Alle acht Lehrer der Primarschule Brühlberg in Winterthur ZH haben gekündigt (BLICK berichtete). Darüber reden dürfen sie nicht. BLICK sprach aber mit zwei Lehrern, die die Schule 2015 verlassen hatten – aus dem gleichen Grund wie jetzt ihre Kollegen. Silvan Stampfli (58) erklärt: «Die Schulleiterin und der Präsident der Schulpflege haben unsere Unterrichtskonzepte mit altersdurchmischtem Lernen nie ernst genommen. Unsere Ziele waren ihnen egal.» Kollegin Lucia Agosti (53): «Das konnten wir nicht mehr ertragen.»
Zwei Stunden mehr pro Woche waren zu viel
Die beiden Primarlehrer unterrichteten zuvor 19 Jahre an der Brühlberg-Schule und waren bei der Umsetzung der didaktischen Konzepte massgeblich beteiligt. Dazu gehörte, dass sich die Lehrer in der letzten Woche der Sommerferien und jeden Mittwochnachmittag trafen, um den Unterricht gemeinsam vorzubereiten.
Beim altersdurchmischten Lernen waren die Kinder der ersten bis dritten Klasse und die der vierten bis sechsten Klasse zusammen. Unter dem Strich braucht es für einen solchen Unterricht mit je zwei Lehrern pro Klasse zwei Stunden pro Woche zusätzlich. Ein Dorn im Auge des Kreisschulpflege-Präsidenten Felix Müller und der Schulleiterin.
Auch 18 Kündigungen ändern nichts
Laut den Lehrern Stampfli und Agosti liessen die beiden Leiter immer wieder durchblicken, dass sie endlich mal «richtigen Unterricht» sehen wollen. Damit meinten sie den klassischen Frontalunterricht, bei dem der Lehrer vorne steht und die Kinder an ihrem Platz alles abschreiben.
Von der modernen Unterrichtsform der Primarschule, bei der auf jedes Kind individuell eingegangen wird, halten die beiden nicht viel. Auch nach mittlerweile 18 Kündigungen von enttäuschten Lehrern weichen sie nicht von ihrer Haltung ab.
Preisgekrönte Schule
Dass der Unterricht der Lehrer vom Brühlberg 2009 sogar einen wichtigen Preis der Pädagogischen Hochschule gewonnen hatte, beeinflusste die Haltung des Kreisschulpräsidenten nicht.
Als innovativste Schule des Kantons Zürich gewann die Primarschule Brühlberg beim Projekt «Schulen lernen von Schulen» den ersten Preis. Politiker und Schulleiter aus der ganzen Schweiz gratulierten den Lehrern. Nur der eigene Präsident der Schulkreispflege reagierte «sehr zurückhaltend», sagen Lehrer, die damals dabei waren.
Die Eltern stehen zu den Lehrern und veranstalten am Dienstag einen Protestmarsch. «Nach vier Jahren Schlamassel haben wir das Recht, den Missstand an die Öffentlichkeit zu bringen», sagt Sprecher Marcel Vosswinkel (48) und fordert einen Neustart. Die Leitung habe eine der fünf besten Schulen des Kantons an die Wand gefahren.
Die Schulleiterin ist krankgeschrieben.