Polizei schiesst auf Demonstranten
Zehntausende protestieren im Sudan - Sieben Tote

In der Hauptstadt des Sudans sind am Sonntag erneut zehntausende Menschen auf die Strasse gegangen. Sie fordern von der Militärregierung die Machtübergabe an eine Zivilregierung.
Publiziert: 01.07.2019 um 01:10 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2019 um 10:49 Uhr
In der sudanesischen Hauptstadt Khartum sind am Sonntag erneut Tausende Demonstranten für die Einsetzung einer Zivilregierung im Land auf die Strasse gegangen.

Nach Angaben der Behörden wurden bei den landesweiten Protesten mindestens sieben Menschen getötet. Zahlreiche Personen seien zudem verletzt worden. Mehrere Schwerverletzte, die von Kugeln der Milizen des Militärrates getroffen worden seien, würden in der Hauptstadt und in den Provinzen in Spitälern behandelt.

Es waren die ersten Massenproteste seit der gewaltsamen Auflösung des zentralen Protestlagers in der Hauptstadt, bei der am 3. Juni dutzende Menschen getötet worden waren. Die hohen Teilnehmerzahlen waren umso erstaunlicher, als der Militärrat seit Wochen den Internetzugang blockiert.

Proteste gegen Militärgewalt

Der sudanesische Berufsverband SPA bezeichnete die Proteste als «monumental und einzigartig». Er hatte die Demonstranten in Khartum im Onlinedienst Twitter aufgerufen, zum Präsidentenpalast zu ziehen, «um Gerechtigkeit für die Märtyrer» vom 3. Juni und «eine bedingungslose Machtübergabe an die Zivilbevölkerung» zu fordern.

Die Polizei setzte Augenzeugen zufolge im Norden und Osten Khartums Tränengas gegen die Demonstranten ein. Die gefürchtete paramilitärische Einheit RSF war mit Maschinengewehren bewaffnet an mehreren Plätzen in Khartum präsent. Er werde keinen «Vandalismus» tolerieren, warnte der Leiter der Einheit, Mohamed Hamdan Dagalo.

Nach Angaben der Militärregierung kamen beim Sturm auf das Lager rund 60 Menschen ums Leben, die Opposition sprach von über 100 Todesopfern.

Nach drei Jahrzehnten an der Macht war der sudanesische Präsident Omar al-Baschir im April von den Streitkräften gestürzt worden. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Seitdem ringen die Militärführung und die Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung. (SDA)

Omar al-Baschir: Wer ist Sudans Langzeitpräsident?

Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.

US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.

Mit Putsch an die Macht

Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren. 

Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»

Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan

Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus. 

Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Abspaltung Südsudans

In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)

30 Jahre lang war Omar al-Baschir Sudans Präsident.

Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.

US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.

Mit Putsch an die Macht

Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren. 

Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»

Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan

Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus. 

Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Abspaltung Südsudans

In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)

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