Virtuelle Influencer
Sie sind nicht aus Fleisch und Blut – und trotzdem Stars

Die neuen Stars in den sozialen Medien sind sogenannte virtuelle Influencer. Ihr Erfolgsrezept ist der Wechsel zwischen der realen Welt und der virtuellen Fantasiewelt.
Publiziert: 09.10.2021 um 17:17 Uhr
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Ihr Instagram-Auftritt sieht aus, wie der einer gewöhnlichen Influencerin: Miquela (19) aus Los Angeles. Hier teilt sie Essens-Inspirationen mit ihren Followern.
Foto: Instagram @lilmiquela
Janina Bauer

2018 nahm das amerikanische Magazin «Time» sie in die Liste der einflussreichsten Menschen im Internet auf. 2019 stand sie mit Supermodel Bella Hadid (24) für eine aufsehenerregende Calvin-Klein-Kampagne vor der Kamera. Und auf Instagram folgen ihr drei Millionen Menschen: Miquela, 19 Jahre alt, aus Los Angeles (USA).

Doch sie ist kein gewöhnliches Mädchen. Sie ist ein Roboter. Zumindest bezeichnet sie sich selbst so. Andere Begriffe für ihre «Spezies» sind: Avatar oder Virtual Influencer. Dabei handelt es sich um virtuelle, künstlich kreierte Personen, die normalerweise auch in einer virtuellen Welt zu Hause sind. Dank neuester Technologie verschwimmen die Grenzen der Welten, in denen sie sich bewegen, jedoch immer mehr. Für den Menschen werden sie so greifbarer. Doch wie funktioniert das?

«Transmediales Storytelling»

Schaut man sich Miquelas Kanäle in den sozialen Medien an, wirkt es, als sei sie eine ganz normale Influencerin: Fotos von Outfits, Rezepte, Magazin-Cover, Selfies mit echten Influencer-Kolleginnen, Unternehmenskooperationen und vieles mehr. Einzig: Sie ist nicht real. Hinter ihr steht die Agentur Brud, ein Team aus echten Menschen. «Transmediales Storytelling» nennt sich ihre Arbeit. Nicole de Ayora ist Chief Content Officer bei Brud. Sie erklärt: «Das Besondere ist, dass wir eine Geschichte in mehreren Formaten erzählen, und zwar gleichzeitig.»

Annika Kessel (38) ist Geschäftsführerin des Schweizer Transmedia-Unternehmens Cosmiq Universe. Aus ihrem Hause stammt der erste Schweizer Avatar: Leya Love, die zurzeit mit dem Lichtkünstler Gerry Hofstetter am Nordpol ist. «Im Vergleich zu menschlichen Influencern haben virtuelle Charaktere einen Vorteil: Sie sind vielseitig erschaffbar und innerhalb von Sekunden an jedem beliebigen Ort der Welt – mit vergleichbar wenig Aufwand», erklärt Kessel. Zum Erfolgsrezept gehört auch, dass sie Dinge können, die der Mensch nicht kann.

«Inspirieren statt influencen»

Hinter Leya Love arbeitet ein 55-köpfiges Team: das Community-Management, das die sozialen Kanäle betreut, die Designer und Konzepter, sowie die technische Betreuung. Gestaltet wurde Love von Künstlern und Leben hauchte ihr ein Team ein, das auch schon bei David Camerons Film «Avatar – Aufbruch nach Pandora» mitwirkte. Ihr Aussehen und ihr Charakter basieren auf Studien, die aufzeigen, welche Gesichts- und Charakterzüge für viele Menschen und Ethnien weltweit übergreifend ansprechend sind.

Im Gegensatz zu den meisten Avataren wie Miquela oder dem ersten digitalen Supermodel Shudu Gram wird Leya Love nicht als Influencerin eingesetzt, die Dinge verkauft – auf ihren Kanälen sind kaum kommerzielle Kooperationen zu finden. Sie ist virtuelle Botschafterin für das #WorldAwarenessMovement. Ihr Ziel ist, mehr Liebe, Bewusstsein und Nachhaltigkeit in die Welt zu bringen. «Inspirieren statt influencen», sagt Kessel.

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