Vor der Stadt Zürich entsteht ein neues Quartier für Tausende Menschen. An der Grenze zwischen Wallisellen ZH und Dübendorf ZH, wo vor 20 Jahren noch alte Fabriken standen und Gemüse angepflanzt worden ist, werden Hunderte Wohnungen gebaut. Eines der grössten Projekte dort ist das Waldhaus Neuguet. Und da gehts von Anfang an drunter und drüber.
Hochgezogen wird dieser Gebäudekomplex mit einem Hotel und 100 Wohnungen vom Generalunternehmer Steiner AG. Entwickelt hat es der Bauriese Halter. Die Arbeit verrichten Dutzende kleine Subunternehmer. Einer davon ist Felix Räbsamen (29). Er ist Schreiner, Holzbauingenieur und Eigentümer der Schreinerei Bau- und Holzwerker AG. Und: Er ist so richtig sauer.
Kollegen stehen kurz vor der Pleite
Räbsamen wartet seit Monaten auf sein Geld. Die Löhne seiner 13 Angestellten und der drei Lehrlinge sowie die Rechnungen seiner Lieferanten muss er dennoch bezahlen. Weil er sonst keine Scherereien mit Auftraggebern hat, kann er das. Er weiss aber von Handwerker-Kollegen, die kurz vor der Pleite stehen. Weil auch ihre Forderungen an die Steiner AG nicht beglichen werden!
Vorwürfe gegen Steiner AG
Am 29. August 2018 war Räbsamens Welt noch in Ordnung. Der Schreiner unterzeichnet den Vertrag. Er soll auf 66 Balkonen massive Holzschränke einbauen. Für total 185'000 Franken. Das Geld sei nicht der Grund gewesen, den Auftrag anzunehmen, betont er heute. «Steiner ist ein grosser Name in der Branche. Ich erhoffte mir lukrative Folgeaufträge», sagt er im Büro seiner Schreinerei in Zürich-Albisrieden, wo er BLICK zum Gespräch empfängt. Vor ihm Dutzende von Verträgen, Briefen, Gesprächsnotizen und Baupläne.
«Überall lag Gerümpel herum»
Der Ärger beginnt bereits am ersten Tag auf der Baustelle. Die Arbeiter wollen sofort loslegen. Unmöglich. «Überall lag Gerümpel von anderen Handwerkern herum», berichtet Räbsamen. Auf den Böden ist alles voller Kies, weil gleichzeitig Platten verlegt werden. Der Schreiner zückt das Handy und macht Beweisfotos. Sie liegen BLICK vor.
Seine Angestellten müssen erst alles wegräumen. Das dauert. Die Schreiner sind in Verzug, noch ehe sie das erste Brett montiert haben. Dabei sind die Zeitpläne sowieso schon knapp kalkuliert, um möglichst schnell bauen zu können und die Kosten tief zu halten. Räbsamen stellt der Steiner AG den zusätzlichen Aufwand in Rechnung.
Doch nicht nur auf der Baustelle herrscht ein Durcheinander. Auch die Pläne sind widersprüchlich. Räbsamen trifft auf Rohre, die nicht eingezeichnet waren. Oder auf Bleche von Lüftungsrohren. Das erschwert seine Arbeit. Die Schreiner müssen die vorgefertigten Elemente anpassen. Was wiederum Zeit kostet, die nicht eingeplant ist.
Schreiner stellt Überstunden in Rechnung
Dann eskaliert die Situation. Räbsamen gerät zeitlich immer mehr in Rückstand. Er stellt Steiner die Überstunden in Rechnung. Da stoppt der Generalunternehmer seine Zahlungen. Über 300'000 Franken haben sich da laut Räbsamen bereits angehäuft. Seine Bemühungen, mit der Steiner AG Kontakt aufzunehmen, laufen ins Leere.
Erst auf eingeschriebene Briefe antwortet das Unternehmen. Steiner weist die Vorwürfe zurück. Räbsamen würde nur reklamieren, um seine eigene Verspätung zu vertuschen. «Verzögerungstaktik» nennt das die Steiner AG in einem Brief, der BLICK vorliegt.
Damit nicht genug: Räbsamens Angestellte hätten verschiedene Schäden an den Decken verursacht. «Die Kosten für die Mängelbehebung belaufen sich auf 300'000 Franken, die wir Ihnen in Rechnung stellen», schreibt Steiner. Beweise legt er laut Räbsamen allerdings nicht vor.
Der Schreiner nimmt sich eine Anwältin. Diese mahnt Steiner ab. Ohne Erfolg. Da wird es Räbsamen zu bunt. «Wenn ihr nicht zahlt, dann komme ich nicht mehr», droht er Steiner. Auch das bringt nichts. Räbsamen stoppt die Arbeiten und zieht seine Leute ab. Einen Tag später schon erscheint ein neuer Schreiner auf der Baustelle. Räbsamen betreibt Steiner – wie vier weitere Firmen auch. Steiner erhebt Rechtsvorschlag.
Räbsamen bleibt nur noch ein Ausweg. Auf 45 Wohnungen, in denen seine Angestellten die Balkonschränke bereits eingebaut haben, lässt er ein Handwerkerpfandrecht eintragen. Die Folge: Zahlt Steiner den Handwerker nicht, müssen dies die Eigentümer tun.
«Leider keiner konstruktiven Lösung zugestimmt»
BLICK hat die Steiner AG mit den zentralen Vorwürfen konfrontiert. «Die Bau- und Holzwerker AG war mit der Grössenordnung und Komplexität des Schrankprojekts offensichtlich überfordert», sagt Sprecher Andreas Gurtner. Es sei Sache des Unternehmers, vor Ort die finalen Abmessungen abzuklären und in den Montageablauf einfliessen zu lassen.
«Wir haben stets versucht, das Gespräch zu suchen und eine einvernehmliche Lösung zu finden», sagt er. Die Arbeiten der Bau- und Holzwerker AG hätten zu massiven Schäden an mehreren Decken geführt. Deshalb habe man die Zahlungen gestoppt. Ob und wann die Ausstände bezahlt werden, beantwortet Steiner nicht.
Man sei aber bereit gewesen, für Erschwernisse wegen der Bleche und Rohre zusätzlich 88'000 Franken zu zahlen. «Leider hat die Bau- und Holzwerker AG keiner konstruktiven Lösung zugestimmt», so der Sprecher. Zudem verlange die Firma mindestens 200'000 Franken mehr, als ihr zustehe.
Warum nimmt Schreiner Räbsamen nicht wenigstens die 88'000 Franken? «Ich will den gesamten Betrag, der mir zusteht», sagt er. Zudem habe Steiner keinen konkreten Zeitpunkt für die Zahlung nennen können.
Die Gross-Baustelle auf dem Zwicky-Areal in Wallisellen ZH ist seit Monaten Thema in den regionalen Medien. Von Baupfusch ist da zu lesen, von Problemen mit dem Brandschutz oder von Verspätungen, von Missmanagement und schlechter Planung. Dutzende Käufer mussten monatelang in Hotels hausen, weil ihre Wohnungen noch nicht bezugsbereit waren. Noch immer sind im Waldhaus Neuguet erst drei der vier Wohntürme bezogen worden. 100 Wohnungen sind im Bau, prominent gelegen. Gut an den öffentlichen Verkehr angebunden, in der Nähe des Glattzentrums und der Autobahn A1. 20 Minuten vom Flughafen Zürich entfernt. Alle Eigentumswohnungen sind längst verkauft. Zu Preisen zwischen 640'000 Franken und 1,85 Millionen. Die untersten vier Etagen belegt das Hotel Harry's Home mit 123 Zimmern und Appartements. Patrik Berger
Die Gross-Baustelle auf dem Zwicky-Areal in Wallisellen ZH ist seit Monaten Thema in den regionalen Medien. Von Baupfusch ist da zu lesen, von Problemen mit dem Brandschutz oder von Verspätungen, von Missmanagement und schlechter Planung. Dutzende Käufer mussten monatelang in Hotels hausen, weil ihre Wohnungen noch nicht bezugsbereit waren. Noch immer sind im Waldhaus Neuguet erst drei der vier Wohntürme bezogen worden. 100 Wohnungen sind im Bau, prominent gelegen. Gut an den öffentlichen Verkehr angebunden, in der Nähe des Glattzentrums und der Autobahn A1. 20 Minuten vom Flughafen Zürich entfernt. Alle Eigentumswohnungen sind längst verkauft. Zu Preisen zwischen 640'000 Franken und 1,85 Millionen. Die untersten vier Etagen belegt das Hotel Harry's Home mit 123 Zimmern und Appartements. Patrik Berger