Kiffer in Zürich können aufatmen. Ab sofort werden sie nicht mehr gebüsst, wenn sie mit weniger als 10 Gramm Gras erwischt werden (BLICK berichtete). Laut Betäubungsmittelgesetz ist nämlich der Besitz solcher Kleinmengen nicht strafbar.
Das Gesetz gibt es seit 2013. Doch viele Polizisten büssten trotzdem. Bis ein Basler Kiffer seine Busse anfocht und bis vor Bundesgericht ging. Dieses gab ihm am 6. September recht und bestätigte damit, dass der Besitz definitiv legal ist.
Doch nicht alle Kantone ändern nun ihre Praxis. In St. Gallen zum Beispiel gibt es für den Besitz von kleinen Mengen von Cannabis immer noch eine Busse von 100 Franken, wie der Erste Staatsanwalt, Thomas Hansjakob, zu BLICK sagt.
Busse wegen Konsum und nicht Besitz
Die St. Galler bestrafen nämlich nicht den Besitz, sondern den Konsum von Cannabis. Und der ist strafbar. «Wir büssen weiterhin Besitzer von Cannabis, denn meistens sind es auch Konsumenten», sagt Hansjakob.
Dagegen kann sich die Person wehren, indem sie die Busse einfach nicht bezahlt. Dann wird ein Verfahren eingeleitet und die Person vorgeladen. «Wir fragen sie dann, wieso sie Cannabis dabei hatte, wenn sie nicht konsumiert.»
Wenn sie zugibt, dass sie Cannabis konsumiert, gibt es eine Busse. Sagt sie aus, dass das Cannabis für jemand anderes ist, macht sie sich des «Inverkehrbringens» strafbar – so nennen Juristen die Verbreitung von Drogen.
Und wenn die Person nichts sagt? «Dann können wir auch eine Haarprobe anordnen», sagt Hansjakob. Fällt der Test positiv aus, muss die gebüsste Person die Kosten tragen.
Damit betreibt die St. Galler Staatsanwaltschaft einen beträchtlichen Aufwand, um Kiffer zu überführen. In Zürich, aber auch zum Beispiel im Kanton Thurgau, verzichtet man darauf. Offensichtlich setzt man dort andere Prioritäten.
Wer besitzt, konsumiert auch
Doch wieso sind die St. Galler so hinter den Kiffern her? «Ich habe Probleme mit Leuten, die sagen, sie würden nur besitzen, aber nicht rauchen. Niemand trägt Gras mit sich, nur weil es schön ist, Gras herumzutragen. Wenn man uns für dumm verkaufen will, müssen wir reagieren», sagt Hansjakob.
Es dürfe nicht sein, dass Kiffer mit faulen Ausreden davonkämen. Das schade auch der Glaubwürdigkeit der Strafverfolgung.
Ausnahme gebe es bloss bei «sauguten» Erklärungen. Zum Beispiel, wenn das Gras medizinischen Zwecken dient. «Wenn zum Beispiel ein MS-Patient Cannabis konsumiert, büssen wir nicht», sagt Hansjakob.
Der Staatsanwalt sieht die Schuld am gesetzlichen Wirrwarr beim Gesetzgeber, sprich beim Parlament. «Die Formulierung im Gesetz ist eigentlich falsch. Der Gesetzgeber wollte ja nicht den Besitz von 10 Gramm für straflos erklären, sondern nur, dass er mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken bestraft werden kann und kein Verfahren eingeleitet werden muss. Doch der Gesetzgeber hat das Gesetz falsch formuliert», sagt Hansjakob.
Das Bundesgericht habe sich nur an den Wortlaut gehalten. Eine einheitliche Linie in der Schweiz gibt es deshalb aber trotzdem nicht.