Die Scientology-Sekte nutzt die Angst vor dem Coronavirus für sich aus. Die perfide Masche: Uniformierte Sektenmitglieder gehen von Haus zu Haus, mit Maske und Mundschutz. Sie sprechen in ernstem Ton vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und von Covid-19, wollen Einlass. Einige der Besuchten glaubten, einen Mitarbeiter des BAG vor sich zu haben. In Basel wurde die Polizei bereits aktiv.
Daniele Rovetto vom Ristorante Valentino in Basel war überzeugt, Corona-Kontrolleure im Lokal zu haben, als er in die maskierten Gesichter schaute. «Das Wort Scientology ist im Gespräch nicht ein einziges Mal gefallen», beteuert er gegenüber BLICK.
«Spielen mit der Angst der Leute»
Die vermeintlichen Kontrolleure platzieren Infomaterial zur Pandemie vor dem Eingang. Die unauffälligen Büchlein geben auf mehreren Dutzend Seiten Hygiene- und Verhaltenstipps – erst auf der letzten Seite wird klar, dass es von Scientology produziert ist. Ein QR-Code führt schliesslich auf die Webseite der Sekte.
Dass es sich bei den Büchlein um Propaganda der Sekte handelt, ahnte Rovetto nicht. «Als ich am nächsten Tag auf Facebook erfuhr, um was es da geht, habe ich das Material sofort weggenommen.» Als Wirt sei ihm die Religion seiner Gäste egal. «Aber so ein Vorgehen geht nicht.»
«Dass sie so mit der Angst der Leute spielen, gehört an die Öffentlichkeit»
In anderen Geschäften hatte die Psychosekte weniger Glück. «Sie kamen in meinen Laden und sagten, sie hätten zusammen mit dem BAG Corona-Broschüren erstellt, die sie nun verteilen wollen», sagt Evelyn Stucki (61). Sie hat erst vor wenigen Wochen den Laden «Spielsinn» eröffnet, wo sie selber produzierte Produkte für Kinder und Babys verkauft.
Die Dame wird stutzig ob der seltsamen gelben Uniformen der vermeintlichen BAG-Leute und fragt genauer nach. «Als sie schliesslich sagten, dass sie von Scientology sind, habe ich sie gebeten zu gehen.» Und weiter: «Dass die so mit der Angst der Leute spielen, das gehört an die Öffentlichkeit.»
«Verlassen Sie sofort das Haus»
Auch in manchem Privathaushalt endete der Besuch der Sekte mit einem Rausschmiss. Auf sozialen Netzwerken kursiert ein Video von einem empörten Hausbewohner. «Verlassen Sie sofort das Haus», ruft er immer wieder, während er die verdutzten Gesichter der Scientologen filmt.
Die Basler Polizei bestätigt, mehrmals wegen ungebetener Besuche von Scientology alarmiert worden zu sein. Man sei ausgerückt und habe die Sektenmitglieder kontrolliert.
Scientology streitet Vorwürfe ab
Scientology-Sprecher Jürg Stettler beteuert gegenüber BLICK, man habe sich nie als BAG-Mitarbeiter ausgegeben. Mehr noch: Man habe bereits Anzeige eingereicht gegen den Basler Anti-Scientology-Aktivisten Manfred Harrer (65), weil dieser im Internet genau das behauptet hatte. «Scientology steht ja sogar auf den Kleidern, welche unsere Leute tragen», so Stettler.
Und: Es habe sich nur um eine «kleine» Aktion in der Nachbarschaft gehandelt. Es handelt sich jedoch um eine weltweite Aktion von Scientology. Auch in Neuseeland empörten sich die Menschen, weil sie die Sektenmitglieder für Offizielle hielten. Und in den USA ist sogar ein Gouverneur auf die vermeintlich offizielle Corona-Broschüre hereingefallen. Er zeigte das Büchlein versehentlich an einer Pressekonferenz.