Eigentlich sollte die Welt dieser Tage Grosses über Marc Faber (71) denken. Morgen Donnerstag vor genau 30 Jahren ereignete sich einer der grössten Börsen-Crashs der Geschichte. Faber sah den Crash voraus. Seitdem ist er weltweit als Dr. Doom (dt. Verderben) bekannt.
In den Schlagzeilen wird Faber im Moment aber nicht gefeiert – im Gegenteil. Mit der Oktober-Ausgabe seines bekannten Investoren-Newsletters «Gloom, Boom and Doom» hat er einen Rassismus-Skandal ausgelöst.
«Gott sei Dank haben weisse Menschen Amerika bevölkert und nicht die Schwarzen», schreibt der Zürcher, wie die «Financial Times» gestern bekannt machte (Stelle im Screenshot unten rot markiert). «Ansonsten sähen die USA jetzt aus wie Simbabwe, was eines Tages zwar sowieso passieren könnte. So aber hätte Amerika wenigstens 200 Jahre auf der ökonomischen und politischen Sonnenseite unter einer weissen Mehrheit geniessen dürfen.» Weltweit löste er damit Empörung aus (BLICK berichtete).
Faber setzt noch einen drauf
BLICK erreichte ihn heute Mittag in seinem Haus in Chiang Mai (Thailand) am Telefon. Faber wirkt relaxt, schuld seien die anderen.
«Ich habe diese weltweite Empörung nicht erwartet.» Doch jetzt, wo er genauer darüber nachdenke, überrasche es ihn überhaupt nicht. «Die Amerikaner wollen immer der ganzen Welt erklären, was rassistisch ist und was nicht. Dabei haben sie eine schlimme Vergangenheit mit der Sklaverei – wir Schweizer dagegen nicht.» Wer ihn jetzt als Rassisten verurteile, mache es sich zu einfach.
Auf das Argument, dass er Schwarze mit seiner Aussage als minderwertig darstelle, reagiert Faber verständnislos: «Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Tochter. Sie kommt eines Tages mit einem Schwarzen heim und sagt, sie wolle ihn heiraten. Wenn Sie ihn umarmen, sind Sie kein Rassist. Wenn nicht, dann schon.»
Sprechen Sie aus Erfahrung? «Nein. Aber wissen Sie: Sehr viele Freunde, auch Schwarze, haben mir geschrieben, dass ich recht habe.»
Liegt es an der Hautfarbe der Bewohner, dass Afrika wirtschaftlich weniger stark und politisch noch chaotischer als die USA ist? «Das weiss ich nicht, das ist ein anderes Thema. Ich habe den kontroversen Newsletter-Abschnitt über die Lage in den USA geschrieben. Es ging um die Frage, ob es in Ordnung ist, Südstaaten-Statuen abzureissen.»
Faber meint damit das Niederreissen von Statuen aus dem amerikanischen Bürgerkrieg zu Ehren von Südstaatlern. Diese kämpften in den 1860er-Jahren unter anderem für ihr Recht, Sklaven zu halten, gegen die Nordstaaten.
Dann sagt Faber, er habe nun keine Zeit mehr, und legt den Hörer auf.
«Scheinheilige Linke»
Ob dieses letzte Argument jedoch wirklich zu Fabers Entlastung beiträgt?
Aus dem Englischen übersetzt lautet der Abschnitt (grün markiert im Screenshot unten) wie folgt: «Ich kann es nicht unterlassen zu erwähnen, wie scheinheilige Linke die Taliban kritisierten, als diese die beiden grössten Buddha-Statuen der Welt in die Luft jagten. Diese standen am Fusse des Hindukusch-Gebirges in Zentral-Afghanistan. Aber genau die gleichen Leute stören sich jetzt an Statuen von ehrenwerten Leuten, deren einziges Verbrechen es war, das Gleiche zu tun, das verschiedene Gesellschaften während mehr als 5000 Jahren getan hatten.»
Marc Faber hat auf 24 kurzen Zeilen mordende Taliban mit Sklaverei-Kritikern gleichgestellt, Schwarze als Weissen unterlegen dargestellt. Die Quittung dafür erhielt er sofort: Er verlor Mandate, TV-Sender stellten ihn kalt. Es wirkt so, als erleide Dr. Doom 30 Jahre nach seinem grossen Coup selbst einen gröberen Crash.