Sein schlohweisses Haar trägt der grosse Schweizer Illustrator Ted Scapa seit Jahrzehnten akkurat nach hinten frisiert. Am 17. Januar wurde der grosse Schweizer Künstler mit holländischen Wurzeln 90 Jahre alt. Sein künstlerisches Markenzeichen: bunte, fröhliche Bilder.
Scapa selbst wurde vom Leben oft mit schwarzen, harten Strichen gezeichnet. 2005 verlor er seine geliebte Tochter Ghita (1963–2005) im Alter von 42 Jahren, die nach der Geburt ihrer Zwillinge an den Folgen eines Aortarisses starb. «Warum sie, weshalb so früh, wieso konnte es nicht verhindert werden?» Täglich quälende Fragen, auf die er nie eine Antwort erhalten wird. Was ihn trotzdem über Wasser gehalten hat? «Fantasie und Humor», sagt er.
Mit Jean Tinguely ass Ted Scapa sonntags Gipfeli und sprach über Autos
Seine grosse Liebe Meret (1930–2016) fiel nach Ghitas Tod in einen Trauerschock, konnte kaum mehr gehen und sprechen. Plötzlich wurde es ruhig im gemeinsamen Schloss in Vallamand VD. Was blieb, ist die Begleitung seiner Tochter Tessa (54), die sich auch heute rührend um ihn kümmert, und es sind all die Erinnerungen. An seinen lieben Freund Jean Tinguely (1925–1991), mit dem er sonntags Gipfeli ass und über Autos, eines von Tinguelys Lieblingsthemen sprach. Oder die Eisenskulptur von Bernhard Luginbühl (1929–2011), die vor sich hinrostet. Und die letzten Fotos von Marilyn Monroe (1926–1962), die der Fotograf Bert Stern (1929–2013) von ihr gemacht hat. Alles liebe Wegbegleiter der TV-Legende, die in den 60er- und 70er-Jahren mit dem «Spielhaus» bekannt wurde – der Kindersendung, die es längst nicht mehr gibt.
Verzweifeln war für Scapa nie eine Option. «Solange ich zeichnen kann, lebe ich», sagt er. Seine rechte Hand sei noch sehr ruhig. Vieles sonst funktioniere noch so lala. Treppensteigen fällt ihm schwer, auch habe er schon besser gehört. Doch das sieht man seinen Zeichnungen nie an. Weder Trübsal, Not noch Traurigkeit sind darin wiederzuerkennen – im Gegenteil.
«Am liebsten würde ich nochmals heiraten»
Nun hat das Coronavirus auch bei ihm vieles stillgelegt. Keine Ausstellungen, keine Workshops mit Kindern, doch er bleibt zuversichtlich, überlegt sich schon die Motive für den nächsten Kalender und plant ein Buch über Menschen und Tiere. «Hauptsache, wir bleiben alle gesund und erholen uns von diesem Virus auch im Herzen bald wieder.»
Seine Wünsche: «Ich träume von Romantik und möchte nochmals heiraten. Doch dann sagt mir Tessa: ‹Zeichne lieber, das kannst du besser›», sagt er lachend. Und ergänzt ernst: «Mein Geburtstagsgeschenk ist die Corona-Impfung, die ich für alle wichtig finde.» Seinen ersten Termin hat er am 5. Februar, den zweiten am 4. März in Bern, wo er mittlerweile in der Altstadt lebt. Gestern feierte er mit seiner Tochter bei Rösti und einem Glas Wein.
Was will er noch alles erleben? «Bis zu meinem letzten Atemzug möchte ich zeichnen und damit vielen eine Freude machen. Wenn ich das schaffe, kann ich erfüllt und glücklich gehen.»
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