OVS-Chef Stefano Beraldo (62) hatte grosse Pläne mit den 147 kriselnden Charles-Vögele-Filialen, die seine italienische Modekette Ende 2016 übernommen hatte. «Ich will 150 bis 200 Jobs schaffen», versprach er gegenüber BLICK. Davon kann keine Rede mehr sein.
Die Lage der Charles Vögele-Nachfolgegesellschaft hat sich dramatisch zugespitzt. Die Sempione Fashion AG, hinter der die italienische OVS-Gruppe und zwei weitere Aktionäre stehen, leidet unter einem finanziellen Engpass. «Trotz umfangreicher Anstrengungen, Sparmassnahmen und Investitionen konnte die Gesellschaft bisher keine profitable Basis für ihr Schweizer Geschäft erreichen», teilt Sempione Fashion mit.
Die 1150 Schweizer Angestellten haben die Schreckensmeldung am Mittwochabend erhalten.
Trotz des Umbaus von über 140 Schweizer Filialen im zweiten Halbjahr 2017 sowie der Einführung von OVS in der Schweiz konnte sich die Marke bisher nicht wie geplant im Markt positionieren. «Die anhaltend ungenügenden Umsätze haben zu massiven finanziellen Engpässen geführt», so Sempione Fashion weiter.
«Und das, obwohl wir 40 Millionen Franken in den Umbau der Läden und in die Werbung investiert haben», sagt ein Sprecher zu BLICK. Man habe mit den Vermietern gesprochen und tiefere Mieten aushandeln wollen. «Aber wir mussten einsehen, dass es nicht reicht.» Bereits zuvor hatten die Italiener beim Personal den Rotstift angesetzt und am Hauptsitz in Pfäffikon SZ fast 300 Angestellte entlassen.
Waren werden liquidiert
Angesichts dieser Umstände habe der Verwaltungsrat entschieden, am 28. Mai beim zuständigen Bezirksgericht Höfe im Kanton Schwyz ein Gesuch um Nachlassstundung einzureichen. Das Gericht hat die Nachlassstundung bewilligt.
Ziel der Nachlassstundung sei es, einen Konkurs und damit die sofortige Einstellung des Betriebs zu verhindern. Mit der Nachlassstundung sollen laut Sempione Fashion der operative Betrieb für eine beschränkte Dauer aufrecht erhalten bleiben. «In dieser Zeit soll ein Liquidationsverkauf der Waren durchgeführt werden, um damit das bestmögliche Ergebnis für sämtliche Gläubiger, auch die Mitarbeitenden, zu erzielen.»
Zudem sollen in dieser Phase Verhandlungen geführt werden, um einen Teil der Verkaufsfilialen zu verkaufen. «Anschliessend ist geplant, das restliche Unternehmen geordnet zu liquidieren», teilt Sempione Fashion mit.
Personal hat sich gegen Arbeitsbedingungen gewehrt
Das Aus kommt nicht von ungefähr: Seit die Italiener von OVS am Drücker sind, weht ein eisiger Wind in den 140 ehemaligen Filialen von Charles Vögele. Vor nicht einmal zwei Wochen berichtete BLICK über die Vorwürfe aus den Reihen des Personals.
Die Arbeitsbedingungen hätten sich seit der Übernahme der Charles-Vögele-Filialen massiv verschlechtert, der Druck zugenommen. «Viele Angestellte leisten deshalb vor und nach den Öffnungszeiten der Shops Gratis-Arbeit», liess sich Unia-Gewerkschafter Arnaud Bouverat zitieren. Die Folge: Burnouts und Krankmeldungen.
Weiter hatte OVS bei den im Stundenlohn Angestellten den Rotstift angesetzt. Dagegen wehrten sich fast 175 Angestellte mit einer Petition. Sie forderten OVS dazu auf, sich mit ihnen an den Verhandlungstisch zu setzen. Das Ziel: den Druck vom Verkaufspersonal wegnehmen und die Arbeitsbedingungen verbessern. Diese Petition ist damit hinfällig.