Morgen Donnerstag entscheidet sich auch das Schicksal der Lufthansa-Tochter Swiss. Um 12 Uhr treffen sich die Aktionäre der Lufthansa zur virtuellen Hauptversammlung. Haupttraktandum: Das 9-Milliarden-Euro schwere Rettungspaket für die angeschlagene Fluggesellschaft.
Nur, ob dieses Paket von den Aktionären angenommen wird, ist alles andere als sicher. Vor allem Grossaktionär Heinz Hermann Thiele (79) stösst sauer auf, dass sich der deutsche Staat bei der Lufthansa einkauft. Blockiert Thiele das Rettungspaket, dann droht der Lufthansa die Insolvenz. Diese könnte sowohl Swiss als auch Ferienflieger Edelweiss in die Tiefe reissen.
«Das Leben der Swiss hängt von der Lufthansa ab», sagt der Aviatik-Journalist Hans Ruedi Vogel (78). Dem stimmt Berufskollege Patrick Huber (62) zu. «Der Rettungskredit an die Swiss hängt von der Rettung der Lufthansa ab», erklärt Huber. Er war Chefredaktor der Zeitschrift «Cockpit». Es mache weder für die Banken noch für den Bund Sinn, der Swiss einen Kredit zu geben, wenn der Muttergesellschaft die Pleite bevorsteht.
Sowohl beim Bund und als auch bei der Swiss schaut man mit Bangen zum Lufthansa-Sitz in Frankfurt. Denn ohne Staatshilfe aus Deutschland fliessen auch keine Bundeshilfen für die Swiss und Edelweiss.
Ertragsperle Swiss
Der Swiss droht ein Grounding wie damals der Swissair. Mit dem Unterschied, dass die Swiss vor Corona eine kerngesunde Ertragsperle war, die Jahr für Jahr Hunderte Millionen Franken in die Kassen der Muttergesellschaft flog. Im Gegensatz zur Swissair: Die Hunterstrategie des Managements hatte aus der fliegenden Bank in wenigen Jahren eine flügellahme und zahlungsunfähige Airline gemacht.
Scheitert das Rettungspaket, könnte sich dann das Schicksal der Swissair wiederholen? «Nicht unbedingt», glaubt Huber. «Grundsätzlich ist die Swiss eine attraktive Übernahmekandidatin. Offen ist allerdings, für wie viel Geld Lufthansa die Swiss verkaufen würde.»
Alleingang macht keinen Sinn
Könnte der Schweizer Staat die Swiss von der Lufthansa zurückkaufen? «Das wäre theoretisch möglich, aber der Staat kann kein Interesse daran haben, eine Airline zu betreiben», winkt Huber ab.
Auf sich gestellt hätte die Swiss allerdings einen schweren Stand. Sie ist darauf angewiesen, innerhalb eines Airline-Netzwerkes Zubringerpassagiere nach Zürich zu bringen. Nur so ist es möglich, die Langstreckenflotte auszulasten – und dem Wirtschaftsstandort Zürich attraktive Direktverbindungen anzubieten. Ohne Swiss droht zudem dem Flughafen Zürich der Abstieg in die Regionalliga.
Doch so weit muss es nicht kommen: «Da gibt es Investoren, die auf der Matte stehen», ist auch Vogel überzeugt. Unter anderem munkle man in der Branche, dass die British-Airways-Mutter IAG oder die Allianz Air France/KLM Interesse zeigen. «Für die wäre das natürlich ein Schnäppchen», sagt Vogel.
In Deutschland reden auch noch die Gewerkschaften mit
Allerdings würde die Swiss nie mehr die Rolle spielen, die sie innerhalb des Lufthansa-Verbundes hat: «Die Franzosen oder Briten haben eine ganze andere Mentalität. Das wäre ein grosser Kulturunterschied», glaubt Huber. Es wäre fatal, wenn die über Jahre gewachsene Zusammenarbeit mit den Deutschen beendet würde, ergänzt der Aviatik-Experte.
Das Schicksal der Swiss hängt also am Faden der Lufthansa-Aktionäre, allen voran an Grossaktionär Thiele. Und der deutschen Gewerkschaften. Denn die Lufthansa braucht rechnerisch 22'000 der insgesamt 138'000 Mitarbeitenden nicht mehr. Da wird um Löhne und Abbaupläne gerungen. Themen, die bei der Swiss bislang tabu sind. Huber: «Ich glaube nicht, dass die Swiss mit diesem Personalbestand weiterfliegen kann, solange ein wirtschaftlicher Aufschwung nicht in Sichtweite ist.» Die Swiss setzt offenbar darauf, dass die Lufthansa gerettet wird, einen Plan B gibt es im Moment nicht.
Das könnte sich rächen, wenn am Donnerstag die Aktionäre den Sinkflug der Lufthansa in die Pleite einleiten. Doch Huber macht Hoffnung: «Die deutsche Regierung – und die deutsche Wirtschaft – haben nicht das geringste Interesse daran, die Lufthansa in den Konkurs zu schicken.»
Der Bund bereitet sich auf die Swiss-Rettung vor. Stürzt das Rettungspaket für ihre Mutter Lufthansa am Donnerstag ab, können die zugesagten 1,275 Milliarden Franken an die Swiss und die Edelweiss nicht fliessen. Dann könnte die Luft dünn werden für die beiden Fluggesellschaften.
Unter der Leitung der Eidgenössischen Finanzverwaltung bereitet sich der Bund deshalb auf jedes denkbare Szenario vor.
Laut mehreren Quellen geht man in der Schweiz zwar nicht davon aus, dass Berlin die Lufthansa fallen lässt, aber schon bei einer Verzögerung ihrer Rettung könnte die Swiss in Turbulenzen geraten.
SVP-Nationalrat und Pilot Thomas Hurter (56) erinnert daran, dass für Bundesrat und Parlament die Swiss systemrelevant ist. Für sie stehe deshalb fest, dass ein Grounding unbedingt verhindert werden müsse. «Es ist deshalb richtig, dass der Bund mit Blick auf Berlin verschiedene Unterstützungsszenarien vorbereitet.»
Für den Wirtschaftsstandort Schweiz, aber natürlich auch für unseren Tourismus, sei der Weiterbestand der Swiss zentral. Pascal Tischhauser
Der Bund bereitet sich auf die Swiss-Rettung vor. Stürzt das Rettungspaket für ihre Mutter Lufthansa am Donnerstag ab, können die zugesagten 1,275 Milliarden Franken an die Swiss und die Edelweiss nicht fliessen. Dann könnte die Luft dünn werden für die beiden Fluggesellschaften.
Unter der Leitung der Eidgenössischen Finanzverwaltung bereitet sich der Bund deshalb auf jedes denkbare Szenario vor.
Laut mehreren Quellen geht man in der Schweiz zwar nicht davon aus, dass Berlin die Lufthansa fallen lässt, aber schon bei einer Verzögerung ihrer Rettung könnte die Swiss in Turbulenzen geraten.
SVP-Nationalrat und Pilot Thomas Hurter (56) erinnert daran, dass für Bundesrat und Parlament die Swiss systemrelevant ist. Für sie stehe deshalb fest, dass ein Grounding unbedingt verhindert werden müsse. «Es ist deshalb richtig, dass der Bund mit Blick auf Berlin verschiedene Unterstützungsszenarien vorbereitet.»
Für den Wirtschaftsstandort Schweiz, aber natürlich auch für unseren Tourismus, sei der Weiterbestand der Swiss zentral. Pascal Tischhauser