Immer noch Bussen für Gras-Besitz
Die Kifferhöllen sind im Osten und Westen

Nach einem Bundesgerichtsentscheid von Anfang September passen viele Kantone ihre Strafpraxis bei Cannabisbesitz an. Im Osten und Westen der Schweiz gibt es immer noch Bussen für kleine Mengen Gras.
Publiziert: 29.09.2017 um 13:57 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 00:25 Uhr
In diesen Kantonen ist Cannabis-Besitz straffrei.

Der Besitz von weniger als 10 Gramm Cannabis ist seit 2013 in der Schweiz erlaubt. Trotzdem gab es Kantone, in denen die Polizei Ordnungsbussen von 100 Franken verteilten.

Zum Beispiel in Basel-Stadt. Doch dort zog ein Mann, der wegen 0,5 Gramm Marihuana und 0,1 Gramm Haschisch gebüsst wurde bis vor Bundesgericht.

Anfangs September fiel das Urteil: Die Bundesrichter sprachen ihn frei. Damit bestätige es eigentlich nur das geltende Gesetz. Doch das Urteil brachte einen Stein ins Rollen.

Bern und Schwyz verteilen schon lange keine Bussen mehr

Nach und nach verzichtete ein Kanton nach dem anderen auf die Ordnungsbussen von 100 Franken. Der Kanton Basel-Stadt verteilt keine Bussen mehr für den Besitz von weniger als 10 Gramm Cannabis.

Die gleiche Regelung gilt neu auch in Baselland, Luzern (für Erwachsene), Uri, Zürich (vorläufig), Zug (vorläufig), Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Graubünden, Glarus und Thurgau.

Mehrere Kantone warteten gar nicht auf den Bundesgerichtsentscheid, sondern verzichteten bereits nach Inkrafttreten des revidierten Betäubungsmittelgesetzes im Jahr 2013 auf eine Busse. Dazu gehören die Kantone Bern und Schwyz. Im Kanton Aargau wurde diese Praxis auf Anfang 2017 eingeführt.

Kifferhöllen in Ost- und Westschweiz

Doch es gibt auch Kantone, die immer noch Bussen von 100 Franken für den Cannabis-Besitz verteilen. Die Westschweizer Kantone Genf, Waadt, Wallis, Jura, Neuenburg und Freiburg sowie die Deutschschweizer Kantone Solothurn, St. Gallen und die beiden Appenzell halten bis auf weiteres an ihrer restriktiven Praxis fest.

So geht man im Kanton St. Gallen davon aus, dass jemand, der Cannabis auf sich trägt, dieses auch konsumiert. «Ich habe Probleme mit Leuten, die sagen, sie würden nur besitzen, aber nicht rauchen. Niemand trägt Gras mit sich, nur weil es schön ist, Gras herumzutragen. Wenn man uns für dumm verkaufen will, müssen wir reagieren», sagte der Erste Staatsanwalt Thomas Hansjakob bereits zu BLICK.

Wer geringe Mengen Cannabis in seiner Tasche mitträgt, wird in der Deutschschweiz künftig mehrheitlich von einer Busse verschont, nicht so in der Romandie. (Themenbild)
Foto: KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

In mehreren Kantonen ist aber noch nicht das letzte Wort gesprochen. Dort analysieren die Justizbehörden das Bundesgerichtsurteil und wollen die Situation «so schnell wie möglich klären».

Kifferfreundliche und kifferfeindliche Kantone

In den meisten Kantonen nimmt die Polizei den Personen das Cannabis nach der Kontrolle ab, wägt es und vernichtet dieses. Wird eine Person beim Kiffen erwischt, fällt vielerorts eine Ordnungsbusse an. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur sda zeigt aber auch hier grosse Unterschiede auf. Bei der Sanktionierung gibt es offenbar kifferfreundlichere und kifferfeindlichere Kantone.

Zahlen des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt zeigen beispielsweise, dass in den vergangenen Jahren zwischen 111 und 143 Personen mit einer Ordnungsbusse belegt wurden. Im Kanton Luzern kam es zu rund 700 Straffällen mit Hanf, Haschisch oder Marihuana, in Uri wurden zwischen 32 und 45 Ordnungsbussen verteilt.

In den Kantonen Ob- und Nidwalden wurden im vergangenen Jahr 21 respektive 53 Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz als Übertretung geahndet, die klar im Zusammenhang mit Eigenkonsum standen.

Tendenziell wird auch bei der Bestrafung von Cannabiskonsum in der Romandie härter durchgegriffen als in der Deutschschweiz, wie die der sda vorliegenden Zahlen zeigen. Im Kanton Neuenburg wurden in den vergangenen drei Jahren zwischen 352 und 459 Ordnungsbussen verteilt, in Genf sogar zwischen 747 und 1712. Im Kanton Freiburg wurden in den Jahren 2014 bis 2016 zwischen 662 und 973 Kiffer gebüsst.

Polizisten nerven sich über Kantönligeist

Dieser Kantönligeist kommt bei den Polizisten nicht gut an. «Es kann nicht sein, dass wir eine schweizweite Strafprozessordnung haben und 26 unterschiedliche Anwendungen. Das gibt Probleme, weil es ja auch übergreifende Polizeiaktionen gibt»,  sagt Max Hoffmann, Generalsekretär des Schweizerischen Polizeibeamtenverbandes zu «SRF»

Jede Staatsanwaltschaft sei zwar unabhängig und könne selber entscheiden, ob sie «ein Verhalten als strafbar taxiert oder nicht». Er glaubt aber, dass bei der nächsten Sitzung des KKJPD, die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, über diese Problematik diskutiert werde. (SDA/na)

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