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Aargauer Justizdirektor ist gegen das Schnüffler-Gesetz

Als erster Regierungsrat bekennt der Aargauer Justizdirektor Urs Hofmann, dass er dagegen ist, das Sozialversicherungen ihre Kunden fast grenzenlos ausspionieren dürfen.
Publiziert: 13.04.2018 um 14:37 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:21 Uhr
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Sozialversicherungen sollen Privatdetektive einsetzen können, um Versicherte zu überprüfen.
Foto: dpa Picture-Alliance
Sermîn Faki

Das Referendum gegen die Versicherungsschnüffler läuft auf Hochtouren. Für Zahlen sei es eine Woche nach Sammelstart noch zu früh, sagt Komiteemitglied und Kampagnen-Experte Daniel Graf. Aber der Start sei stark gewesen: «Jeden Tag kommen zwischen 500 und 1000 Unterschriftenbögen herein.»

Und anders als bei anderen Referenden hätten die Menschen nicht das Gefühl, mit der Unterschrift sei es getan: «Was ich noch nie erlebt habe: Dass so viele Unterschriftenbögen angefordert werden.» Das zeige, dass das Engagement deutlich über das normale Mass hinausgehe.

«Ich hätte das Gesetz abgelehnt»

Das Bürgerkomitee um Anwalt Philipp Stolkin (52), Autorin Sibylle Berg (49) und Student Dimitry Rougy (21) erhält auch immer mehr politische Unterstützung – von einigen Jungfreisinnigen, den Grünen und der SP (BLICK berichtete). Nun meldet sich auch der erste Regierungsrat zu Wort. Die Vorlage schiesse übers Ziel hinaus, sagt der Aargauer Justizdirektor Urs Hofmann (61) der «Aargauer Zeitung».

Zwar findet es der SP-Regierungsrat richtig, dass der Bund klare gesetzliche Vorgaben erlässt, die Observationen ermöglichen. Doch das Parlament habe die Vorlage unnötig verschärft. Hofmann stellt klar: «Als Mitglied der eidgenössischen Räte hätte ich die Vorlage in dieser Form abgelehnt.»

Nicht jeder Verdächtige ist schuldig

Denn die Befugnisse, die die privaten Ermittler im Dienst der Sozialversicherungen erhalten, gingen «erheblich weiter, als dies im Rahmen der bisherigen Praxis der Fall war». So stört sich Hofmann vor allem daran, dass verdächtige Versicherte mit GPS-Trackern verfolgt werden können.

Er mahnt: «Der Gesetzgeber hat bei der Umschreibung der zulässigen Eingriffe in die Privatsphäre verhältnismässige Lösungen zu treffen, gerade auch, wenn Private als Detektive fungieren.» Dies gelte für die Steuern ebenso wie für die Sozialversicherungen. «Nicht jeder, der verdächtigt wird, ist auch schuldig.»

Fast grenzenlose Spionage möglich

Das Referendumskomitee hat bis zum 5. Juli Zeit, die für das Zustandekommen nötigen 50'000 Unterschriften zusammenzubringen. Das von den eidgenössischen Räten beschlossene Gesetz ermöglicht Sozialversicherungen, Versicherte bei Verdacht auf Missbrauch durch Detektive observieren zu lassen. Die Regeln gelten nicht nur für die Invalidenversicherung (IV), sondern auch für die Unfall-, die Kranken- und die Arbeitslosenversicherung.

Neben Bild- und Tonaufnahmen sind auch technische Instrumente wie GPS-Tracker erlaubt, die an Autos angebracht werden. Anders als bei den Bild- und Tonaufnahmen braucht es dafür eine richterliche Genehmigung.

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