Neuwahlen in neun Monaten
Sudans Militärrat kündigt Vereinbarung mit Protestbewegung

Nach der Eskalation der politischen Krise im Sudan hat die Militärführung alle bisherigen Zugeständnisse an die Opposition aufgekündigt und Neuwahlen angesetzt.
Publiziert: 04.06.2019 um 04:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2019 um 09:04 Uhr
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Im Sudan hat der regierende Militärrat alle Abkommen mit der Opposition gekündigt und Wahlen innerhalb der kommenden neun Monate ausgerufen. (Archivbild)

Dies berichtete die Nachrichtenseite «Sudan Tribune» am Dienstag. Die Wahlen sollen von regionalen sowie internationalen Beobachtern durchgeführt und überwacht werden, sagte demnach der Anführer des militärischen Übergangsrates, Abdel Fattah Burhan. In seiner Rede sprach Burhan von Wahlen binnen neun Monaten, in einer schriftlichen Fassung von sieben Monaten.

Am Montag waren nach Angaben der Opposition und Ärzten die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Dies wurde international scharf kritisiert. Burhan versprach, die Vorfälle zu untersuchen, wie die «Sudan Tribune» berichtete.

Burhan kündigte in seiner Rede alle bisher getroffenen Vereinbarungen mit der Opposition über eine Übergangsregierung auf. Zuvor hatte auch die Opposition die Verhandlungen mit dem Militär für beendet erklärt und zu friedlichen Demonstrationen sowie einem Streik aufgerufen.

Putsch gegen Baschir

Nach drei Jahrzehnten an der Macht war Sudans Präsident Omar al-Baschir im April von den Streitkräften gestürzt worden. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Seitdem rangen das Militär und die Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung. Der grosse Flächenstaat im Nordosten Afrikas gehört zu den 25 ärmsten Ländern der Welt. Der Sudan mit seinen 41 Millionen Einwohnern steckt in einer schweren Wirtschaftskrise.

Omar al-Baschir: Wer ist Sudans Langzeitpräsident?

Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.

US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.

Mit Putsch an die Macht

Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren. 

Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»

Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan

Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus. 

Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Abspaltung Südsudans

In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)

30 Jahre lang war Omar al-Baschir Sudans Präsident.

Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.

US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.

Mit Putsch an die Macht

Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren. 

Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»

Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan

Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus. 

Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Abspaltung Südsudans

In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)

Die Verhandlungen brachen allerdings kürzlich zusammen, da sich beide Seiten nicht darauf einigen konnten, wer die Regierung leiten sollte. Die Sitzblockade in Khartum, die massgeblich zum Sturz Al-Baschirs beigetragen hatte, wurde auch nach dem Putsch fortgeführt.

Mehrere Tote bei Protesten

Sicherheitskräfte gingen am Montag gewaltsam gegen die Sitzblockade vor, die zu einem Symbol der Revolution im Sudan geworden ist. Das Gewerkschaftsbündnis SPA, die Organisatoren der Massenproteste, sprach von einem «blutigen Massaker». Die Zahl der Toten stieg auf mindestens 35, wie ein Ärzteverband auf Facebook mitteilte.

Hunderte seien verletzt worden, viele von ihnen befänden sich in kritischem Zustand. Die genaue Anzahl der Opfer war demnach unklar, da bewaffnete Sicherheitskräfte Spitäler umstellten und Ärzte festnahmen.

Uno-Sondersitzung zur Krise im Sudan

Wegen der Krise im Sudan beantragten Deutschland und Grossbritannien eine Sondersitzung des Uno-Sicherheitsrats. Das teilten Diplomatenkreise am Montagabend (Ortszeit) der Nachrichtenagentur DPA mit. Die Sitzung solle an diesem Dienstagnachmittag hinter geschlossenen Türen stattfinden.

Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, bezeichnete die «Gewalt der sudanesischen Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten in Khartum» als «abscheulich».

Der Übergangsrat müsse den Übergang zu einer Zivilregierung beschleunigen und damit auf die berechtigten Forderungen der Menschen reagieren, schrieb Bolton in der Nacht zum Dienstag auf Twitter. «Die Verantwortung fällt auf den militärischen Übergangsrat», hatte zuvor die US-Botschaft in Khartum getwittert. (SDA)

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