«Ich spüre den Schleifpunkt nicht»
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Albtraum Gangschaltung:«Ich spüre den Schleifpunkt nicht»

Automaten-Fahrer dürfen bald geschaltete Autos lenken
«Das wird Tote geben!»

Trotz massiver Kritik aus verschiedenen Ecken hat der Bundesrat beschlossen, den Automateneintrag abzuschaffen. Folge: Wer die Autoprüfung auf dem Automat gemacht hat, darf bald auch einen Geschalteten fahren.
Publiziert: 28.12.2018 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2018 um 07:50 Uhr
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Ist verärgert über den Bundesrats-Entscheid: der Zürcher Fahrlehrer Claude Truffer.
Foto: Siggi Bucher
Konrad Staehelin
Konrad StaehelinWirtschafts-Redaktor

Die Schweiz muss sich auf Hupkonzerte einstellen. Denn ab 1. Februar 2019 würgen wohl mehr Leute den Motor an Ampeln ab als zuvor. Der Bundesrat hat vorletzte Woche seine Beschlüsse zur Revision der Fahrausweisvorschriften, genannt Opera 3, bekannt gegeben. Ein bisher kaum diskutierter Aspekt: Schon in 35 Tagen soll der Automateneintrag fallen. Diesen haben bisher jene ins Billett gesetzt bekommen, die die Fahrprüfung auf einem Auto mit Automatikgetriebe gemacht hatten. Damit war klar, dass sie keinen handgeschalteten Wagen fahren dürfen.

Ab Februar dürfen auch Neulenker, die nie zuvor einen Handgeschalteten gefahren sind, einen solchen lenken. Wer einen Automateneintrag aus der alten Regelung im Ausweis hat, kann ihn beim Strassenverkehrsamt entfernen lassen. Er muss nur nachweisen, dass ihn keine gesundheitlichen Probleme daran hindern, einen Geschalteten zu fahren. 

Das Ganze ist fix, weil es der Bundesrat per Verordnung bestimmt hat.

«Wird Menschenleben kosten»

Rolf Portmann (66), Jurist und Präsident der IG WAB, der Interessengemeinschaft der Anbieter der Wiederholungskurse, kritisiert die neue Regelung: «Dieser Teil der Verordnungsänderung ist leichtfertig, er wird Menschenleben kosten.»

Erstens werde es vorkommen, dass Personen mit geschalteten Autos andere gefährdeten, weil sie damit keine Erfahrung haben, sagt Portmann. Zweitens brauche ein Fahrschüler im geschalteten Wagen im Schnitt rund zehn Fahrstunden, um mit dem Auto zurechtzukommen. «Dabei lernt er schon viel über den Verkehr und darüber, wie sich Autos bewegen. Das fällt jetzt weg.»

Auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung Bfu befürchtet, dass die Abschaffung des Automateneintrags das Unfallrisiko erhöhen werde.

Schon als das Bundesamt für Strassen Astra – Chefin ist noch bis Ende Jahr die abtretende Bundesrätin Doris Leuthard (55) – diese Idee im Sommer 2017 aufgebracht hatte, warnte BLICK vor Chaos auf den Strassen. In der folgenden Vernehmlassung fielen 82 Stellungnahmen zum Automatenartikel negativ aus, nur 25 positiv. Trotzdem hat der Bundesrat seinen Willen durchgesetzt.

Der Anteil der Automaten am Schweizer Fuhrpark steigt – aber bloss langsam.
Foto: Infografik

Leuthard will damit E-Mobilität fördern

Warum? Die Unterschiede zwischen den einzelnen Automarken und Fahrzeugklassen seien heute so gross, dass die Getriebeart kaum mehr ins Gewicht falle, begründet ein Astra-Sprecher die Anfrage. 

«Diese Begründung kann ich nicht ernst nehmen», sagt Portmann. «Jeder, der schon beide Systeme gefahren ist, kennt die riesigen Unterschiede.»

Das Astra hat aber noch eine andere Hoffnung. Die Massnahme soll ein Anreiz sein, sich nur noch auf dem Automaten ausbilden zu lassen. Sie dürfte erfolgreich sein – wer will nicht zehn Fahrstunden einsparen? Der Astra-Sprecher: «Wir rechnen damit, dass dann mehr Fahrschulen auch reine Elektrofahrzeuge einsetzen, so dass die Junglenkenden bereits früh mit der Elektromobilität in Berührung kommen.»

Vier Tage nach der Präsentation der Fahrausbildungsreform stellte Tesla-Fahrerin Leuthard am Dienstag vergangener Woche ein grosses Paket zur Unterstützung der E-Mobilität vor. Ein Teil auch hiervon: die Streichung des Automateneintrags.

«Zu früh»

«An sich haben wir mit dem Automateneintrag kein Problem. Es ist schliesslich nur eine Frage der Zeit, bis Automaten die grosse Mehrheit sind», sagt Daniel Menzi (43), Geschäftsführer des Schweizerischen Fahrlehrerverbands SFV. Noch ist es allerdings nicht so weit: Der Anteil der Automaten in der Schweiz lag 2017 bei einem Viertel, jeder dritte neu zugelassene Wagen ist ein Automat. Darum sagt Menzi: «Die Verordnungsänderung kommt zu früh – es sind noch zu viele Geschaltete auf den Strassen.»

Das sind die wichtigsten Punkte der Fahrausbildungs-Reform

Nur noch ein Weiterausbildungs-KursBisher mussten Neulenker innert dreier Jahre nach der praktischen Prüfung zwei Weiterausbildungs-Kurse an je einem Tag besuchen. Ab 2020 müssen Neulenker nur noch einen Tag im Jahr nach der Prüfung absolvieren. Der Fahrlehrerverband: «In jedem Berufsfeld wird für mehr Sicherheit mehr ausgebildet. Nur im Strassenverkehr, wo es um Leben und Tod geht, wird trotz steigender Komplexität des Systems weniger ausgebildet.»

Lernfahrten ab 17: Wer die theoretische Prüfung macht, bevor er 20 ist, muss ab 2021 mindestens ein Jahr auf die praktische warten. Dies, um mit dem Lernfahrausweis und einem Beifahrer Erfahrungen zu sammeln. Damit man die praktische Prüfung trotzdem mit 18 machen kann, kann die Theorieprüfung schon mit 17 abgelegt werden. Auch damit ist der Fahrlehrerverband nicht einverstanden: Das eine Jahr werde einfach verstreichen. Vorgaben und Anreize, die Junglenker besser auszubilden als bisher, sind keine vorgesehen.

Unbefristete Gültigkeit: Aktuell sind der Verkehrskundeunterricht und die theoretische Prüfung nur zwei Jahre gültig – dann muss die praktische Prüfung abgelegt werden. Ab 2021 sind sie unbegrenzt gültig.

Papierausweis für die Tonne: Weil die alten blauen Fahrausweise aus Papier andere Kategorien ausweisen als die modernen Plastikchärtli, verursachen sie dem Bund hohe Kosten in den Datensystemen. Sie müssen bis 2024 eingetauscht werden. 

Töff-Harmonisierung: Die schweizerischen Motorrad-Kategorien werden auf 2021 mit jenen der EU harmonisiert. Heisst unter anderem: Dann dürfen sich schon 16-Jährige auf Töffs der 125er-Klasse setzen. Heute liegt die Altersgrenze bei 18 Jahren. 

Nicht mehr direkt in die unbeschränkte Kategorie A: Töfffahrer, die in die unbeschränkte Kategorie A aufsteigen wollen, müssen ab 2021 zuerst mindestens zwei Jahre lang eine Maschine fahren, die auf 35 kW beschränkt ist. Aktuell ist noch ein Direkteinstieg möglich.

Nur noch ein Weiterausbildungs-KursBisher mussten Neulenker innert dreier Jahre nach der praktischen Prüfung zwei Weiterausbildungs-Kurse an je einem Tag besuchen. Ab 2020 müssen Neulenker nur noch einen Tag im Jahr nach der Prüfung absolvieren. Der Fahrlehrerverband: «In jedem Berufsfeld wird für mehr Sicherheit mehr ausgebildet. Nur im Strassenverkehr, wo es um Leben und Tod geht, wird trotz steigender Komplexität des Systems weniger ausgebildet.»

Lernfahrten ab 17: Wer die theoretische Prüfung macht, bevor er 20 ist, muss ab 2021 mindestens ein Jahr auf die praktische warten. Dies, um mit dem Lernfahrausweis und einem Beifahrer Erfahrungen zu sammeln. Damit man die praktische Prüfung trotzdem mit 18 machen kann, kann die Theorieprüfung schon mit 17 abgelegt werden. Auch damit ist der Fahrlehrerverband nicht einverstanden: Das eine Jahr werde einfach verstreichen. Vorgaben und Anreize, die Junglenker besser auszubilden als bisher, sind keine vorgesehen.

Unbefristete Gültigkeit: Aktuell sind der Verkehrskundeunterricht und die theoretische Prüfung nur zwei Jahre gültig – dann muss die praktische Prüfung abgelegt werden. Ab 2021 sind sie unbegrenzt gültig.

Papierausweis für die Tonne: Weil die alten blauen Fahrausweise aus Papier andere Kategorien ausweisen als die modernen Plastikchärtli, verursachen sie dem Bund hohe Kosten in den Datensystemen. Sie müssen bis 2024 eingetauscht werden. 

Töff-Harmonisierung: Die schweizerischen Motorrad-Kategorien werden auf 2021 mit jenen der EU harmonisiert. Heisst unter anderem: Dann dürfen sich schon 16-Jährige auf Töffs der 125er-Klasse setzen. Heute liegt die Altersgrenze bei 18 Jahren. 

Nicht mehr direkt in die unbeschränkte Kategorie A: Töfffahrer, die in die unbeschränkte Kategorie A aufsteigen wollen, müssen ab 2021 zuerst mindestens zwei Jahre lang eine Maschine fahren, die auf 35 kW beschränkt ist. Aktuell ist noch ein Direkteinstieg möglich.

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