Mit ihrer Musik berührt Loumy (27) viele Menschen. Doch die Zürcherin weiss auch, was es heisst, fast auf sich allein gestellt zu sein: Im Sommer 2016 wohnte sie bei kasachischen Nomaden.
«Sechs Wochen lang lebte ich mit ihnen in einer Jurte», sagt Salome Woerlen, wie Loumy bürgerlich heisst. Stattgefunden hat das ganze als Teil der Bachelor-Arbeit ihres Ethnologie-Studiums, das sie 2018 an der Universität Zürich abgeschlossen hat. «Kasachstan war nie auf meinem Radar», sagt sie. «Doch uns stand eine schriftliche Arbeit oder eine Feldstudie zur Wahl. Und so entschied ich mich für den Trip nach Zentralasien.»
Wo sie wohnt, wusste sie vorab nicht
Zu welcher Familie sie kommen sollte, wusste Woerlen im vornherein nicht. «Wir sind ohne Ankündigung bei einem älteren Paar aufgetaucht. Unser Dozent kam mit, hat in Kasachisch mit ihnen gesprochen und mich und eine Kommilitonin bei ihnen gelassen», erklärt sie. «Ihre Gastfreundschaft hat mich extrem beeindruckt. So eine Spontanität gäbe es in der Schweiz wohl nicht.»
Obwohl sie selbst ein Semester lang Kasachisch gelernt hatte, gestaltete sich die Kommunikation als schwierig. «Oft haben wir uns mit Gesten verständigt. Mit der Zeit habe ich aber auch die Grundkenntnisse verstanden.» Auch die Körperhygiene zu erhalten, sei eine Herausforderung gewesen. «Es gab weder eine Dusche, noch ein richtiges WC. Die einzige Möglichkeit, sich zu waschen, war in einer eiskalten Quelle in der Nähe.»
Wohnen auf vier Quadratmetern
Privatsphäre gab es im kasachischen Gebirge nicht: Etwa vier Quadratmeter gross war die Jurte, in der Mitte gab es einen Feuerplatz. Die Schlafmatten stellten die vier Bewohner tagsüber zur Seite, um mehr Platz zum Leben zu haben. Handyempfang gab es nur in vereinzelten Ecken. «Es war die einzige Hütte im Umkreis von zwei Kilometern», so Woerlen. «Trotzdem kam immer wieder Besuch. Leute, die mit dem Töff hergefahren oder auf dem Ross hergeritten sind.»
Monoton sei dafür der Menüplan gewesen. «Es gab Fleisch, Fleisch und nochmal Fleisch. Als wir angekommen sind, haben sie gleich ein Schaf geschlachtet.» Davon haben alle lang gegessen. «Zum Zmorge, zum Zmittag und zum Znacht», sagt die Sängerin. «Heute ernähre ich mich hauptsächlich vegetarisch. Die Nomaden würden das wohl nicht verstehen.»
Keine Mühe, auf Standard zu verzichten
Durch den Trip hat Woerlen gelernt, andere Lebensweisen so zu nehmen, wie sie sind. Mühe, auf ihren gewohnten Standard zu verzichten, bekundete sie nicht. «Ich wusste ja, dass es nur temporär ist», sagt sie. Und fügt lachend an: «Bis auf den schnarchenden Bettnachbarn war alles sehr erträglich.»
Heute konzentriert sich Loumy auf ihr Leben in der Schweiz. Kürzlich veröffentlichte sie ihre erste EP «What I Need», ihre Musik wird mit Alternative-Bands wie London Grammar verglichen. Mittlerweile wohnt die Musikerin seit bald drei Jahren im Zürcher Niederdorf. «Ein krasser Gegensatz zu Kasachstan», meint sie. «Aber die Zeit werde ich für immer in Erinnerung behalten.»