Bei Schweizer Fernbussen ist der Tank leer
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Niemand will eine Konzession
Bei Schweizer Fernbussen ist der Tank leer

Sie galten als billige Alternative zum Zug. Nun wird klar: Schweizer Fernbusse haben keine Chance gegen die übermächtige Konkurrenz der SBB. Die Corona-Krise hat die letzten Hoffnungen zerstört.
Publiziert: 21.05.2020 um 03:08 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2020 um 17:42 Uhr
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Das Fernbusgeschäft war einst umkämpft, nun will plötzlich keiner.
Foto: Manuel Geisser
Patrik Berger

Sie sind mit grossen Plänen angetreten und nahmen den Mund ziemlich voll. Fernbusbetreiber wollten hierzulande nicht weniger, als den SBB Paroli bieten und Schweizer Reisende mit Kampfpreisen von Fahrten mit Fernbussen zu überzeugen.

Jetzt wird klar: Sie sind allesamt gescheitert. Die Schweiz bleibt ohne Fernbusnetz. Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) ist kein einziges Konzessionsgesuch mehr hängig. Eurobus hat sein Gesuch für ein neugestaltetes Fernbusnetz zurückgezogen. Auch der österreichische Anbieter Dr. Richard zog sein Konzessionsgesuch zurück. Das BAV bestätigte einen entsprechenden Bericht der CH-Media-Zeitungen.

Konzessionsgesuch zurückgezogen

Ende Oktober 2019 hatte Eurobus das defizitäre innerschweizerische Fernbus-Angebot eingestellt. Die damals sechs «Swiss-Express»-Busse waren auf drei öffentlichen Linien im Lande unterwegs gewesen. Seither gibt es keine innerschweizerischen Fernbusse mehr.

Ein neues Konzessionsgesuch von Eurobus, der Bus-Tochter der aargauischen Knecht-Gruppe, für ein neugestaltetes Fernbusnetz wurde in der Zwischenzeit ebenfalls zurückgezogen, wie das BAV bestätigte.

Die Dr. Richard GmbH hatte beim BAV ein Konzessionsgesuch eingereicht für Linien im Raum Zürich/Basel/Bern/Luzern sowie zwischen Zürich und Domat/Ems. Bereits Anfang April zog das Unternehmen sein Gesuch aber zurück, wie erst jetzt bekannt wird.

Corona-Krise beschleunigt das Aus

Für Eurobus ist ein Wiedereinstieg ins Fernbusgeschäft kein Thema mehr, sagt Geschäftsführer Philipp Vassalli der «Aargauer Zeitung». Ein Schweizer Fernbusnetz wird es damit bis auf Weiteres nicht geben.

Erst recht nicht wegen des Ausbruchs der Corona-Krise. Seither stehen nicht nur die Fernbusse in der Garage. Gigant Flixbus etwa hat den Verkehr europaweit eingestellt. Auch einheimische Carunternehmen haben schwer zu beissen. Ihnen sind von einem Tag auf den anderen sämtliche Aufträge weggebrochen.

Erste Busunternehmen machen sich bereit, mit einem strengen Schutzkonzept den Betrieb wieder hochzufahren. Das Hauptproblem: Die Abstandsregeln können schon in Zügen je nach Tageszeit und Strecke kaum umgesetzt werden. In Bussen ist das noch schwieriger. Zudem fahren vor allem Touristen aus fernen Ländern mit dem Fernbus. Die werden noch länger ausbleiben.

Nur geringes Potenzial

Das BAV erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, das BAV und der Bundesrat hätten das Potenzial für eigenwirtschaftliche nationale Fernbusleistungen von Anfang an als gering beurteilt.

Nationale Fernbusse könnten zwar eine punktuelle Ergänzung des bestehenden ÖV-Systems darstellen. Da das bestehende Angebot auf der Schiene jedoch sehr engmaschig und der Fahrplan sehr dicht sei, bleibe relativ wenig Platz für zusätzliche Angebote auf der Strasse.

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