Es grenzt an ein kleines Wunder. Joe DiMeo (22) streicht sich die Haare aus dem Gesicht und posiert für die Kamera. Auf seinem Gesicht ist der Anflug eines Lächelns zu erkennen. Es ist eigentlich nicht sein eigenes – er verdankt es einem Spender aus Delaware (USA). Dessen Gesicht ist nun das seine.
Dank seinem Spender und der Arbeit seiner Ärzte ist es heute kaum zu glauben, dass sein Körper wenige Monate zuvor noch zum grössten Teil von starken Verbrennungen verstümmelt war.
Tragischer Unfall
Im Juli 2018 war der damals 20-Jährige aus New Jersey am Steuer in Sekundenschlaf gefallen. Er verlor die Kontrolle über seinen Wagen, der rammte einen Bordstein und einen Strommast, überschlug sich schliesslich und ging dann in Flammen auf.
DiMeo überlebte nur, weil ein vorbeifahrender Mann ihn heldenhaft aus dem brennenden Fahrzeug rettete. Nur kurze Zeit später explodierte es, wie US-Medien berichteten.
Die Transplantation war die letzte Rettung
Der junge Mann lag mit schwersten Verbrennungen monatelang im künstlichen Koma. Er wurde über 20 Operationen unterzogen. Zudem bekam er zahlreiche Hautspenden eingesetzt. Jedoch reichten diese nicht aus, um seine Körperfunktionen wieder herzustellen. Seine letzte Rettung war die komplizierte Transplantation von Gesicht und Händen.
Weniger als 50 Menschen wurde bisher das Gesicht oder beide Hände transplantiert. Die Eingriffe jedoch gleichzeitig durchzuführen geschah zuvor erst zweimal auf der Welt. Mit wenig Erfolg. Eine Patientin aus Paris starb nach dem Eingriff. Nun sollte es bei DiMeo gewagt werden.
Trotz wenig Hoffnung auf einen Erfolg dieses Eingriffs machten sich die Ärzte auf die Suche nach einem passenden Spender. Über ein Jahr später wurden sie fündig. «Basierend auf der bisherigen Erfolgsbilanz solcher Eingriffe, hatten wir kaum Hoffnung», sagte Dr. Eduardo Rodriguez gegenüber «NBC Miami».
23 Stunden dauerte der Eingriff
In der 23-stündigen Operation wurden DiMeo beide Hände amputiert und durch die Spenden ersetzt, sowie zahlreiche Sehnen, Blutbahnen und Nerven neu verbunden. Zudem wurde das neue Gesicht samt Stirn, Augenbrauen und -lidern, Nase, beiden Ohren und sogar Gesichtsknochen transplantiert.
Laut Rodriguez scheint DiMeos Körper bisher gut auf die Spenden zu reagieren. Der Leiter des 140-köpfigen medizinischen Teams ist begeistert von den bisherigen Ergebnissen: «Es freut uns wirklich sehr und erfüllt uns mit Stolz.» Jedoch bestehe ein lebenslanges Risiko der Abstossung. Eine vollständige Heilung wird also nie möglich sein.
«Aufgeben ist wirklich keine Option»
Seit letztem November ist DiMeo wieder zu Hause bei seinen Eltern. Er muss sich einer intensiven Reha unterziehen, um die Funktionen von Gesicht und Händen wieder herzustellen. Dazu gehören tägliche Physio-, Ergo- und Sprachtherapie. Der Nachrichtenagentur AP sagte DiMeo: «Ich wusste, dass es immer nur kleine Schritte sein würden. Man muss eine Menge Motivation und Geduld haben. Und man muss immer stark bleiben.»
Mittlerweile könne er sich schon wieder selbst anziehen und eigenständig essen. Auch die Gefühle im Gesicht und den Händen, sowie deren Mobilität scheinen sich zu verbessern. DiMeo war vor dem Unfall sehr sportlich gewesen und startet nun wohl wieder mit einfachen Work-outs.
Er ist dankbar, überlebt zu haben und ist bereit zu kämpfen: «Wenn man eine zweite Chance zu Leben bekommt, dann ist Aufgeben wirklich keine Option.» (aua)