Aarburg AG in Aufruhr wegen Sozialhilfeabgaben
Eine einzige Familie kassierte 580’000 Franken

Die hohen Sozialhilfeabgaben in Aarburg AG kommen bei der Bevölkerung nicht gut an.
Publiziert: 19.02.2018 um 23:43 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 19:03 Uhr
«Gegen die Höhe der Sozialgelder muss etwas unternommen werden»
2:40
SVP-Frau Martina Bircher über die Missstände in Aarburg:«Gegen die Höhe der Sozialgelder muss etwas unternommen werden»
Ralph Donghi

Im kleinen Städtchen Aarburg AG rumort es. Seit der SonntagsBlick publik gemacht hat, dass ein Drittel der Steuereinnahmen für die Sozialhilfe draufgeht, haben viele Bürger einen dicken Hals.

«Ich bin eine Deutsche, also auch Ausländerin», sagt die pensionierte Bäckerei-Fachverkäuferin Brigitte Ficek (65) zu BLICK. «Aber ich merke hier nach über sieben Jahren schon, dass sich viele Sozialhilfebezüger nicht anpassen und sich nehmen, was sie kriegen.»

Hohe Kosten auch durch Flüchtlingsfamilien

Von den 17 Millionen Franken Steuereinnahmen im 2016 gab Aarburg für 400 Personen, die auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind, 5,7 Millionen Franken aus. Einzelpersonen oder Familien in 38 sogenannten Dossiers haben bis heute 80’000 Franken und mehr bezogen. Allein eine vierköpfige irakische Familie hat seit 2004 rund 580’000 Franken kassiert (siehe Tabelle).

Unter diesen Kosten ächzt Aarburg AG.

Viel zu viel, findet die örtliche Sozialvorsteherin Martina Bircher (33, SVP), die nun Forderungen stellt. Und: Sie findet bei den meisten Bürgern Zuspruch. Auch bei Ausländern, die 44 Prozent der gut 8000 Einwohner ausmachen.

«Diese Sozialkosten sind hier schon hoch», sagt Vakkas Özdemir (36), Pächter des Can Pizzakuriers. Sein Vorschlag, damit Sozialhilfeempfänger schneller einen Job finden: «Sie sollten mehr geschult und ausgebildet werden.»

Bessere Integration gefordert

Dieser Meinung ist auch Biserka Zimmermann (62). «Diese Leute müssen besser integriert werden», so die Marktfahrerin. Aber: «Integration bedeutet mehr, als ihnen einfach nur viel Geld zu geben.» Es sei aber nicht nur der Gemeinderat gefordert: «Auch die Sozialhilfeempfänger müssen mitmachen», so Biserka Zimmermann. 

Werner Illi (70) sieht ein ganz anderes Problem. «Wir haben hier viel zu viele alte Wohnungen und Häuser, die solche Leute anziehen. Und in denen Schweizer halt nicht wohnen wollen», sagt der pensionierte Banker.

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Brigitte Ficek (65): «Viele Sozialhilfebezüger passen sich nicht an und nehmen sich, was sie kriegen.»
Foto: Ralph Donghi

Schneller ins Berufsleben 

Auch Wolfgang Scheidegger (43) nimmt den Wutbürgern den Wind aus den Segeln. «Diese Leute bekommen ja Geld, weil sie in einem System drin sind. Und wenn es in Ordnung ist, ist es so», sagt der Betriebsökonom. Doch auch er findet: «Wer das Geld nicht braucht, bei dem müsste man reduzieren.»

So oder so – für Brigitte Ficek  ist im Städtchen schon genug Wasser die Aare hinuntergeflossen: «Aarburg hat das Limit bezüglich Sozialhilfeempfänger eindeutig erreicht!» Der Tipp von Hausfrau Melanie Atener (45): «Man muss einfach schauen, dass diese Leute arbeiten. Denn Arbeit gibt es genug.»

«Die Sozialhilfe ist viel zu lukrativ»

BLICK: Frau Bircher, wie stark belastet die Sozialhilfe die Gemeindekasse von Aarburg AG?
Martina Bircher:
Massiv! Ein Drittel der Steuereinnahmen geht direkt in die Sozialhilfe.

Welche Investitionen bleiben deshalb liegen?
Investitionen in die Schule und Strassen, die man viel mehr überdenken muss. Weil einfach die finanziellen Mittel fehlen.

Was könnten Sie tun, wenn Familien über Jahrzehnte hinweg Sozialhilfe empfangen?
In solchen Fällen ist das Amt für Migration gefordert. Die Aufenthaltsbewilligungen zu überprüfen, zu entziehen, keine Verlängerungen mehr zu geben. Aber als Gemeinde selber ist man machtlos.

Sinkt die Akzeptanz von Flüchtlingen in Aarburg wegen der hohen Sozialhilfekosten?
Das ist schwierig zu beurteilen. Man muss schon sehen, dass es jetzt vor allem Eritreer hat.  Gemäss Sommaruga sind dies ja wirklich alles Flüchtlinge, die an Leib und Leben bedroht sind. Aber wir machen einfach andere Erfahrungen.

Müsste man das Gesetz ändern, damit diese Leute früher oder anders arbeiten könnten?
Während dem Asylverfahren schaut man ja an, ob es sich um echte Flüchtlinge handelt oder nicht. Während dieser Zeit muss niemand arbeiten. Nachher müssen sie ja wieder heim, wenn sie keine Flüchtlinge sind. Falls sie als Flüchtlinge anerkannt werden dürfen sie arbeiten, das ist heute schon so – da hat man die gesetzlichen Grundlagen. Das Problem ist, dass die Sozialhilfe viel zu lukrativ ist. Dort muss man das Gesetz ändern.

Martina Bircher (33, SVP), Sozialvorsteherin von Aarburg AG

BLICK: Frau Bircher, wie stark belastet die Sozialhilfe die Gemeindekasse von Aarburg AG?
Martina Bircher:
Massiv! Ein Drittel der Steuereinnahmen geht direkt in die Sozialhilfe.

Welche Investitionen bleiben deshalb liegen?
Investitionen in die Schule und Strassen, die man viel mehr überdenken muss. Weil einfach die finanziellen Mittel fehlen.

Was könnten Sie tun, wenn Familien über Jahrzehnte hinweg Sozialhilfe empfangen?
In solchen Fällen ist das Amt für Migration gefordert. Die Aufenthaltsbewilligungen zu überprüfen, zu entziehen, keine Verlängerungen mehr zu geben. Aber als Gemeinde selber ist man machtlos.

Sinkt die Akzeptanz von Flüchtlingen in Aarburg wegen der hohen Sozialhilfekosten?
Das ist schwierig zu beurteilen. Man muss schon sehen, dass es jetzt vor allem Eritreer hat.  Gemäss Sommaruga sind dies ja wirklich alles Flüchtlinge, die an Leib und Leben bedroht sind. Aber wir machen einfach andere Erfahrungen.

Müsste man das Gesetz ändern, damit diese Leute früher oder anders arbeiten könnten?
Während dem Asylverfahren schaut man ja an, ob es sich um echte Flüchtlinge handelt oder nicht. Während dieser Zeit muss niemand arbeiten. Nachher müssen sie ja wieder heim, wenn sie keine Flüchtlinge sind. Falls sie als Flüchtlinge anerkannt werden dürfen sie arbeiten, das ist heute schon so – da hat man die gesetzlichen Grundlagen. Das Problem ist, dass die Sozialhilfe viel zu lukrativ ist. Dort muss man das Gesetz ändern.

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