Die Credit Suisse (CS) liess Iqbal Khan (43), ihren früheren Chef der Vermögensverwaltung, von Privatdetektiven beschatten. Offizielle Begründung: Man wolle verhindern, dass er Kunden oder Mitarbeiter für seinen neuen Arbeitgeber UBS abwerbe.
Die Aktion kam heraus. Khan reichte Strafanzeige ein. Drei Privatdetektive wurden vorübergehend verhaftet. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen Nötigung und Drohung eröffnet. Der Finanzblog Inside Paradeplatz machte den Skandal publik.
Befreiungsschlag von Urs Rohner
So viel ist verbürgt. Vieles bleibt aber im Dunkeln: Wie kam es zur Beschattungsaktion? Wer in der CS gab den Auftrag? Welche Rolle spielt CEO Tidjane Thiam (57)? Wie kam es zum Zerwürfnis zwischen Khan und Thiam? Wurde Khan von Thiam bedroht?
CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (59) sucht den Befreiungsschlag. Um die Fragen zu klären, hat er bei der Wirtschaftskanzlei Homburger eine Untersuchung in Auftrag gegeben.
Die Ergebnisse sollen kommende Woche präsentiert werden. Sie dürften darüber entscheiden, ob Köpfe rollen – und vor allem welche.
Wie unabhängig ist Romerio wirklich
Nun wachsen Zweifel betreffend der Unabhängigkeit dieser Untersuchung. Recherchen von SonntagsBlick haben ergeben: Der mit der Untersuchung betraute Anwalt bei Homburger heisst Flavio Romerio (55) und ist der langjährige Lebenspartner von Isabelle Romy (54). Das Paar hat drei gemeinsame Kinder. Und sie sitzt seit 2014 im Verwaltungsrat der UBS – des direkten Rivalen der CS auf dem Schweizer Bankenplatz.
Angesichts dieser Konstellation in einer hoch regulierten Branche stellen sich Fragen: Wieso hat Homburger ausgerechnet Romerio mit der Aufarbeitung der Beschattungsaffäre beauftragt? War das UBS-Verwaltungsratsmandat seiner Frau bei der Entscheidung ein Thema? Ist diese Konstellation mit einer verantwortungsvollen Corporate Governance vereinbar? Wie will Romerio den Beschattungsskandal um Iqbal Khan unvoreingenommen aufklären, wenn seine Frau bei Khans neuem Arbeitgeber im Verwaltungsrat sitzt? SonntagsBlick stellte diese Fragen am Freitagnachmittag Romerio und seiner Kanzlei Homburger. Trotz mehrfachem Nachhaken gaben die Verantwortlichen jedoch keine Antwort.
CS sieht keinen Handlungsbedarf
Die Credit Suisse ignorierte die Fragen von SonntagsBlick mehr als 24 Stunden lang. Am Samstagabend schickte Kommunikationschef Dominique Gerster ein kurzes Statement, das den Sachverhalt zu relativieren versucht: «Die Untersuchung wird von einem erfahrenen Anwaltsteam von Homburger geführt, nicht von Flavio Romerio allein. Zudem untersteht das Team von Homburger dem Anwaltsgeheimnis, und wir haben keinen Anlass, an der Integrität der Anwälte von Homburger zu zweifeln.»
Mit anderen Worten: Die CS sieht keinen Handlungsbedarf. Die Untersuchung wird wie geplant fortgesetzt. Wenn es der Zufall will, werden die Ergebnisse just an jenem Tag veröffentlicht, an dem Iqbal Khan bei der UBS, seinem neuen Arbeitgeber, seinen ersten Arbeitstag hat.