Sie treffen sich zum Kegeln, zum Preisjassen, zum Schneeschuhwandern und erst kürzlich zum Skifahren in Bivio GR. Alle diese Aktivitäten können sich die Mitglieder der Pensionierten-Vereinigung Swissair immer häufiger leisten, denn ihre Renten steigen jedes Jahr.
Während andere Pensionskassen strampeln, schwimmt die der ehemaligen Swissair im Geld, die Rentner erhalten immer höhere Ausschüttungen. Damit werden die ehemaligen Angestellten der Fluggesellschaft, die 2001 das Grounding erlebte, finanziell auf Rosen gebettet. Es war die bedeutendste Firmenpleite der Schweiz.
Rund zehn Milliarden Franken mussten die 10'000 Gläubiger der Swissair abschreiben. Zudem hatten 63'000 Aktionäre des bankrotten Unternehmens ihren Einsatz an der Börse verloren. Darunter waren neben dem Bund und den Kantonen auch viele Kleinaktionäre und ihre Pensionskassen.
Während damals viele Beteiligte ihr Geld verloren, erhalten jetzt die Rentner der Allgemeinen Pensionskasse der SAirGroup (APK) Extrazahlungen: Im Juni 2017 bekamen sie zusätzlich zur normalen Jahresrente bis zu 16'450 Franken ausbezahlt. Im Jahr zuvor gab es einen Zusatzbatzen von maximal 7050 Franken. Das ist den Jahresberichten der APK zu entnehmen.
Der Grund für die Extrazahlungen: Die APK muss schauen, dass ihre letzten Rentner nicht alle zu Multimillionären werden, denn die Pensionskasse ist dermassen gut mit Kapital ausgestattet. Wenn weiter nur die regulären Renten ausgeschüttet würden, bliebe am Schluss für den letzten Überlebenden der Pensionskasse ein Vermögen von rund 400 Millionen Franken.
Letzter Rentner im Jahr 2073
Die APK ist eine reine Rentnerkasse, ohne Erwerbstätige, weil es die Swissair nicht mehr gibt. Es kommen also keine neuen Pensionäre hinzu, sondern es sterben nur welche weg. Waren im Jahr 2010 noch 4700 Rentner bei der APK, sind es jetzt noch 3641.
Damit ist die APK einmalig, denn eine so grosse reine Rentnerkasse gibt es sonst nicht in der Schweiz. Es gibt solche mit weniger Rentnern, aber die werden meist in eine Lebensversicherung integriert, um Administrations- und Risikokosten zu sparen. Die APK war zu gross für eine solche Integration in eine Lebensversicherung.
Gemäss Berechnungen hat die APK im Jahr 2073 nur noch einen Rentner (siehe Grafik). Dass das noch so lange dauert, liegt nicht an der übermässigen Langlebigkeit der Swissair-Rentner. Sondern bei der Kasse sind auch Invalide und Hinterlassene versichert, die schon in relativ jungem Alter Renten von der Pensionskasse beziehen. Als Beispiel: Wenn ein Swissair-Lehrling im Jahr 2000 im Alter von 16 Jahren invalid wurde, wäre er im Jahr 2073 genau 89 Jahre alt.
Heute beträgt der Deckungsgrad der APK 124,4 Prozent. Das heisst, wenn alles wie berechnet läuft, kann die APK alle geplanten Renten ausbezahlen, bis der letzte Rentner stirbt. Dann bleiben immer noch 24,4 Prozent des Kapitals übrig, das die Kasse derzeit hat. Aktuell verfügt die APK über ein Kapital von 1,7 Milliarden Franken, 24,4 Prozent davon wären rund 400 Millionen Franken.
Vorsichtig kalkuliert
Die APK ist nach dem Grounding der Swissair im Jahr 2001 entstanden. Sie wurde in einer Teilliquidation als eigenständige Gesellschaft aus der SAirGroup herausgelöst. Die Rentengelder waren gesetzlich vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt, fielen also nicht in die Konkursmasse.
Weil die APK schon damals einen Deckungsgrad von über 100 Prozent hatte, mussten die Überschüsse zwischen Erwerbstätigen und Rentnern verteilt werden. Dabei wurde den Rentnern eine Sicherheitsmarge zugesprochen. Mindestens drei Experten wurden nach ihrer Meinung gefragt, wie die Überschüsse verteilt werden sollten. Trotzdem gab es im Nachgang sowohl unzufriedene Rentner wie auch Erwerbstätige, die Klagen einreichten.
Im Jahr 2005 beurteilten der Rechtsanwalt Hermann Walser und der Versicherungsfachmann Claude Chuard den Fall noch einmal als unabhängige Experten. Dabei erachteten sie den Deckungsgrad von 118 Prozent als fair, was anschliessend auch von den Gerichten bestätigt wurde. Beide Experten bewerten ihren Entscheid von damals auch heute noch als richtig.
Keine Muttergesellschaft, die helfen könnte
Der relativ hohe Deckungsgrad der Rentnerkasse wird damit begründet, dass die APK ja nicht mehr über eine Muttergesellschaft verfügt, die helfen könnte, würde die Pensionskasse in Schwierigkeiten kommen. Auch Erwerbstätige hat die APK nicht mehr, die allfällige finanzielle Engpässe mit höheren Beiträgen ausgleichen könnten. Es gibt ja nur noch Rentner, die Kapital beziehen.
«Die APK war schon vor der Teilliquidation gut dotiert», sagt Peter Zanella (60), Pensionskassenexperte beim internationalen Finanzdienstleistungsunternehmen Willis Towers Watson. Bereits um das Millennium herum lag der Deckungsgrad der APK bei 115 Prozent.
Bei der APK selber wollte niemand öffentlich Stellung nehmen. Klar ist aber, dass die Verantwortlichen die Extrazahlungen an die Rentner künftig sogar noch erhöhen müssen, damit am Schluss nicht ein Millionenvermögen übrig bleibt. Die ehemaligen Swissair-Angestellten können sich auf finanzielle Höhenflüge freuen.
Das Geld, das nach Auszahlung der Renten übrig bleibt, würde am Schluss tatsächlich den letzten Rentnern der APK gehören – im Extremfall dem letzten Rentner, der sich über 400 Millionen Franken freuen könnte.
Es gibt viele Wege, wie BLICK zu interessanten Geschichten kommt. Manchmal spielt der Zufall eine Rolle, manchmal passiert es an Orten, wo man es nicht erwarten würde. So war es auch beim Luxusproblem der Swissair-Pensionskasse.
Vor dem Zürcher Obergericht brachte im vergangenen Dezember eine pensionierte Swissair-Stewardess die Richter aus dem Konzept. Die 74-Jährige war angeklagt, ihren italienischen Nachbarn als «Drecks-Tschingg» tituliert zu haben.
Als der Gerichtspräsident die Rentnerin nach ihrem Einkommen befragt, meint die Frau, dies sei verschieden. Teils bekäme sie die zwei- bis dreifache Rente. In der Swissair-Pensionskasse sei zu viel Geld, da immer mehr Pensionierte wegsterben würden.
«Haben Sie denn dieses Jahr die Rente schon erhalten?», fragte der Richter nach. Ihre Antwort: «Ja, die siebenfache Rente», was das Gericht einigermassen ratlos zurückliess. BLICK horchte auf – und ging der Sache nach. Bis die Hintergründe geklärt waren.
Übrigens: Auch Tipps von unseren Leserinnen und Lesern gehen wir gern nach. Nachricht per WhatsApp an 079 813 80 41 oder Mail an redaktion@blick.ch
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Vor dem Zürcher Obergericht brachte im vergangenen Dezember eine pensionierte Swissair-Stewardess die Richter aus dem Konzept. Die 74-Jährige war angeklagt, ihren italienischen Nachbarn als «Drecks-Tschingg» tituliert zu haben.
Als der Gerichtspräsident die Rentnerin nach ihrem Einkommen befragt, meint die Frau, dies sei verschieden. Teils bekäme sie die zwei- bis dreifache Rente. In der Swissair-Pensionskasse sei zu viel Geld, da immer mehr Pensionierte wegsterben würden.
«Haben Sie denn dieses Jahr die Rente schon erhalten?», fragte der Richter nach. Ihre Antwort: «Ja, die siebenfache Rente», was das Gericht einigermassen ratlos zurückliess. BLICK horchte auf – und ging der Sache nach. Bis die Hintergründe geklärt waren.
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