Breaking News aus London: BBC meldete am frühen Montag, dass eine Rückhol-Operation für Feriengäste mit dem Codenamen Matterhorn eingeleitet worden sei.
Dies, nachdem Verhandlungen in letzter Minute scheiterten, Thomas Cook zu retten, den zweitgrössten Reiseanbieter der Welt. Der Betrieb von Thomas Cook wurde in Grossbritannien mit sofortiger Wirkung eingestellt. Das Traditionsunternehmen hat Insolvenz angemeldet. Weltweit sind 22'000 Arbeitsplätze in 16 Ländern betroffen.
Die deutschen Veranstaltertöchter, zu denen Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature gehören, haben den Verkauf von Reisen nach eigenen Angaben komplett gestoppt. Man könne nicht gewährleisten, dass gebuchte Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September stattfinden, teilte Thomas Cook GmbH am Morgen in Oberursel bei Frankfurt mit. Das gleiche Statement erhält man auch, wenn man die Schweizer Telefonnummer von Thomas Cook wählt.
Von der Pleite des Konzerns sind insgesamt rund 600'000 Feriengäste betroffen, darunter auch Schweizer, die an ihren Ferienzielen festsitzen. Zudem verliere nochmals eine Million Kunden zukünftige Buchungen, wie britische Medien berichten. Laut Angaben der Thomas Cook GmbH sind derzeit 140'000 Touristen mit deutschen Reiseveranstaltern von Thomas Cook verreist. Zusätzlich dazu wollten am Montag und Dienstag rund 21'000 Personen mit dem Unternehmen verreisen.
Auch Thomas-Cook-Aktien wurden sofort wertlos:
«Matterhorn» – grösste Rückführaktion zu Friedenszeiten
Für die Briten hat mit Operation Matterhorn die bisher grösste Repatriierung zu Friedenszeiten begonnen, um Feriengäste nach Hause zu bringen. Insgesamt 150'000 Briten sind betroffen. Alle Flüge des Touristikkonzerns sind gestrichen worden, teilte die britische Flugbehörde in der Nacht auf Montag mit. Man starte eine Rückholaktion für Urlauber. Bereits am Sonntag machten sich leere Flugzeuge auf den Weg nach Übersee, um Touristen noch am Montag nach Hause zu bringen.
Das Schicksal der übrigen Feriengäste blieb zunächst unklar, doch «Condor erhält den Flugbetrieb aufrecht», teilte die Fluggesellschaft am späten Sonntagabend auf dem Nachrichtendienst Twitter mit.
In einer Mitteilung vom frühen Montagmorgen heisst es dann: «Condor Flüge werden weiterhin durchgeführt, obwohl die Muttergesellschaft Thomas Cook Group Insolvenz eingereicht hat». Um Liquiditätsengpässe bei Condor zu verhindern, sei ein staatlich verbürgter Überbrückungskredit beantragt worden. Dieser würde derzeit von der Bundesregierung geprüft, heisst es weiter.
Derzeit sind Dutzende Flugzeuge im Konzern für den deutschen Ferienflieger Condor im Einsatz. Von den 105 Thomas-Cook-Flugzeugen fliegen 58 für Condor.
Hotels halten Urlauber «als Geiseln»
Während Thomas Cook um sein Überleben verhandelte, hielten Hotels manche Gäste regelrecht «als Geiseln» fest – obwohl die Urlauber für ihre Ferien bereits bezahlt hatten. Hotelmanager befürchteten, dass sie vom konkursbedrohten Reiseveranstalter kein Geld mehr erhalten. Gäste wurden in Hotels eingeschlossen, motorisierte Sicherheitsleute fuhren am Strand Patrouillen, berichtete die deutsche «Bild». Damit die Urlauber nicht entkommen können. So auch im Hotel Les Oranges in Tunesien, wie BLICK berichtete.
«Ein Mann aus Irland versuchte mit den Sicherheitskräften zu reden, sagte, dass er nach Hause will, einfach nur nach Hause will», erzählte der britische Urlauber Ryan Farmer der britischen Zeitung «Daily Mail». «Können Sie uns rauslassen? Sie guckten ihn nur an, lachten und halten die Tore verschlossen. Vier Sicherheitskräfte halten die Tore geschlossen. Ich würde es als Geiselhaft beschreiben», so Farmer zur Zeitung.
Deutsche Cook-Töchter stellen Verkauf ein
Was die Thomas-Cook-Pleite für den Schweizer Reisemarkt bedeutet, ist noch nicht klar. Die deutschen Veranstaltertöchter haben den Verkauf von Reisen nach eigenen Angaben komplett gestoppt.
«Das Unternehmen lotet derzeit letzte Optionen aus», hiess es. Sollten diese Optionen scheitern, sehe sich die Geschäftsführung gezwungen, auch für die Thomas Cook GmbH und weitere Gesellschaften Insolvenz zu beantragen.
Damit wären auch Schweizer Touristen betroffen. Von den Schweizer Thomas-Cook-Niederlassung war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Gescheiterter Rettungsversuch
Zuletzt fehlten rund 200 Millionen Pfund für die Rettung von Thomas Cook. Der britische Aussenminister Dominic Raab sagte, es würden Notfallpläne vorbereitet, um gestrandete Urlauber zurück nach Hause zuholen. Banken forderten zusätzlich zu einem schon ausgehandelten 900 Millionen Pfund (knapp eine Milliarde Euro) schweren Rettungspaket 200 Millionen Pfund.
Der 1841 gegründete Reiseveranstalter Thomas Cook betreibt Hotels, Ferienressorts, Airlines und veranstaltet Kreuzfahrten.
Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Auch deshalb sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast.
Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft kam erschwerend hinzu, ebenso wie die anhaltende Unsicherheit um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft. (kes/jfr/SDA)
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