war. Ich brauchte so viel davon, und manchmal wusste ich nicht, wo ich es bekomme. Ich hatte damals nur zwei Optionen: Entweder ich werde Sängerin oder Coiffeuse. Ich war nicht gut in der Schule. Meine Schwester wollte, dass ich aufs College gehe, und ich dachte: Ich glaube verdammt noch mal nicht, dass ich das tue! (Lacht.) Also bin ich weggezogen. Und dann ist was Unglaubliches passiert. Wollen Sie eine Geschichte dazu hören?

Ja, klar!
Sleater-Kinney war die erste Band, die uns mit auf Tour nahm. Ich war 19 und hatte noch nichts gesehen. Als wir gegen Ende der Tour in Portland spielten, sagte ich zu Carrie, der Sängerin von Sleater-Kinney: «Ich werde wohl zurück nach Arkansas ziehen und Coiffeuse werden.» An diesem Abend ging sie auf die Bühne und bat das Publikum während ihres Auftritts, darüber abzustimmen, ob Beth von Gossip nach Arkansas zurückkehren und Coiffeuse werden oder hier bleiben und weiter Musik machen soll. Schliesslich haben bei der Option «Musik» alle gejubelt. Daraufhin hat mich meine Bandkollegin Kathy umarmt und gesagt: «Ja, geh nicht!» In diesem Moment wusste ich, die Leute glauben an mich, und das war alles, was ich brauchte.

Sie waren bereits ein Vorbild für Body Positivity, als die Welt das Wort kaum kannte. Wie sehen Sie den aktuellen Ozempic-Hype bei Hollywoodstars?
Es geht mich nichts an. Aber was man beachten muss: Nicht jeder hat Zugang zu solchen Medikamenten. Auch wenn jetzt alle Stars mit Ozempic abnehmen, haben wir trotzdem nicht alle die gleiche Form und den gleichen Körper. Ich habe vor langer Zeit beschlossen, mich einfach zu mögen. Der wichtigste Punkt ist: Wenn man Menschen dazu bringt, sich verändern zu müssen, dass sie anders aussehen, sorgt das nicht dafür, dass sie sich wirklich besser fühlen. Ich habe das Gefühl, dass gerade punkto Schönheitsidealen das Patriarchat immer noch viel Druck ausübt. 

Apropos Patriarchat: Donald Trump hat gute Chancen, erneut zum Präsidenten der USA gewählt zu werden. Macht Ihnen das Angst?
Ich habe Todesangst. Es ist noch schlimmer als 2016. Ich frage mich, ob die Menschen funktionierende Augen und einen funktionierenden Kopf haben. Selbst wenn man der konservativste Mensch auf der Erde ist, macht es keinen Sinn, für diese Person zu stimmen. Können wir die Welt dazu bringen, diese Wahl zu verhindern? Wohl nicht. Es jagt mir echt Todesangst ein. Umso mehr müssen wir uns in diesen Zeiten unterstützen und zusammenhalten – auch über Landesgrenzen hinaus.

Ihre Tournee führt Sie im Juli auch in die Schweiz. Sie sollen eine spezielle Beziehung zu unserem Land haben.
Das stimmt. Ich finde es verdammt cool, dass ihr die Geburtsstätte der Dada-Kunst seid. Und es ist ein wunderschönes Land, das Lieblingsland meines Partners. Er ist besessen von der Schweiz, weil er es liebt, in Seen zu schwimmen. Wir haben gestern Abend über die Schweiz gesprochen. Über Flims, dieser Ort in den Bergen. Dort hatten mein Partner und ich einen der lustigsten Abende überhaupt. Aber wir erlebten dort auch die gruseligste Busfahrt, die wir je hatten – es war so unglaublich steil! Was wir an der Schweiz besonders schätzen: Es fühlt sich in diesem Land sehr sicher an – gerade auch für meinen Partner als trans Mann. Wir fühlen uns beide immer wohl und willkommen bei euch. Ich freue mich, bald wieder in der Schweiz zu sein.

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