Schwere Krise im Ostkongo eskaliert weiter
M23-Rebellen übernehmen Kontrolle über Millionenstadt Goma

Rebellen der M23-Bewegung haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über Goma, der grössten Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo, übernommen. Die Lage in der Region spitzt sich zu, Hunderttausende sind laut UN auf der Flucht.
Publiziert: 05:46 Uhr
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Aktualisiert: 10:57 Uhr
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Rebellen der M23-Bewegung haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über Goma, die grösste Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo, übernommen.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • M23-Rebellen erobern Millionenstadt Goma im Ostkongo, Lage spitzt sich zu
  • UN-Sicherheitsrat warnt vor Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Region
  • 400'000 Menschen in den letzten drei Wochen vertrieben, humanitäre Krise verschärft
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Cédric HengyRedaktor News

Die Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo spitzt sich dramatisch zu. Rebellen der M23-Bewegung haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über die Millionenstadt Goma übernommen. 

Am Montag war aus dem Zentrum der Stadt schweres Artilleriefeuer zu hören. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten über mehrere schwere Explosionen.

«Wir haben Goma eingenommen und den Soldaten befohlen, sich bis drei Uhr Ortszeit zu ergeben», erklärte Corneille Nangaa (54), Anführer der Congo River Alliance, zu der auch die M23 gehört, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. «Goma ist in unseren Händen.»

Uno evakuiert Mitarbeiter

Die Situation vor Ort ist chaotisch. Laut Uno-Angaben sind Hunderttausende Menschen auf der Flucht. Die Strassen sind blockiert und der Flughafen kann nicht mehr genutzt werden. «Mit anderen Worten: Wir sitzen in der Falle», so Bintou Keita (67), Leiterin der Uno-Mission im Kongo, vor dem Uno-Sicherheitsrat. 

Besser erging es auch anderen internationalen Helfern nicht. «Unsere lokalen Mitarbeiter vor Ort sprechen von einer Horrornacht in Goma», sagte Ursula Langkamp, Leiterin des Büros der Welthungerhilfe in Goma, der Deutschen Presse-Agentur.

Angesichts der anhaltenden Kämpfe im Osten der Demokratischen Republik Kongo bereitet die Uno laut einem Medienbericht die Evakuierung ihrer Mitarbeiter aus der Stadt vor. An der Grenze zwischen Ruanda und der DR Kongo stünden Busse bereit, um die Uno-Mitarbeiter und ihre Familien in Sicherheit zu bringen, berichtete der ruandische Rundfunksender RBA am Montag. Sie sollen demnach nach Kigali gebracht werden. Von Ruandas Hauptstadt aus sollen sie dann in ihre jeweiligen Heimatländer ausgeflogen werden.

Forderung nach Sanktionen gegen Nachbarland Ruanda

Die internationale Gemeinschaft ist alarmiert. Der Uno-Sicherheitsrat warnt vor einer Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Region. Westliche Länder verurteilen die mutmassliche Unterstützung der Rebellen durch Ruanda scharf.

Uno-Generalsekretär António Guterres (75) fordert Ruanda auf, die Unterstützung für die M23 einzustellen und sich aus dem Kongo zurückzuziehen. Auch die US-Regierung, Frankreich und Grossbritannien verurteilten die mutmassliche Unterstützung der Rebellen durch Ruanda.

Die kongolesische Regierung spricht von einer «Kriegserklärung» durch Ruanda. Aussenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner (42) wirft dem Nachbarland vor, sich auf ein «Blutbad unter freiem Himmel» vorzubereiten. Sie fordert harte Sanktionen gegen Ruanda, einschliesslich eines Embargos auf Mineralienexporte.

Ruanda weist alle Vorwürfe entschieden zurück. «Die gegenwärtige Krise hätte vermieden werden können, wenn die kongolesische Regierung ein echtes Engagement für den Frieden gezeigt hätte», erklärte Ruandas Uno-Botschafter Ernest Rwamucyo. Gleichzeitig sieht sich Ruanda durch die Präsenz burundischer Soldaten und Hutu-Rebellen im Ostkongo bedroht.

400'000 Vertriebene innert drei Wochen

Die Grenzregionen im Osten des Kongo sind seit dem Völkermord in Ruanda 1994 hochgradig instabil. Die M23 hat sich als stärkste Rebellengruppe etabliert und seit 2021 weite Gebiete erobert. Den Rebellen werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Der Konflikt hat dramatische humanitäre Folgen.

Allein in den vergangenen drei Wochen wurden laut Uno 400'000 Menschen vertrieben. Das Welternährungsprogramm musste seine Nothilfe vorübergehend einstellen. Hinter dem Konflikt stehen auch wirtschaftliche Interessen. Der Kongo ist einer der wichtigsten Produzenten von Coltan, das für die Herstellung von Smartphones und E-Auto-Batterien benötigt wird. In den von der M23 kontrollierten Gebieten wird der Abbau des wertvollen Rohstoffs von den Rebellen kontrolliert.

Friedensverhandlungen zwischen dem Kongo und Ruanda unter Vermittlung Angolas scheiterten im Dezember. Ein geplantes Treffen der Präsidenten wurde in letzter Minute abgesagt. Eine diplomatische Lösung des Konflikts scheint derzeit in weiter Ferne. Die Lage im Ostkongo bleibt höchst explosiv.

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