Ehemalige Swissair-Stewardess verurteilt
Sie beschimpfte ihren Nachbarn als «Drecks-Tschingg»

Rentnerin Claudia T.* (74) beleidigte ihren italienischen Nachbarn Giovanni (61) mit «Drecks-Tschingg». Dazu fotografierte die ehemalige Swissair-Hostess den Nachbarn in seinen vier Wänden.
Publiziert: 12.12.2017 um 22:02 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:37 Uhr
Die Zürcher Ex-Swissair-Hostess machte ihren Nachbarn das Leben schwer und wurde verurteilt.
Foto: Blick
Viktor Dammann

Eine solche Nachbarin wünscht man niemandem. Rentnerin Claudia T.* (74) stand gestern vor Gericht, weil sie ihren italienischen Nachbarn Giovanni K.* (61) und dessen Tochter Domenica (31) als «Drecks-Tschingg» bezeichnete. Zudem fotografierte die einstige Swissair-Hostess ihn in seinem Heim.

Dabei habe sich die Beschuldigte jeweils an die Gartenmauer und über diese hinaus gelehnt, um die Fotos machen zu können, schrieb die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift.

Vater als «fett» beleidigt

Tatort: Eine Reihenhaussiedlung in einer Gemeinde im Zürcher Oberland. Der Italiener hielt sich an einem warmen Junitag 2014 in seinem Garten auf, als Claudia T. auf ihrem angrenzenden Grundstück auftauchte. «Lueg dich mal ah wiä fett du bisch», habe die Nachbarin ihren Vater beleidigt, schilderte seine Tochter später der Staatsanwältin. «Sau-Tschingg», es hat hier keinen Platz für dich, habe sie zu ihm gesagt.

Zudem habe ihn die Nachbarin auch im Garten und sogar in seiner Wohnstube fotografiert, klagt Giovanni. Einmal sei er schon um fünf Uhr morgens beim Einschalten der Kaffeemaschine geknipst worden. Er wisse nicht mehr, ob er noch in den Unterhosen gewesen sei.

Jedenfalls lasse er seitdem die Storen unten und gehe auch nicht mehr in den Garten eine Zigarette rauchen. Er fühle sich beobachtet. «Wenn ich nach draussen gehe, geht sie auch hinaus.»

Verfolgungsjagd um den Kreisel

Nicht nur der Vater wurde beleidigt und belästigt. Domenica und ihr Freund sagten der Polizei, einmal habe die 74-Jährige sie mit dem Auto verfolgt, als sie zum Einkaufen fahren wollten. Als sie die Nachbarin bemerkten, hätten sie versucht, Claudia T. mit dem zweimaligen Befahren eines Kreisels und mit dem Ein- und Ausfahren in einer Tiefgarage abzuschütteln. Schliesslich seien sie eingeschüchtert wieder nach Hause gefahren.

Schlussendlich kam es im April 2016 zu einem weiteren Rencontre. Als das Paar in der Nähe des Hauses des Vaters auf einem Trottoir spazierte, sei ihnen Claudia T. in ihrem Citröen auf dem Trottoir entgegengefahren. Dabei streifte sie den Mann mit dem Seitenspiegel. Statt sich zu entschuldigen, beschimpfte sie ihn mit «Drecks-Tschingg».

Laute Musik und «alte Schachtel»

Die Nachbarin führte aus, sie sei mit der lauten Musik provoziert und mit «alti Schachtle» betitelt worden. An ihre Schimpfworte könne sie sich beim besten Willen nicht erinnern. Sie habe ihm «sicherlich keine Liebeserklärung gemacht». Fotografiert hätte sie bloss eine unverschlossene Abfalltonne, bei der sie Mäuse und Ratten gesehen habe. Zudem wollte sie kontrollieren, ob der Italiener unbehandeltes Holz verbrenne.

Das Bezirksgericht Hinwil ZH bestrafte die Ex-Swissair-Flight-Attendant im vergangenen März wegen mehrfacher Beschimpfung, Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte, versuchter Körperverletzung und Verkehrsregelverletzung mit einer bedingten Geldstrafe von 13'500 Franken und 500 Franken Busse. Zudem sprachen sie Giovanni K. eine Genugtuung von dreihundert Franken zu.

«Spielte sich als Polizistin auf»

Das Gericht fand deutliche Worte: «Die Beschuldigte spielte sich als Polizistin auf, was ihr schlicht nicht zusteht.» Heute vor dem Zürcher Obergericht bestritt die streitbare Rentnerin alle Vorwürfe und verlangte einen Freispruch.

In ihrem Schlusswort gab Claudia T. ihrem in derselben Siedlung wohnenden Ex-Ehemann die Schuld. «Er hat die Nachbarn gegen mich aufgehetzt.»

Zum Vorfall auf dem Trottoir behauptete die Beschuldigte, der Freund von Domenica K. habe ihr beim Vorbeifahren mit der Faust den Seitenspiegel heruntergeschlagen. Erst dann sei sie mit zwei Rädern aufs Trottoir gefahren. «Ich fragte ihn, ob er vom Affen gebissen sei.»

Fotoapparat gegen Überwachungskameras

Diese Version war für das Obergericht jedoch «lebensfremd». Trotzdem sprachen sie die Rentnerin vom Vorwurf der vorsätzlichen versuchten Körperverletzung frei. Einen Teilfreispruch gab es auch bei der Dauer des verbotenen Fotografierens. Doch die Richter zweifelten nicht, dass die ehemalige Hostess zum Fotoapparat gegriffen hatte.

Der Italiener hatte sein Haus mit Überwachungskameras bestückt. Bei der Auswertung der Videos war die Rentnerin einmal zu sehen, wie sie das Haus ihres Nachbarn Giovanni im Visier hatte.

Das Obergericht korrigierte die bedingte Geldstrafe von 13’500 auf 7600 Franken. Dazu wurden 500 Franken Busse wegen Nichtbeherrschen des Fahrzeugs und die 300 Franken Genugtuung bestätigt. Claudia T. kann das Verdikt noch ans Bundesgericht weiterziehen.

* Alle Namen geändert

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