Mit einer tragischen Familiengeschichte befasste sich gestern das Bundesgericht: 2016 starb die Mutter (†48) von Laura* (16) an Krebs. In deren Wohnung im Kanton Solothurn lebte das Mädchen in den letzten Jahren zusammen mit seiner älteren Schwester (21). Später zog der damalige Lebenspartner der Verstorbenen ein. Die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) hat darauf verfügt, dass Laura in dieser «WG» bleiben darf und nicht gegen ihren Willen zum Papa ziehen muss – obschon dieser in der Lage wäre, sein Kind zu betreuen! (Blick berichtete) Gegen den Entzug der Obhut zog der in Thailand geborene Vater Sepp Imhof (49) bis vor Bundesgericht, welches seine Beschwerde gestern abschmetterte. «Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht aller Väter. Das Kind braucht doch einen Vater! Ich mache mir grosse Sorgen um meine Tochter», sagte Imhof gestern zu BLICK.
Der Knackpunkt: Wenn Vater oder Mutter sterben, gehen die Elternrechte normalerweise an das lebende Elternteil über. Nicht so in diesem Fall – der entsprechend Grundsatzfragen zur Kesb aufwirft. Dürfen die Behörden in Familien eingreifen, selbst wenn keine Gefährdungsmeldung vorliegt? Zählt der Wunsch der Tochter mehr als jener des Vaters?
Tochter wendete sich ab
Das Drama nahm schon nach der Trennung von Imhof und der Ehefrau seinen Lauf, mit der er 19 Jahre verheiratet war. Die beiden stritten sich so heftig um Besuchszeiten der Kinder, dass der Richter einen Beistand einsetzte. Darauf wandte sich die ältere Tochter von Imhof ab, Laura besuchte ihn weiterhin an den Wochenenden. Zum Vater wollte sie aber nicht ziehen. Die Kesb ernannte den früheren Lebenspartner der Mutter offiziell zum Pflegevater, der für Logis und Essen aufkommt und Rechnungen bezahlt.
Imhof wäre sogar einverstanden gewesen, dass Laura beim Stiefvater bleibt, solange er sie regelmässig besuchen dürfte. Ein Vertrag sei schon aufgesetzt gewesen. «Dann griff die Kesb ein. Statt eine Mediation anzustreben, eröffneten sie ein Verfahren gegen mich.» Die Kesb Olten-Gösgen entzog ihm darauf sämtliche Rechte ausser dem Sorgerecht. «Zum Zahlen bin ich noch gut genug, sonst habe ich nichts mehr zu melden», so der Montage-Teamleiter.
Das Bundesgericht hat den Entscheid gestern gestützt. Es sei unbestritten, dass der Vater grundsätzlich erziehungsfähig sei. «Dies allein ist aber nicht entscheidend», schreiben die Richter. Es habe dem klaren Willen der urteilsfähigen Tochter grosses Gewicht beigemessen und «den Wunsch respektiert, die aktuelle Wohnsituation beizubehalten».
«Ein Freipass für die Kesb»
Imhof kann das nicht nachvollziehen. «Der Kindeswillen entspricht doch nicht immer dem Kindeswohl, besonders im Teenageralter.» Er betont, dass er nicht gegen seine Tochter, sondern gegen den Staat geklagt habe. «Das Urteil ist ein Freipass für die Kesb», sagt denn auch seine Anwältin.
Die Kesb Olten-Gösgen begründet ihr Verfahren in der Eingabe ans Bundesgericht, aus der die «Schweiz am Wochenende» zitierte. Laura habe sich selber gegen einen Umzug ausgesprochen. Zudem seien aus dem Umfeld Bedenken geäussert worden. Claudia Hänzi, Chefin des Amts für soziale Sicherheit des Kantons Solothurn, sagte zudem, die Behörde habe eine «erhebliche Gefahr» erkannt. Worin diese bestand, führte sie nicht näher aus.
Im Herbst 2017 verbrachten Imhof und seine Tochter Ferien in Thailand. Vergangenen Dezember hat Imhof seine Laura das letzte Mal getroffen. Seither herrscht Funkstille. «Ich appelliere an meine Tochter, wieder mit mir zu sprechen. Ich will sie nicht verlieren. Sie hat doch bereits ihre Mutter verloren», sagt Imhof mit tränenerstickter Stimme.
*Name geändert
Sie kocht vor Wut: «Das Urteil des Bundesgerichts ist ein Skandal!», sagt Sefika Garibovic (59), Buchautorin und Expertin für Nacherziehung und Konfliktmanagement zum Entscheid des Bundesgerichts. «Das heisst ja, dass ein Stiefvater wichtiger ist als der biologische Vater. Das ist völlig verkehrt und widerspricht jeder Ethik.» Der verwitwete Vater hatte Beschwerde eingereicht, weil die Kesb die Tochter, die bei ihrer Schwester und dem Ex-Freund der Mutter lebt, nicht zu ihm ziehen lassen wollte.
«Ein 16-jähriges Mädchen entscheidet sich natürlich für die Gewohnheit. Darauf darf ein Gericht sich aber nicht einlassen», so Garibovic. «Es muss zulassen, dass der biologische Vater eine Beziehung zu seiner Tochter hat oder eine Beziehung aufbauen kann.»
Ganz anders sieht das Kinder- und Jugendpsychologe Allan Guggenbühl (66): «Wenn die Tochter explizit nicht zum Vater will und die ältere Tochter schon beim Pflegevater ist, dann würde ich auch dafür plädieren, die Tochter dem Stiefvater zuzuweisen», sagt Guggenbühl. «Eine 16-Jährige soll selber entscheiden können, zu wem sie will.»
Sie kocht vor Wut: «Das Urteil des Bundesgerichts ist ein Skandal!», sagt Sefika Garibovic (59), Buchautorin und Expertin für Nacherziehung und Konfliktmanagement zum Entscheid des Bundesgerichts. «Das heisst ja, dass ein Stiefvater wichtiger ist als der biologische Vater. Das ist völlig verkehrt und widerspricht jeder Ethik.» Der verwitwete Vater hatte Beschwerde eingereicht, weil die Kesb die Tochter, die bei ihrer Schwester und dem Ex-Freund der Mutter lebt, nicht zu ihm ziehen lassen wollte.
«Ein 16-jähriges Mädchen entscheidet sich natürlich für die Gewohnheit. Darauf darf ein Gericht sich aber nicht einlassen», so Garibovic. «Es muss zulassen, dass der biologische Vater eine Beziehung zu seiner Tochter hat oder eine Beziehung aufbauen kann.»
Ganz anders sieht das Kinder- und Jugendpsychologe Allan Guggenbühl (66): «Wenn die Tochter explizit nicht zum Vater will und die ältere Tochter schon beim Pflegevater ist, dann würde ich auch dafür plädieren, die Tochter dem Stiefvater zuzuweisen», sagt Guggenbühl. «Eine 16-Jährige soll selber entscheiden können, zu wem sie will.»