OVS-Verkäuferinnen packen aus
«Alle suchen einen neuen Job»

OVS ist bei der Übernahme von Charles Vögele als Retter aufgetreten. Dieses Image bröckelt nun. Angestellte wehren sich mit einer Petition gegen miese Arbeitsbedingungen und packen gegenüber BLICK aus.
Publiziert: 18.05.2018 um 09:09 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:10 Uhr
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Alles muss raus! Das ist zurzeit das Motto in 60 Schweiz-Filialen von OVS. 50 Prozent auf die ganze Kollektion bietet die italienische Modekette schon jetzt, gut einen Monat vor dem Start des regulären Sommer-Ausverkaufs. Im Bild: OVS-Flagship-Store in Mailand.
Foto: Thomas Meier
Julia Fritsche, Patrik Berger

«Ein familiärer Umgang, geprägt von Nähe und Herzlichkeit, ist uns wichtig» – mit diesem Satz wirbt die italienische Modekette OVS auf ihrer Schweizer Jobseite im Internet. Ein Affront für die Angestellten. Sie spüren statt Herzlichkeit Härte. Seit die Charles-Vögele-Retter um OVS-Chef Stefano Beraldo (61) am Drücker sind, weht ein rauer Wind in den 140 Schweizer Filialen.

Arnaud Bouverat: «OVS spart beim Personal!» Die Arbeitsbedingungen hätten sich seit der Übernahme der Charles-Vögele-Filialen massiv verschlechtert. Der Druck habe zugenommen, berichtet der Unia-Gewerkschafter BLICK. «Viele Angestellte leisten deshalb vor und nach den Öffnungszeiten der Filialen Gratis-Arbeit.» Das habe Folgen: «Burnouts und Krankmeldungen haben zugenommen.»

Davon berichten auch OVS-Angestellte im Gespräch mit BLICK. Nadine P.* ist eine von ihnen. Ihre Vorwürfe: Mitarbeiter dürfen im Stundenlohn nur noch 8 Stunden 30 Minuten pro Tag arbeiten. Halten die Filialen dies nicht ein, dann «gibt es Konsequenzen».

Filialen müssen Winterkleider verkaufen

Dazu kommen Zukunftsängste. Besonders besorgt sind Angestellte in fast der Hälfte der 140 Filialen. 60 Läden müssen aktuell ihr ganzes Sortiment mit 50 Prozent Rabatt verramschen, lautet die Anweisung. 30 dieser Läden triffts noch schlimmer: Laut Mitarbeiterin Lisa M.* müssen sie die ganze Frühsommer-Kollektion einpacken und an andere Filialen abgeben. Die Regal-Lücken müssen mit Ware aus der Winter-Kollektion aufgefüllt werden.

«Kunden haben mich schon gefragt, ob wir schliessen», sagt Lisa M., die wie ihre Kolleginnen aus Angst vor Jobverlust anonym bleiben will. Sie hat die Kunden-Frage an ihre Chefs weitergereicht. Die Frage blieb unbeantwortet. «Genau das ist das Problem. Niemand sagt uns, was läuft», nervt sie sich. 

Stossend auch: Eine weitere Angestellte klagt, dass sie nicht einmal mehr das Recht auf eine Wasserflasche hinter dem Verkaufstresen hätten. Das schreibt die «Tribune de Genève».

Mehr Arbeit für weniger Leute

Die Sorgen der OVS-Mitarbeitenden sind begründet. BLICK weiss: Derzeit besuchen mehrköpfige Delegationen die Vermieter von OVS-Läden. Dort informieren sie die Verantwortlichen, dass die Zentrale in den nächsten Monaten keine Miete mehr bezahlen kann. OVS will weder dazu noch zu den weiteren Vorwürfen Stellung nehmen.

«Alle schauen sich nach einem neuen Job um», fasst Nadine P. die Stimmung bei ihr und ihren Kolleginnen zusammen. Sie seien überarbeitet. «Heute werden bei uns zwei bis drei Mitarbeitende pro Tag eingeteilt, früher waren es vier bis fünf.» Weniger Angestellte, mehr Arbeit! Seit in der Logistik rund 160 Stellen gestrichen wurden, müssten sie auch deren Job machen. «Uns wurde ein Lagerist versprochen. Daraus ist nie was geworden», sagt Lisa M.

Zudem ersetzten mehrere Filialen Mitarbeiter nicht, die gekündigt haben oder entlassen wurden. M.s Verdacht: Es werden keine neuen Mitarbeiter eingestellt, weil Schliessungen anstehen. Es kommt zum Aufstand: Über 175 Angestellte wehren sich. Zusammen mit der Unia schickten sie eine Petition an den Sitz nach Pfäffikon SZ. Sie fordern von OVS, sich mit ihnen an den Verhandlungstisch zu setzen.

 
* Namen der Redaktion bekannt.

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