Fabrice Morvan von Milli Vanilli zum grossen Betrugs-Skandal
«Wir wurden missbraucht und als Sündenböcke benutzt»

Fabrice Morvan war Teil des Popduos Milli Vanilli, das 1990 mit einem Playback-Skandal für Schlagzeilen sorgte. Mit Blick spricht Morvan über die Gründe, die damals zum Betrug führten, über sein neues Leben in Amsterdam und den Kinofilm «Girl You Know It’s True».
Publiziert: 18.12.2023 um 00:29 Uhr
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Fabrice Morvan gehörte Ende der 1980er-Jahre zum erfolgreichen Popduo Milli Vanilli.
Foto: DUKAS
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Patricia BroderRedaktorin People

Ende der 1980er-Jahre dominierte das in Deutschland gegründete Popduo Milli Vanilli weltweit die Charts. Robert «Rob» Pilatus (1964–1998) und Fabrice «Fab» Morvan (57) hatten drei Nr.-1-Hits in den USA und gewannen einen Grammy Award als beste neue Künstler. Doch das Duo hatte ein dunkles Geheimnis: Pilatus und Morvan haben nie selbst gesungen, sondern nur die Lippen zu den Stimmen anderer Sänger bewegt. Der neue Kinofilm «Girl You Know It’s True» beleuchtet diese Betrugsgeschichte auf «meisterliche Art und Weise», wie Fabrice Morvan im Gespräch mit Blick erklärt.

Blick: Fabrice Morvan, was war das für ein Gefühl, Ihre persönliche Geschichte in diesem Film zu sehen?
Fabrice Morvan: Es war eine fast schizophrene Erfahrung. Während ich in dieser Zeitmaschine sass, die mich zurück in meine Vergangenheit brachte, sah ich dem Schauspieler zu, der mich spielt, und gleichzeitig sah ich mich selbst in ihm. Die beiden Darsteller haben einen grossartigen Job gemacht, einzufangen, wer wir waren.

Erst wollten Sie mit dem Filmprojekt nichts zu tun haben.
Ja, weil ich dachte, dass Frank Farian beteiligt ist, und ich wollte nicht in der Nähe von etwas sein, mit dem Frank zu tun hat. Nachdem ich wusste, dass er nicht dabei ist, und nachdem ich den Film gesehen hatte, war mir klar, dass Filmemacher Simon Verhoeven fantastische Arbeit geleistet hat. Er recherchierte unsere Geschichte sehr gut und versteht es, aufzuzeigen, was damals mit uns passierte. 

Was passierte denn damals mit Ihnen?
Wir wurden ausgebeutet, missbraucht. Missbraucht von Geiern der Musikindustrie, die alle wussten, dass wir nicht singen. Und natürlich von Frank Farian, der uns nicht singen lassen wollte. Wir haben hart darum gekämpft, zu singen. Aber es war unmöglich. Wir waren zwei Mäuse, gefangen in einem Labyrinth, aus dem es keinen Ausweg gab. Mein Traum war es immer, Sänger, Songschreiber und Produzent zu werden. Diesen Traum habe ich nie aufgegeben. Auch nicht nach dem Skandal. Musik ist für mich mein bester Freund, der mir immer Trost spendet.

War es die Liebe zur Musik, die Sie gerettet hat, währenddessen Rob in Alkohol und Drogen versank?
Ja, ganz sicher. Musik war stets mein Leuchtturm. Ich behielt sie immer in meinem Leben. Aber Rob war so desillusioniert von den Witzen, die sie nach dem Skandal über uns gemacht haben, und von der Tatsache, dass wir aus zerrütteten Familien stammten, dass er stets eine grosse Leere in seinem Herzen trug. Zu Zeiten von Milli Vanilli füllten wir diese Leere mit Ruhm. Es war ein gutes Gefühl, geliebt zu werden. Aber als die Liebe aufhörte, öffnete sich diese Leere erneut, und Rob füllte sie mit Alkohol und Drogen, was ein tragisches Ende nahm.

Sehen Sie sich als Opfer?
Nein, ich verwende das Wort Opfer nicht gern, weil wir mündig und verantwortlich waren. Aber wir wurden definitiv missbraucht, und man hat uns beim Skandal als Sündenböcke benutzt, obwohl wir der Industrie zuvor so viel Geld eingebracht hatten. Eigentlich waren wir die kleinste Komponente in dem ganzen Betrugskonstrukt und doch die wichtigste, weil wir die Aushängeschilder, die Gesichter von Milli Vanilli waren.

Sie sagten, Sie wollen mit nichts mehr zu tun haben, in das Frank Farian verwickelt ist. Dennoch macht er immer noch Geld mit Ihnen.
Ja, und wie! Alle zwei, drei Jahre gibt er eine «Best of»-Platte von Milli Vanilli heraus. Ich habe nichts davon, obwohl mein Gesicht auf den Platten ist. Ist das logisch? 

Haben Sie jemals daran gedacht, Frank Farian zu verklagen?
Oh, dazu werde ich noch kommen. Aber jetzt feiern wir erst einmal diesen Film und meine Geschichte.

Glauben Sie, die Geschichte um Milli Vanilli würde heute genauso einen Skandal auslösen wie 1990?
Nein. Bei Testvorführungen des Films haben junge Menschen alle das Gleiche gesagt: Was ist das Problem? Heute werden auf Tiktok viele berühmt mit Lippensynchronisation. Wenn uns das also heute passieren würde, würden wir die sozialen Medien zu unserem Vorteil nutzen, und wir hätten die Fans auf unserer Seite.

Sie leben heute in Amsterdam, haben eine Familie und sind noch immer als Sänger tätig.
Ich habe eine vierköpfige Familie. Meine Frau Tessa ist Gesundheitscoach, sie hat mir über die Jahre hinweg sehr geholfen, fit zu bleiben. Mir geht es sehr gut. Ich habe das Gefühl, dass ich gerade in der besten Zeit meines Lebens bin. Ich arbeite an neuer Musik und bin dabei, einen neuen Vertrag als Solokünstler zu unterzeichnen. Jede zweite Woche stehe ich auf der Bühne, in der Schweiz, in Österreich. Das Leben ist gut. 

Wenn Sie jetzt etwas zu Rob sagen könnten, was wäre das?
Ich würde sagen: Rob, Bruder, ich wünschte, du wärst hier, um zu feiern, was wir in der Vergangenheit getan haben. Lass uns unsere Musik feiern und eine Ära, in der wir gute Unterhaltung brachten. Unsere Musik tat viel für die Black Community. Deshalb ist es für mich sehr interessant, noch immer hier zu sein und die Auswirkungen von Ursache und Wirkung zu beobachten. Von Aktion und Reaktion. Unser Film löst eine Diskussion aus, die wichtig ist, und das ist sehr schön.

«Girl You Know It’s True» läuft ab Donnerstag, 21. Dezember, in den Schweizer Kinos. 

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