Es gibt viele Britneys. Da ist zuerst das kleine Mädchen in einer TV-Talentshow. Die Pop-Lolita, die in Schuluniform die Charts stürmt. Eine junge Frau, die sich mit einer Kobra um den Hals vom Jungfrauen-Image befreit. Eine, die Madonna küsst. Eine Mutter, die das Sorgerecht für ihre beiden Kinder verliert. Eine 55-Stunden-Braut. Eine Verzweifelte, die sich die Haare abrasieren lässt und deren Bild mit Glatze um die Welt geht. Die erwachsene Frau, die seit 13 Jahren unter der Vormundschaft des Vaters steht. Und jetzt die Kämpferin, die endlich ein selbstbestimmtes Leben führen will.
Britney Spears (39), eine der erfolgreichsten Sängerinnen der Pop-Geschichte holt zum Befreiungsschlag aus. Es ist nicht ihr erster, aber vielleicht ihr wichtigster. «Mein wertvoller Körper hat in den vergangenen 13 Jahren für meinen Vater gearbeitet. Und der Bundesstaat Kalifornien hat ihm das erlaubt», fasste die Sängerin am Mittwoch bei ihrer ersten öffentlichen Anhörung vor dem Superior Court in Los Angeles zusammen.
Abrechnung mit dem Vater
Die Abrechnung mit ihrem Vater Jamie Spears (68) und weiteren Betreuern dauerte 23 Minuten. Was sie aus ihrem Leben erzählte, ist weitaus schlimmer, als bislang spekuliert wurde. Sie fühle sich als «Sklavin» und sie verglich ihr Leben unter väterlicher Obhut mit Zwangsprostitution und Menschenhandel. «Man wird zur Arbeit gezwungen und muss sämtliche Besitztümer wie Kreditkarten, Geld, Handy und Reisepass abgeben.»
Sie dürfe nicht mal zu ihrem Freund Sam Asghari (27) ins Auto steigen, geschweige denn ihn heiraten oder mit ihm Kinder haben. «Mir ist eine Spirale eingesetzt worden, damit ich nicht schwanger werde. Ich möchte zum Arzt gehen und mir das Ding entfernen lassen, aber sie lassen mich nicht.» Zudem sei «aus dem Nichts» ihre gewohnte Medikation geändert und erhöht worden, Lithinum wird bei schweren bipolaren Erkrankungen eingesetzt. «Ich habe mich betrunken gefühlt und konnte keine normalen Gespräche mehr führen.»
Kampf für ein selbstbestimmtes Leben
In ihrer Rede wirkte Britney Spears gefasst und glaubwürdig. Zugleich spürt man, wie verzweifelt sie für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Sie betonte mehrere Male, dass sie seit dem 17. Lebensjahr ihren eigenen Lebensunterhalt verdient, damals wurde sie über Nacht zum Weltstar – ihr Vermögen wird auf 60 Millionen Dollar geschätzt. Zunächst «America’s Sweetheart», schüttelte sie ihr braves Image ab. Sie holte ihre Jugend nach, mit Partys, angeblich auch mit Drogen und Exzessen. Es folgten Zusammenbrüche und schliesslich die Einweisung in die Psychiatrie. Seither leitet der Vater ihre Geschicke, mit Erfolg, wie es bis anhin schien: Britney schaffte den Weg zurück auf die Bühne. Wie hoch der Preis dafür war, wird jetzt publik.
Stolz und Scham
Mit der Aussenwelt kommuniziert Britney bis jetzt vor allem über Instagram. Dort sorgte sie mit Tanzvideos für Aufsehen, in denen sie wie neben sich wirkte. Das befeuerte die Spekulationen von Fans, dass Britney Spears gegen ihren Willen festgehalten und kontrolliert werde. Daraus ist die Bewegung #Freebritney mit prominenter Unterstützung entstanden. Dazu bezieht die Sängerin jetzt auf Social Media erstmals Stellung: «Ich habe das aus Stolz und auch aus Scham gemacht. Es war mir peinlich, was mir passiert ist.» Vor Gericht bestand die Sängerin darauf, dass ihre Ansprache publik gemacht wird. «Sie waren so gut darin, mein Leben zur Schau zu stellen, also sollte dieser Prozess öffentlich sein.»
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