Nach Fast-Katastrophe in Schinznach-Bad räumt Kranfirma Fehler ein
«Das Spannseil ist gerissen»

Am Samstagmorgen spiesst bei der Demontage eines Krans der Ausleger einen Zug auf. Jetzt gibt die Firma Interkran Fehler zu. Ein Experte kritisiert die Arbeit der Firma.
Publiziert: 27.05.2018 um 18:06 Uhr
|
Aktualisiert: 08.10.2018 um 11:50 Uhr
Bau-Kran prallt frontal in Zug
0:28
Unfall in Schinznach-Bad:Bau-Kran prallt frontal in Zug
Beat Michel

Es hätte ein Routine-Eingriff werden sollen. Samstag, kurz vor 9 Uhr: Die Firma Interkran aus Lachen SZ demontiert den Kranausleger auf einer Baustelle in Schinznach Bad AG. Er ist defekt und muss ersetzt werden. Am Montag sollte der Kran wieder einsatzbereit sein. Doch der Eingriff endet im Debakel.

Als der Pneukran das 57 Meter lange und 10 Tonnen schwere Stahlteil absenken will, gerät es ausser Kontrolle und kracht auf die Geleise der SBB. Eine S-Bahn kann nicht mehr rechtzeitig bremsen.

1/13
Spektakuläres Luftbild: Links der abzubauende Kran, in der Mitte der Pneukran mit dem blauen Ausleger am Haken – rechts der Zug.
Foto: Kapo Aargau

Geistesgegenwärtige Zugführerin

Genau als der Ausleger auf den Geleisen landet, fährt eine S-Bahn von Turgi AG nach Aarau. Wie die Polizei schreibt, sieht die Zugführerin das Hindernis auf den Geleisen, zieht die Notbremse und flüchtet nach hinten. Gerade rechtzeitig kann sie das Cockpit noch verlassen, bevor das Teil die Windschutzscheibe durchbohrt. Dank der geistesgegenwärtigen Zugführerin verletzt sich keiner der 45 Passagiere. Eine Passagierin berichtet: «Die Lokführerin hat super reagiert. Sie hat den Kran fliegen kommen sehen.» 

Auf Anfrage von BLICK äusserte sich ein Mitglied der Geschäftsleitung der Firma. Er sagt: «Wir haben alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Dass das Unglück trotzdem passiert ist, war ein Fehler von Mensch und Material.»

Das Spannseil ist gerissen

Dann wird er konkret: «Das Spannseil ist gerissen. Das hätte den Ausleger sichern sollen, bevor man ihn absenkt. Der Ausleger kam danach so schnell runter, dass sich der Turm des Pneukrans von selbst über die Geleise drehte.»

Ein Kran-Experte einer renommierten Schweizer Baufirma bleibt trotz diesen Schilderungen skeptisch. Beim Betrachten der Luftaufnahmen der Polizei sieht er offensichtliche Patzer, die beim Anhängen des Auslegers gemacht worden sind. «Der Ausleger wurde falsch fixiert, sonst hätte das nicht passieren können.» Er moniert: «Der Ausleger wurde vermutlich nicht genau im Schwerpunkt angehängt, darum kippte er.»

Schwerpunkt ist zentral

Gerade das Anhängen des Auslegers sei eine heikle Geschichte. «Entscheidend für die Sicherheit ist, den Schwerpunkt beim Aufbau bereits zu markieren», erklärt der Experte. Hängt man beim Abbau am falschen Ort an, passiert die Katastrophe. Wenn man die Bolzen zieht, ist es zu spät für eine Korrektur.»

Zudem sei die Ausrichtung des Baukrans ungünstig gewesen. «Wieso hat die Kranfirma den Ausleger nicht weg von den Geleisen gedreht, um ihn abzubauen?», fragt sich der Experte. Die Staatsanwaltschaft des Kanton Aargau untersucht den Unfall und eröffnete eine Strafuntersuchung.

Werden Sie zum Leserreporter

Wissen Sie mehr zu dieser Story? Haben Sie Hinweise? Schicken Sie uns Ihr Foto oder Video via WhatsApp oder Upload-Button in der BLICK-App.

Für jedes veröffentlichte Leservideo gibts mindestens 25 Franken.

Wissen Sie mehr zu dieser Story? Haben Sie Hinweise? Schicken Sie uns Ihr Foto oder Video via WhatsApp oder Upload-Button in der BLICK-App.

Für jedes veröffentlichte Leservideo gibts mindestens 25 Franken.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?