Anfang April gab die SRG bekannt, dass sie einen Umzug des SRF-Radiostudios von Bern nach Zürich in Erwägung ziehe. Bald regte sich Widerstand – auch in den eigenen Reihen. Über 160 SRF-Mitarbeiter unterzeichneten ein Protestschreiben, welches sie an den SRG-Verwaltungsrat schickten. Inmitten dieser Diskussionen habe «Schweiz aktuell» laut dem Medienbranchenportal «Kleinreport» einen Beitrag zum potenziellen Umzug geplant und soll bereits Interviews zu der Thematik mit Medienexperten durchgeführt haben.
Doch der Beitrag wurde nie ausgestrahlt: Ruedi Matter (64) soll der Recherche den Riegel vorgeschoben haben. War der Beitrag etwa zu kritisch? Der verantwortliche SRF-Journalist habe «von weit oben» den Befehl bekommen, den Beitrag abzubrechen, sollen mehrere voneinander unabhängige Quellen berichten.
Matters fünfter Tweet sorgt für rote Köpfe
Dass die Chefetage einen Bericht über den Umzug des Radiostudios Bern gekillt haben soll, sorgt beim SRF schon für genug Empörung. Das Fass wirklich zum Überlaufen gebracht hat jetzt aber ein Tweet von Ruedi Matter selbst. Der SRF-Superdirektor, der in den letzten sechs Jahren nur viermal getwittert hatte – und bei der ganzen #NoBillag-Diskussion ruhig blieb – ist nun ausgerechnet bei diesem Thema vorgeprescht.
Auf den Artikel des «Kleinreports» antwortete er: «Die Aussage, ich hätte einen Beitrag in ‹Schweiz aktuell› zum Thema Radiostudio Bern verhindert, ist frei erfunden. ‹Kleinreport› im Verbund mit ‹Pro Radiostudio Bern›: Recherche? Qualitätsjournalismus?»
«Wir finden es extrem befremdend»
Für die angriffigen Worte haben die Mitarbeiter von Radio SRF wenig Verständnis. Dort empfindet man den Tweet als Anschuldigung, gemeinsam mit dem «Kleinreport» gegen den Umzug zu opponieren.
«Matter bezeichnet uns in dem Tweet als Meuchelmörder und Verräter, die nichts können», sagt ein langjähriger Radiomitarbeiter, der anonym bleiben möchte. «Von uns kommt die Geschichte nicht. Wir finden es extrem befremdend, wenn uns der Direktor mangelnde Recherche vorwirft. Schliesslich kommen aus unseren Studios Magazine wie das ‹Echo der Zeit›.»
Besonders stossend für die SRF-Mitarbeiter: Matters Tweet wurde auch von @SRF auf seinem Hauptaccount weiterverbreitet (über 100'000 Follower). Die gesamte Info-Abteilung des Radios würde sich über die Twitter-Aktion wundern.
Das Vertrauen in den scheidenden Chef ist weg: «Matters Abgang ist auf Ende Jahr angekündigt. Es scheint, als ob er vorher noch ein Blutbad anrichten wolle.»
Ruedi Matter selbst betont auf Anfrage noch einmal, dass der Bericht des «Kleinreports» «haltlos» sei: «Ich habe erst kurz vor Veröffentlichung dieses Artikels zum ersten Mal überhaupt von Recherchen für einen solchen Beitrag von ‹Schweiz Aktuell› gehört. Der Twitteraccount Pro Radiostudio Bern hat die Vorwürfe gegen mich ohne Faktencheck weiterverbreitet. Unter Qualitätsjournalismus, für den sich die Gruppierung vehement einsetzt und der auch für mich oberste Priorität hat, stelle ich mir etwas anderes vor.» Darauf und auf nichts anderes habe er mit seinem Tweet aufmerksam gemacht.