Sie tragen Erdogan-Masken und steigen das Treppenhaus hoch. Mindestens zu siebt sind die Aktivisten. Unter falschem Vorwand haben sie sich Zugang zu den Büros von Economiesuisse verschafft. Kaum sind sie im Konferenzzimmer, halten sie eine Rede, nehmen Bilder von der Wand und hängen ein Diplom auf, das dem Verband die «beste Zusammenarbeit mit Diktaturen und Terrorregimen» attestiert. «Kategorie: Türkei».
So passiert am Mittwoch dieser Woche. Economiesuisse-Sprecher Michael Wiesner bestätigt den Zwischenfall. Er verurteilt die Aktion scharf und bestätigt dem BLICK: «Wir haben Anzeige erstattet wegen Hausfriedensbruch und Drohung.» Ein Sprecher der Berner Polizei bestätigt den Eingang der Strafanzeige.
Kritik am Freihandelsabkommen
Hinter den Erdogan-Masken stecken Mitglieder der linksradikalen Gruppierung Revolutionäre Jugend Bern. Sie haben ein Video der Aktion im Internet veröffentlicht. Die Aktivisten kritisieren, dass Economiesuisse sich für ein Freihandelsabkommen mit der Türkei eingesetzt hat.
Das Parlament hat das Abkommen im Juni genehmigt. Mit klarer Mehrheit. Wegen der jüngsten Militäraktion der Türkei in Syrien ist der Vertrag aber umstritten. Linke Politiker haben den Bundesrat aufgefordert, die Ratifizierung des Abkommens zu sistieren. Ein Entscheid in dieser delikaten Angelegenheit ist noch nicht gefallen.
Krawallaktionen nehmen zu
Die Revolutionäre Jugend Bern steht der Antifa-Bewegung nahe. Sie ist anarchistisch ausgerichtet und hat in der Vergangenheit wiederholt mit Demonstrationen und Krawallen auf sich aufmerksam gemacht. Sie haben vor einigen Tagen ein Treffen des Vereins zur Förderung von wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und der Türkei sabotiert.
In einer anderen Protestaktion haben sie Werbebanner des Rüstungskonzerns Ruag entwendet und angezündet. Und eine Kunstblut-Attacke gegen den Finanzchef der Credit Suisse Schweiz von dieser Woche legitimieren die Aktivisten mit den Worten: «Gute Action in Lausanne».
Demo eskaliert in Bern
Die Zwischenfälle häufen sich. Unlängst eskalierte in Bern auch eine bewilligte Demo. Kurdinnen und Kurden protestierten vor zwei Wochen gegen den Syrienfeldzug der Türkei.
Die Demo startete zunächst friedlich beim Bahnhof. Bei der türkischen Botschaft flogen dann Steine und später auch andere Gegenstände wie Sperrgitter oder Holzbretter gegen Einsatzkräfte der Polizei.