Brutale Gewalt gegen Demonstranten
Uno-Sicherheitsrat befasst sich mit Krise im Sudan

Der Uno-Sicherheitsrat hat sich am Dienstag (Ortszeit) in New York mit der Krise im Sudan befasst. Bei der Sondersitzung informierte der Uno-Sondergesandte Nicholas Haysom die 15 Mitglieder hinter verschlossenen Türen in New York über die Lage vor Ort.
Publiziert: 05.06.2019 um 00:49 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2019 um 09:47 Uhr
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Der Uno-Sicherheitsrat hat am Dienstag zur Krise im Sudan getagt. (Archivbild)

Der deutsche Uno-Botschafter Christoph Heusgen zeigte sich zum Beispiel sehr besorgt über die Gewalt im Sudan. «Legitimität kann nicht mit Waffen erzeugt werden», sagte er. Heusgen rief zudem die Konfliktparteien in dem afrikanischen Staat auf, umgehend an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Kritik an Gewalt gegen Demonstranten

Der deutsche Spitzendiplomat kritisierte obendrein die Ankündigung des sudanesischen Militärrats, Wahlen binnen neun Monaten anzusetzen. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, sagte Heusgen. Es sei undemokratisch, zum jetzigen Zeitpunkt Wahlen anzusetzen.

Acht derzeitige und frühere EU-Mitglieder im Uno-Sicherheitsrat verurteilten später ausserdem in einer gemeinsamen Erklärung die Gewalt von Sicherheitskräften gegen Zivilisten im Sudan. «Diese Angriffe gefährden den wichtigen Übergangsprozess», hiess es in der am Dienstagabend (Ortszeit) in New York vorgelegten Papier. Die Erklärung fordert obendrein ein sofortiges Ende der Gewalt.

Keine gemeinsame Erklärung

Der Erklärung der fünf derzeitigen EU-Mitglieder im Sicherheitsrat - Belgien, Frankreich, Deutschland, Polen und Grossbritannien - schlossen sich die vorherigen Sicherheitsratsmitglieder Italien, Schweden und Niederlande an.

Eine gemeinsame Erklärung aller Mitglieder des Sicherheitsrats war zuvor nicht zustande gekommen. Dies habe unter anderem am Widerstand Chinas, Russlands und Kuwaits gelegen, wie die Nachrichtenagentur DPA aus Diplomatenkreisen erfuhr.

Die Vereinten Nationen äusserten sich vor der Sondersitzung des Sicherheitsrats am Dienstagabend generell besorgt: «Es ist sehr wichtig, dass keine exzessive Gewalt eingesetzt wird», sagte der Sprecher des Uno-Generalsekretärs António Guterres. Die Verantwortlichen für die Todesfälle müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Zahl der Todesopfer steigt auf 60

Nach dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte im Sudan gegen Demonstranten ist die Zahl der Todesopfer auf 60 gestiegen. Dies teilte ein Ärzteverband am Mittwoch auf Facebook mit. Zuvor hatte dieser von 35 Toten gesprochen.

Demnach wurden zudem mehr als 300 Menschen verletzt. Die genaue Zahl sei aber schwer festzulegen, da die Kommunikation mit den Verletzten und den Krankenhäusern unter anderem durch das Abschalten des Internets in vielen Landesteilen sehr schwer sei.

Sicherheitskräfte waren am Montag mit Gewalt gegen eine wochenlange Sitzblockade in Khartum vorgegangen, die massgeblich zum Sturz des Präsidenten Omar al-Baschir beigetragen hatte. Dieser wurde im April nach drei Jahrzehnten an der Macht vom Militär abgesetzt. Die Streitkräfte rangen seit dem Putsch mit der Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung, die Verhandlungen brachen jedoch jüngst zusammen. Nach der Gewalt vom Montag erklärte der militärische Übergangsrat die Gespräche für beendet, kündigte die Zugeständnisse an die Opposition auf und rief Wahlen binnen sieben Monaten aus.

Keine Ruhe seit Putsch von Baschir

Im Sudan hatte nach dem Sturz des langjährigen Staatschefs Omar al-Baschir infolge von monatelangen Massenprotesten im April ein Militärrat die Führung übernommen. Mit diesem einigte sich die Protestbewegung Mitte Mai grundsätzlich darauf, dass ein gemeinsamer Übergangsrat die Geschicke des Landes in den kommenden drei Jahren lenken soll. Seither herrschte aber Streit darüber, welche Seite dieses Gremium führen soll. (SDA)

Omar al-Baschir: Wer ist Sudans Langzeitpräsident?

Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.

US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.

Mit Putsch an die Macht

Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren. 

Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»

Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan

Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus. 

Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Abspaltung Südsudans

In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)

30 Jahre lang war Omar al-Baschir Sudans Präsident.

Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.

US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.

Mit Putsch an die Macht

Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren. 

Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»

Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan

Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus. 

Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Abspaltung Südsudans

In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)

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