Der französische Filmstar Alain Delon, der am 18. August im Alter von 88 Jahren verstarb, war bekannt als Frauenschwarm und Lebemann. Doch keine Frau berührte ihn so tief wie seine Filmpartnerin Romy Schneider (1938–1982), die Hauptdarstellerin der «Sissi»-Filme.
Delon und Schneider lernten sich 1958 in Wien bei den Dreharbeiten zum deutsch-französischen Liebesfilm «Christine» kennen – von Liebe auf den ersten Blick konnte aber keine Rede sein. Er hielt sie bei der ersten Begegnung für eine «blonde Gans», sie fand ihn «zu schön, zu wohlfrisiert, ganz als Gentleman verkleidet». Diese Vorurteile legten die beiden Schauspieler jedoch schnell ab, in einer Drehpause verliebten sie sich Hals über Kopf.
Delon verliess Schneider für eine Prostituierte
Sie zogen in eine Wohnung in Paris und lebten ihre Amour fou in vollen Zügen aus. Ein Jahr, nachdem sie sich kennengelernt hatten, verlobten sie sich, und alles schien auf eine glückliche Ehe hinzudeuten. Doch Alain Delon wurde seinem Ruf als Frauenheld einmal mehr gerecht und brannte mit der ehemaligen Prostituierten und späteren Schauspielerin Francine (genannt Nathalie) Canovas durch. Als Romy Schneider von Dreharbeiten in Hollywood nach Paris zurückkehrte, fand sie einen Rosenstrauss in der Wohnung vor. Daneben lag ein Zettel mit der lapidaren Nachricht: «Ich bin mit Nathalie nach Mexiko, alles Gute, Alain», erinnert sich Romy Schneider Jahre später.
Als Schneider 1982 im Alter von 43 Jahren an gebrochenem Herzen starb, nur zehn Monate nach dem tragischen Unfalltod ihres Sohnes David mit 14 Jahren, öffnete Delon sein Herz in einem bewegenden Abschiedsbrief. Darin brachte er seine tiefe Liebe, Verehrung, Reue und seinen Schmerz zum Ausdruck. Das französische Magazin «Paris Match» veröffentlichte am 11. Juni 1982 Delons Zeilen, die bis heute als schönster und zugleich traurigster Liebesbrief aller Zeiten gelten. Der Brief offenbarte eine Seite des Schauspielers, die im Kontrast zu seinem Image als Frauenheld stand.
Die bewegenden Zeilen von Alain Delon an Romy Schneider
«Adieu, mein Püppchen. Ich sehe Dich schlafen. Ich bin bei Dir an Deinem Totenbett. Du trägst eine lange Tunika, schwarz und rot, mit Stickereien auf dem Oberteil. Es sind Blumen, glaube ich, aber ich schaue sie nicht an. (...) Ich schaue die Blumen nicht an, sondern Dein Gesicht. Und ich denke, dass Du schön bist, wahrscheinlich warst Du nie so schön wie jetzt. Ich denke auch, dass ich Dich zum ersten Mal im Leben so heiter und friedlich sehe. Man möchte sagen, dass eine sanfte Hand aus Deinem Gesicht alle Aufregungen, alle Ängste fortgewischt hat.
Ich sehe Dich schlafen. Man sagt mir, Du seiest tot. Wie bin ich schuldig? Man stellte sich diese Frage vor einem Wesen, das man geliebt hat und noch liebt. Dieses Gefühl überflutet einen, fliesst dann zurück, und dann sagt man sich, dass man nicht schuldig ist, aber verantwortlich ... Ja, das bin ich. Weil ich vor 25 Jahren ausgesucht wurde, Dein Partner in ‹Christine› zu sein. Du kamst aus Wien, und ich wartete in Paris mit einem Blumenstrauss in der Hand, von dem ich nicht wusste, wie ich ihn halten sollte. (...) Wie ein Schwachsinniger, mitten in einer Horde Fotografen.
Du kamst aus dem Flugzeug. Ich trat nach vorn. Du hast zu Deiner Mutter gesagt: ‹Wer ist dieser Junge?› Sie antwortete: ‹Das muss Alain Delon sein, Dein Partner ...› Nichts weiter, kein Liebesblitz aus heiterem Himmel. Und dann ging ich nach Wien, wo man den Film drehte. Und dort habe ich mich wahnsinnig in Dich verliebt. Und Du hast Dich in mich verliebt. (...) Mein Gott, wie waren wir jung und wie waren wir glücklich. (...) Ich, ein Franzose, der kein Wort Deutsch sprach. Und Du Püppchen, die Du nicht ein Wort Französisch sprachst. Am Anfang liebten wir uns ohne Worte. Wir sahen uns an, und wir lachten. Püppchen ... Und ich war ‹Pépé›. (...)
Die anderen können nicht begreifen, dass man umso ungeeigneter fürs Leben wird, je grösser man als Schauspieler ist. Garbo, Marilyn, Rita Hayworth ... und Du. (...) Sie sagen, Du warst ein Mythos ... Ja, sicher ... Aber der Mythos ist nur eine Fassade, ein Widerschein. (...) Der Mythos geht am Abend heim. Dann ist er nur noch Romy, nur eine Frau, mit einem schlecht verstandenen Leben, schlecht behandelt, schlecht beschrieben in den Zeitungen, angegriffen und verfolgt. Da verbraucht sich der Mythos, in der Einsamkeit. Er wird zur Angst. Und je mehr das ins Bewusstsein dringt, desto mehr verfällt man den Seligkeiten des Alkohols und der Beruhigungsmittel. (...) Dann wird es unersetzlich, und das Herz, verbraucht, bleibt stehen, weil es zu müde wurde, zu schlagen. (...)
Man sagt, dass die Verzweiflung, die der Tod Davids mit sich brachte, Dich getötet hat. Nein, die Leute irren sich. Sie hat Dich nicht getötet. Davids Tod hat Dir nur den Rest gegeben. (...) Du hast nicht begriffen, dass Du eine Person der Öffentlichkeit warst (...). Du hast Dich angegriffen, durchbohrt, vergewaltigt gefühlt in Deiner Privatsphäre. Du warst immer auf der Hut, ‹gehetzt› wie ein Tier, das verfolgt wird. Und Du hast gewusst, dass das Schicksal Dir mit einer Hand nahm, was es Dir mit der anderen gab.
Die anderen wissen nicht, dass Du diese grosse Tragödin aus dem Kino bist, weil Du es in Deinem Leben bist und es sehr teuer bezahlst. Sie verstehen nicht, dass die Dramen Deines persönlichen Lebens auf die Leinwand zurückstrahlen, später, in Deinen Rollen. (...) Dass Du nur strahlst, weil sie Dich verbrennen. (...) Ich bin nicht erstaunt gewesen, als ich die Nachricht bekam, dass Du von uns gegangen bist. Worüber ich erstaunt gewesen bin? Über Deinen Nicht-Selbstmord. Aber dass Dein Herz gebrochen war, nein.»