Der Niedergang von Ex-Tennisprofi Boris Becker (55) ist beispiellos. Im Alter von 17 Jahren gewann der Deutsche das Turnier in Wimbledon und schien schon in jungen Jahren auf dem Zenit seiner Karriere angekommen zu sein. Nachdem er ein Leben in Saus und Braus inklusive ständig wechselnder Lebenspartnerinnen geführt hatte, brachten ihn zuerst ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und schliesslich ein Insolvenzverfahren um seinen guten Ruf – und sein Geld. Mit 54 Jahren sass Becker im Knast in Grossbritannien, ohne einen roten Rappen in der Tasche zu haben. Knapp 114 Millionen Franken soll er verprasst haben. Wie konnte es so weit kommen? Eine Dokumentation auf der Streaming-Plattform Apple+ will nun Licht ins Dunkel bringen.
«Boom! Boom! The World vs Boris Becker» heisst der Film, der die letzten 48 Stunden Beckers vor seinem Schuldspruch am 29. April 2022 zeigt. Ein sichtlich gebrochener Ex-Tennisstar sagt darin: «Es ist hart. Ich bin ganz unten angekommen. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll, aber ich renne nicht vor meinem Schicksal weg. Ich akzeptiere jede Strafe, die ich bekommen könnte». Becker wurde ursprünglich zu 30 Monaten Haft verurteilt, nach acht kam er frei. Und der Deutsche gibt sich kleinlaut – und voller Reue. Schliesslich sei es sein lascher Umgang mit Geld, der ihn in Teufels Küche gebracht hätte: «Viele Athleten gehen davon aus, dass das Geld, das sie während ihrer Karriere verdienen, auch später noch hereinkommen wird.»
«Ich habe Geld zum Fenster hinausgeschmissen»
Für Becker ist indes klar, wo die Gründe für seine finanzielle und persönliche Pleite liegen: Er habe schon viel zu früh die Früchte seines Erfolges geerntet, erklärt er. «Mit 17 hatte ich bereits meine erste Million. Ich habe den Sinn für Geld verloren und es zum Fenster hinausgeschmissen. In dem Alter weisst du nicht, dass 99 Prozent der Menschen nicht so viel verdienen.» Was folgte, war ein Leben voller Eskapaden – und mit viel Luxus: Becker besass Häuser auf der ganzen Welt, benutzte seinen Privatjet wie andere den Bus und leistete sich auch privat immer mehr Fehltritte – das uneheliche Kind Anna Ermakova (23), das er zuerst verleugnet hatte, ist nur eines der Beispiele.
Nachdem sich Becker noch als Aushängeschild eines Online-Poker-Unternehmens versucht hatte, ging es schliesslich komplett bergab mit dem einstigen Posterboy des deutschen Tennissports: 2013 forderte sein ehemaliger Geschäftspartner Hans-Dieter Cleven (79) umgerechnet 41,7 Millionen Franken vom Deutschen ein – es folgte ein langwieriger Prozess, der schliesslich in Beckers Insolvenzverfahren und dessen Inhaftierung mündete. Obwohl der 55-Jährige mittlerweile wieder auf freiem Fuss ist, urteilt er in der Dokumentation selbst: «Das ist noch nicht alles. Es wird noch ein weiteres Kapitel geben.» (las)