Pädophiler kann nach U-Haft neben Kita zügeln
Warum werden Sex-Täter bei uns geschützt?

In den USA werden Sex-Verbrecher gebrandmarkt, ihr Wohnort und ihre Straftaten sind für jedermann ersichtlich. In der Schweiz können sie sich unbehelligt bewegen, wie das Beispiel von Mario D. * zeigt, der nach seiner Untersuchungshaft neben eine Kita zügelte.
Publiziert: 11.06.2019 um 21:48 Uhr
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Die Zürcher Betreibungsbeamtin Sandra T. und ihr Partner Mario D. wurden vor einigen Monaten verhaftet. Die Vorwürfe sind happig: Es geht um schwere sexuelle Übergriffe auf ein dreijähriges Mädchen.
Foto: zvg
Fabian Vogt

Die Schandtaten des Pädophilen Mario D. *(47) aus Zürich schockieren (BLICK berichtete). Die Skrupellosigkeiten des IV-Rentners machen sprachlos. Nachdem er den sexuellen Missbrauch einer Dreijährigen gefilmt und die Videos seiner Freundin, einer Zürcher Betreibungsbeamtin geschickt hatte, wanderte er in Untersuchungshaft.

Doch kaum auf Kaution (30'000 Franken) wieder auf freiem Fuss, zügelte er direkt neben eine Kita und lebt nun nur gerade zwei Kilometer von seinem Opfer entfernt! Die Mutter des Opfers ist verzweifelt: «Ich könnte ihm jederzeit im Quartier begegnen. Ich fühle mich ohnmächtig», sagt sie zu BLICK.

Staatsanwalt wollte ihn nicht freilassen

Wie ist das möglich? Warum werden Sex-Verbrecher bei uns geschützt? BLICK-Recherchen zeigen, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft gegen die Freilassung auf Kaution war. Doch das Bezirksgericht Zürich kam zu einem anderen Urteil. Weshalb? «Darüber dürfen wir nicht reden. Das Verfahren liegt bei der Staatsanwaltschaft», heisst es auf Nachfrage. Müssen die Opfer von Mario D. in Angst leben, weil die Behörden Pingpong spielen? 

Klar ist: In anderen Ländern würde es D. zumindest nach einer Verurteilung schwer gemacht werden, in die Nähe seines Opfers zu ziehen. Entsprechende Datenbanken sorgen dafür, dass die Straftäter ihr Leben lang gebrandmarkt sind. Die umfangreichste und auch transparenteste Plattform gibt es in den USA, wo über 750'000 Sex-Verbrecher registriert sind. 

Jeder kann dort mit einem Klick prüfen, ob der künftige Nachbar oder Arbeitnehmer ein Sexualstraftäter ist. Auf interaktiven Karten tauchen die Standorte der Pädophilen und Vergewaltiger als rote Punkte oder blaue Fähnchen auf, wie man es von Hotels oder Restaurants auf Google Maps kennt. Wer darauf klickt, erhält aber nicht Menüvorschläge und Zimmerpreise, sondern Namen samt Bild des Täters, sogar eine Einschätzung zu dessen Gefährlichkeit wird gemacht. 

Rückfallquote bei 14 Prozent

In der Schweiz kann ein Richter Kontakt- und Rayonverbote verhängen, doch grundsätzlich bleiben verurteilte Sexualstraftäter anonym. Ihre Strafregisterauszüge können nur sie selber sowie gewisse Behörden einsehen. Seit 2015 gibt es immerhin den sogenannten Sonderprivatauszug, der darüber Auskunft gibt, ob es einer Person verboten ist, Tätigkeiten mit Minderjährigen auszuüben. Allerdings kann auch dieser nur von Personen verlangt werden, die berufsmässig regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen haben.

Dabei könnte eine solche Aufzeichnung durchaus Sexualstraftaten verhindern. Die Rückfallrate bei Pädophilen in der Schweiz lag von 2011 bis 2013 gemäss dem Bundesamt für Statistik bei rund 14 Prozent, in den Jahren zuvor war die Quote teilweise bei über 20 Prozent.

Bundesrat gegen Datenbank

Von einer öffentlichen Datenbank hält der Bundesrat trotzdem nichts, diese würde nur eine Scheinsicherheit bieten. Von einem bekannten verurteilten Täter, der in der Nachbarschaft wohne, gehe keine grössere Gefahr aus als von einem verurteilten Täter, der 30 Kilometer entfernt wohne.

Mario D. dürfte deshalb nie in eine solche Datenbank kommen. Und auch in Zukunft Kinder hüten können. 

* Name der Redaktion bekannt

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